idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.08.2025 12:31

Wut auf Berlins Verwaltung und weniger Verkehr durch den Umstieg vom Auto aufs Rad sowie den ÖPNV

Stefanie Terp Stabsstelle Kommunikation, Events und Alumni
Technische Universität Berlin

    TU-Forschungsteam legt erste Ergebnisse einer Befragung zu den Folgen der Sperrung der A100 in der Hauptstadt vor

    Die Sperrung der A100 in Berlin seit Mitte März dieses Jahres hat drastische Folgen für die Reisezeit der Betroffenen: Personen, die vorher regelmäßig über den jetzt gesperrten Abschnitt der A100 gefahren sind, brauchen nun im Schnitt 54 Minuten, um an ihr gewohntes Ziel zu kommen, statt zuvor 35 Minuten.

    Zudem empfinden die Teilnehmenden einer Umfrage die Änderungen als großen Aufwand und äußern Wut und Unzufriedenheit: Die Folgen der Sperrung empfinden 17 Prozent der Befragten als großen oder sehr großen Aufwand. Fast ein Viertel ist (sehr) wütend und mehr als ein Drittel ist (sehr) unzufrieden mit den Maßnahmen von Berliner Politik und Verwaltung. Je größer der Zeitverlust (Reisezeit nachher versus Reisezeit vorher) ist, desto mehr Wut, Aufwand und Unzufriedenheit empfinden die Betroffenen.

    Das sind erste Zwischenergebnisse einer Befragung zur Änderung von Mobilitätsroutinen, die am Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung der TU Berlin von den wissenschaftlichen Mitarbeitern David Friel und Fabian Drews unter der Leitung von Professorin Dr.-Ing. Christine Ahrend durchgeführt wurde. An der Befragung nahmen 3.191 Personen teil; davon 54 Prozent männlich, 46 Prozent weiblich, ein Prozent divers. Das Durchschnittsalter lag bei 53,3 Jahre. Die Umfrage fand im April 2025 statt. Alle quantitativen Ergebnisse sind statistisch signifikant.

    Neben individuellen Auswirkungen konstatieren die Wissenschaftler David Friel und Fabian Drews zahlreiche Änderungen, die von gesellschaftlicher und politischer Bedeutung sind.

    Wunsch nach vorausschauender Planung und regelmäßiger Instandhaltung
    „Ein Teil der Befragten, deren regelmäßiger Weg von der Sperrung betroffen war, vermeidet diese Wege nun, zum Beispiel durch Home Office oder den Verzicht auf Freizeitaktivitäten: Fuhren vorher 36 Prozent der Teilnehmenden (fast) täglich diesen Weg, sind es nach der Sperrung nur noch 33 Prozent. Mindestens einmal pro Woche fuhren zuvor 47 Prozent, nach der Sperrung nur noch 41 Prozent. Somit findet eine sogenannte Verkehrsverpuffung statt: Der Verkehr verlagert sich nicht nur auf umliegende Straßen, sondern reduziert sich insgesamt“, sagt David Friel.

    Daneben konnte ein starker Rückgang der Autonutzung und dafür eine Zunahme der Nutzung von ÖPNV und Rad beobachtet werden. Fuhren vor der Sperrung 79 Prozent der Befragten Auto, waren es nach der Sperrung 70 Prozent. Zwölf Prozent der Umfrage-Teilnehmenden nutzen vor der Sperrung den ÖPNV, nach der Sperrung waren es 16 Prozent. Und ein Prozent der Teilnehmenden war vor der Sperrung mit dem Rad unterwegs, danach sechs Prozent. „Die Sperrung bewirkte also einen Umstieg vom Auto hin zum ÖPNV und Radverkehr“, resümiert David Friel.

    Gefragt nach den Wünschen an Politik und Verwaltung nennen Befragte vor allem eine frühzeitige und vorausschauende Planung beziehungsweise regelmäßigere Instandhaltung, um eine solche Verkehrssituationen grundsätzlich zu vermeiden. Während ein Teil zudem einen möglichst schnellen Wiederaufbau der Brücke fordert, erhoffen sich andere eine effektive Verbesserung von Alternativen wie ÖPNV und Radverkehr. Anwohnende der Kieze mit starkem Ausweichverkehr wiederum wünschen sich unter anderem weiträumige Umfahrungen, Durchfahrtverbote und eine stärkere Kontrolle dieser.

    Push-Maßnahmen wirken
    Die Sperrung der A100 schränkt den Autoverkehr ein und ist damit, wenn auch ungeplant, eine sogenannte verkehrspolitische Push-Maßnahme. Unter Push-Maßnahmen werden verkehrspolitische Lenkungsinstrumente verstanden, die die Autonutzung einschränken sollen. Die Ergebnisse zeigen also, dass diese ungeplante Push-Maßnahme wirkt: Es lässt sich eine starke Verlagerung vom Auto zum ÖPNV und Rad und eine signifikante Reduktion des Verkehrs im Allgemeinen beobachten. Die Ergebnisse verdeutlichen allerdings auch, dass diese Effekte mit individueller Wut und Unzufriedenheit einhergehen.

    „Bei geplanten Push-Maßnahmen sollten daher im Vorfeld Strategien entwickelt und frühzeitig attraktive Alternativen bereitgestellt werden, um diese negativen individuellen Folgen abzumildern. Und im konkreten Fall der Sperrung der A100 sollten Alternativen möglichst schnell ausgebaut werden“, sagt David Friel. Zudem wäre es wichtig, weitere Maßnahmen umzusetzen, um die Situation der Anwohnenden zu verbessern.

    Ziel der Umfrage ist es, die Änderungen von Mobilitätsroutinen zu erforschen, die durch die Sperrung der A100 erzwungen wurden. Damit soll untersucht werden, wie Personen mit den Folgen der Sperrung umgehen, um Politik und Verwaltung Empfehlungen für Maßnahmen und Unterstützungsangebote zu geben, die den Betroffenen möglichst effektiv helfen. Neben dieser Umfrage sind weitere Umfragen dieser Art geplant, um die Änderungen von Mobilitätsroutinen über die Zeit hinweg verfolgen zu können. Die nächste Umfrage ist für das Frühjahr 2026 vorgesehen.

    Weiterführende Information:
    Umfrageergebnisse der Wissenschaftler: https://www.tu.berlin/fileadmin/www/10002265/Forschung/PDFs/A100/20250806_Wut-zu...

    Weitere Informationen erteilen Ihnen gern:
    David Friel und Fabian Drews
    TU Berlin
    Fakultät V Verkehrs- und Maschinensysteme
    Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung
    Tel.: 030/314-78772
    E-Mail: a100@ivp.tu-berlin.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Verkehr / Transport
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).