Ein MHH-Forschungsteam möchte das CRISPR-Cas13-System nutzen, um Virus-RNA zu zerschneiden und so die Vermehrung der Krankheitserreger zu stoppen. Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt über zwei Jahre mit einer Million Euro.
Weltweit erkranken jedes Jahr mehr als 17 Milliarden Menschen an Atemwegserkrankungen, die durch Viren verursacht werden. Etwa 2,4 Millionen Infizierte sterben daran. Weil Viren rasch mutieren und in ihrer veränderten Form für die Immunabwehr nicht mehr erkennbar sind, ist es schwierig, die Übertragung der Krankheitserreger zu kontrollieren oder gar zu verhindern. Zudem stellen neu auftretende Viren eine enorme Herausforderung für das Immunsystem dar. Die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt und auch der Einsatz bereits gegen andere Viren zugelassener Medikamente zeigt oft nur eine geringe Wirkung. Ein Forschungsteam um Dr. Dr. Simon Krooss, Arzt und Naturwissenschaftler an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) verfolgt einen ganz anderen Ansatz. Die Forschenden wollen die Viren im Körper nicht einfach nur aufhalten, sondern komplett zerstören. Das geschieht mit Hilfe der sogenannten CRISPR-Cas13-Technologie. Die spezielle Genschere soll nur die virale RNA-Erbinformation zerschneiden. Die menschliche mRNA, die als Bauanleitung für verschiedene Proteine die Information unserer Gene umsetzt, bleibt unversehrt. Das Forschungsvorhaben erfolgt in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM und wird von der VolkswagenStiftung über zwei Jahre mit rund einer Million Euro gefördert.
RNA-Genschere erfolgreich am Coronavirus getestet
Dass dieser Ansatz Erfolg verspricht, hat das Forschungsteam im Rahmen des Projektes „Innovative Ansätze zur Entwicklung antiviraler Medikamente“ bereits im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 erfolgreich in Zellkultur nachgewiesen. „Die Genschere funktioniert sehr gut und konnte in unseren Untersuchungen bis zu 90 Prozent des viralen Erbguts zerschneiden“, sagt Dr. Dr. Krooss. Im Anschlussprojekt widmen sich die Forschenden nun dem humanen Parainfluenzavirus 3 (HPIV3). Dieses Virus verursacht grippeähnliche Symptome und kann bei Säuglingen und immungeschwächten Menschen zu einer schweren Schädigung der Lunge führen. Bislang gibt es weder eine Behandlung noch einen Impfstoff. Ziel ist es, per Inhalation die Genschere direkt in die Atemwege zu verabreichen und dort die Virusausbreitung zu stoppen.
Biologisches Navigationssystem leitet Cas13
„Wir nutzen das CRISPR-Cas13-System, um gezielt Regionen der viralen RNA anzugreifen, die über verschiedene Virusvarianten hinweg konserviert sind, sich also nicht oder nur wenig verändern und so die Immunabwehr auch nicht austricksen können“, erklärt der Wissenschaftler. Herzstück des Ganzen ist Cas13, ein Protein, das normalerweise Bakterien nutzen, um sich gegen den Angriff bestimmter Viren zu wehren. Hier soll das Enzym nun gegen HPIV3 eingesetzt werden. Damit die Cas13 auch wirklich an der gewünschten Stelle schneidet, suchen die Forschenden zunächst nach geeigneten CRISPR-Guide-RNAs (crRNAs) gegen HPIV3. Diese leiten das Enzym wie ein biologisches Navigationssystem zu der Stelle, an der es den Virus-RNA-Strang zerstören soll.
Lipid-Bläschen als neues Transportmittel
Um die Genschere überhaupt in die infizierten Zellen zu bringen, wurden zunächst sogenannte virale Vektoren genutzt, auch als Genfähre oder Gentaxi bekannt. Mittlerweile setzen die Forschenden allerdings auf eine andere Verpackung: Lipid-Nanopartikel. Das sind winzige, rundliche Fettstoff-Bläschen, die für eine Reihe medizinischer Anwendungen als Transportmittel genutzt werden, etwa für therapeutische Impfstoffe. Gemeinsam mit Unterstützung aus der Industrie wird nach Mischungen gesucht, die einer Verneblung und den damit verbundenen Scherkräften standhalten, um somit den Bauplan für die Genschere tief in die betroffenen Lungenareale zu bringen. In Zellkultur und im Tiermodell wollen die Forschenden die antivirale Aktivität und Sicherheit des Lipid-Nanopartikel-Systems überprüfen, um daraus ein brauchbares Arzneimittel für die klinische Umsetzung zu entwickeln. Auch müssen sie noch untersuchen, wie lange die Genschere in den Atemwegen überdauert und die Virusvermehrung eindämmen kann.
Am Ende soll dann ein Medikament stehen, das über ein Spray oder Inhaliergerät schnell und gezielt in die betroffenen Atemwege gelangt und dort die Virusinfektion stoppt. Weil das System wie ein Baukasten funktioniert und sich die crRNA beliebig neu anpassen und austauschen lässt, kann die Genschere auch gegen andere virale Krankheitserreger eingesetzt werden. „In unseren Experimenten ließ sich zudem die Replikation anderer hochgefährlicher Viren, darunter das Nipah-Virus und das Masernvirus, sehr gut eindämmen“, berichtet der Arzt und Wissenschaftler. „CRISPR-Cas13 ist ein hervorragendes Werkzeug, um die Vermehrung verschiedener RNA-Viren zu hemmen, die beim Menschen schwere Infektionen verursachen.“
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Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Dr. Simon Krooss, krooss.simon@mh-hannover.de.
Will mit einer Genschere Virus-Erbgut zerschneiden und so die Vermehrung von Krankheitserregern stop ...
Quelle: Copyright: Karin Kaiser/MHH.
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