Mit den Kommunalwahlen 2025 in Nordrhein-Westfalen stehen auch die Wahlen zu den Integrationsräten an. Doch das Interesse hält sich in Grenzen – sowohl bei den Wahlberechtigten selbst als auch in der breiten Öffentlichkeit. Prof. Dr. Conrad Ziller, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen, hat untersucht, warum die Beteiligung so niedrig ist.
In Deutschland haben rund 14 Prozent der Menschen keinen deutschen Pass. Während EU-Staatsangehörige bei Kommunalwahlen mitstimmen können, bleibt Nicht-EU-Bürger:innen nur die Wahl zum Integrationsrat. Diese Gremien sollen ihre Interessen vertreten, besitzen aber lediglich beratende Funktion – etwa bei Fragen der Mehrsprachigkeit in der Verwaltung oder bei Programmen gegen Diskriminierung. „Integrationsräte sind eine Art demokratisches Schaufenster, aber ohne echte Entscheidungskompetenzen. Das ist ein Grund, warum die Wahlbeteiligung oft bei nur 10 bis 15 Prozent liegt, obwohl Wahlbenachrichtigungen verschickt werden“, erklärt Politikwissenschaftler Prof. Dr. Conrad Ziller von der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Ziller hat Daten der zweiten Befragungswelle der LiV-Studie ausgewertet, bei dem Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in zehn deutschen Städten interviewt wurden. Demnach wussten nur 41 Prozent der Befragten überhaupt, dass es Integrationsräte gibt. Unter Nicht-EU-Bürger:innen, also der Zielgruppe, ist die Bekanntheit sogar am geringsten. „Das ist ein Problem für die Demokratie“, sagt Ziller. „Die Institution, die eigentlich Partizipation ermöglichen soll, bleibt für viele Betroffene unsichtbar.“
Streitpunkt Wahlrecht
Umstritten bleibt das kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger:innen: 69 Prozent dieser Gruppe befürworten, wenn es eingeführt würde, bei Deutschen ohne Migrationserfahrung sind es 51 Prozent. „Die Spaltung verläuft nicht entlang von Herkunft allein, sondern vor allem entlang politischer Überzeugungen“, so Ziller.
Seine Analyse zeigt: Höhere Bildung, Interesse an Politik und eine eher linke Orientierung gehen mit mehr Unterstützung für Integrationsräte und das kommunale Wahlrecht einher. Wer hingegen die AfD wählt oder ein skeptisches Klima gegenüber Migration vertritt, steht den Gremien deutlich kritischer gegenüber. Auffällig ist auch, dass in Städten, in denen Integrationsräte gewählt werden, die Bekanntheit und Akzeptanz höher ist als dort, wo die Räte nur berufen werden. „Wahlkämpfe machen sie präsenter und verleihen ihnen mehr Legitimität“, sagt Ziller.
Er empfiehlt, die Gremien bekannter zu machen – durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit in mehreren Sprachen, durch Wahlkampagnen oder eine stärkere Einbindung der Parteien. „Damit Integrationsräte mehr als symbolische Teilhabe sind, braucht es mehr Aufklärung und Sichtbarkeit,“ betont Ziller. „Letztlich geht es darum, wie offen unsere Demokratie sein will.“
Zur Studie:
Ziller, Conrad and Hummler, Teresa and Vierus, Paul (2025): Between Consultation and Suffrage: Understanding Public Support for Integration Councils and Non-Citizen Voting Rights in Germany. Arbeitspapier verfügbar unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=5401424
Prof. Dr. Conrad Ziller, Empirische Politikwissenschaft, Tel. 0203/37-9 2285, conrad.ziller@uni-due.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Gesellschaft, Kulturwissenschaften
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