Forschende der Universität Bern und der ETH Zürich haben untersucht, wie der Klimawandel sogenannte Superzellen-Gewitter in Europa beeinflusst. Eine Klimaerwärmung von 3 Grad Celsius dürfte gerade im Alpenraum deutlich öfter zur Entstehung dieser zerstörerischen Stürme führen. Als Basis für die Simulation diente den Forschenden eine neuartige digitale Karte, die die Häufigkeit von Superzellen-Gewittern in bisher unerreichter Genauigkeit abbildet.
Superzellen-Gewitter zählen zu den gefährlichsten Wetterphänomenen Europas. Diese besonders intensiven Gewitterzellen treten meistens im Sommer auf. Sie zeichnen sich durch einen rotierenden Aufwind, also aufsteigende, warme, feuchte Luft aus und bringen heftige Windböen, grossen Hagel, und starke Regenfälle mit sich. Superzellen-Gewitter führen regelmässig zu erheblichen Sachschäden, Ernteverlusten, Verkehrsproblemen und zu Verletzungen oder sogar Todesfällen.
Einem Team von Forschenden vom Geographischen Institut, dem Oeschger-Zentrum für Klimaforschung und dem Mobiliar Lab für Naturrisiken an der Universität Bern sowie dem Institut für Atmosphären- und Klimawissenschaften der ETH Zürich ist es nun gelungen, die Häufigkeit dieser Stürme in Europa so detailliert zu simulieren wie noch nie. Die Forschenden erstellten dazu eine hochauflösende digitale Sturmkarte, die einzelne Gewitterzellen viel präziser darstellen kann als bisher möglich. Anhand dieser Karte untersuchte das Forschungsteam auch, wie sich der Klimawandel auf die Häufigkeit von Superzellen-Gewittern auswirken wird. Die Ergebnisse der kürzlich in der Fachzeitschrift Sciences Advances veröffentlichten Studie zeigen: Der Alpenraum und Teile Zentral- und Osteuropas müssen sich auf deutlich häufigere Stürme einstellen – insbesondere auf der Alpennordseite könnten Superzellen-Gewitter um bis zu 50 Prozent zunehmen. Dies bei einem Erwärmungsszenario von 3 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Mittel.
Gute Übereinstimmung zwischen Beobachtungen und Simulation
Superzellen-Gewitter werden in Europa via Wetterradar überwacht. Doch die einzelnen Radarnetzwerke der europäischen Länder sind unterschiedlich ausgebaut und arbeiten oft nicht zusammen. «Das macht eine länderübergreifende, flächendeckende Erfassung und Analyse schwierig», sagt die korrespondierende Autorin Monika Feldmann vom Mobiliar Lab für Naturrisiken und vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung an der Universität Bern. Die Forschenden griffen deshalb erstmals auf ein neuartiges Klimamodell zurück, das Entstehung und den Verlauf eines Superzellen-Gewitters mit einer Genauigkeit von 2.2 Kilometern simuliert. Die Simulation entstand im Rahmen des scClim-Projekts (siehe Kasten auf Seite 3).
Die Forschenden erstellten eine über elf Jahre laufende Simulation von Superzellen-Gewittern. Diese glichen sie mit den Daten der tatsächlich aufgetretenen Stürme zwischen 2016 und 2021 ab. «Die Simulation stimmt gut mit der Realität überein, zeigt jedoch etwas weniger Gewitter an als tatsächlich registriert», so Feldmann. Dies sei aber zu erwarten, erklärt sie: «Das Modell kann nur Superzellen-Gewitter darstellen, die eine Ausdehnung von mehr als 2.2 Kilometern aufweisen und länger dauern als eine Stunde. Manche Stürme sind aber kleiner und dauern weniger lang.»
Alpenraum bleibt «Gewitter-Hotspot»
Insbesondere zeigt die Simulation einen «Hotspot» für Superzellen-Gewitter über den Alpen, wie Feldmann ergänzt. Diese Häufung entspricht den Beobachtungen, mit rund 38 simulierten Superzellen-Gewittern pro Saison am Alpennord- und 61 am Alpensüdhang. Bei einer Erderwärmung von 3 Grad Celsius gegenüber dem langjährigen Mittel werden sie sich auch weiterhin im Alpenraum ballen. An der Alpennordseite sind demnach bis zu 52 Prozent mehr Stürme zu erwarten; südlich der Alpen um bis zu 36 Prozent. Demgegenüber nimmt die Häufigkeit auf der Iberischen Halbinsel und im Südwesten Frankreichs gemäss Simulation ab. Insgesamt sind jedoch auf dem ganzen europäischen Kontinent 11 Prozent mehr Superzellen-Gewitter zu erwarten. «Diese regionalen Unterschiede machen deutlich, wie unterschiedlich sich der Klimawandel in Europa auswirken kann», erläutert Monika Feldmann.
Einige wenige Gewitter verursachen die meisten Schäden
Das Projekt trägt dazu bei, Superzellen-Gewitter genauer vorhersagen zu können. Obwohl sie nur einen Bruchteil aller Gewitter ausmachen, geht von ihnen ein Grossteil der Gewittergefahren aus. Sie sind zudem ein wichtiger Treiber finanzieller Gewitterschäden. «Das zeigt, wie wichtig es ist, Superzellen-Gewitter systematisch in Wetterrisikobewertungen und Katastrophenschutzstrategien einzubeziehen», betont Monika Feldmann. Die Zunahme von Superzellen-Gewittern stellt die Gesellschaft vor wachsende Herausforderungen, weil die potenziellen Schäden an Infrastruktur, Landwirtschaft und privatem Eigentum steigen, wie sie sagt. Zudem sei auch die Bevölkerung stärker gefährdet. «Je besser wir verstehen, unter welchen Umständen diese Stürme entstehen, desto besser können wir uns dagegen wappnen.»
Dr. Monika Feldmann
Geographisches Institut, Universität Bern
E-Mail: monika.feldmann@unibe.ch
Monika Feldmann, Michael Blanc, Killian P. Brennan, Iris Thurnherr, Patricio Velasquez, Olivia Martius, Christoph Schär. 2025. European supercell thunderstorms – A prevalent
current threat and an increasing future hazard. Science Advances.
DOI: https://doi.org/10.1126/sciadv.adx0513
https://mediarelations.unibe.ch/medienmitteilungen/2025/medienmitteilungen_2025/...
Superzellen-Gewitter Ein Superzellen-Gewitter über dem Lago Maggiore, fotografiert von Locarno Monti ...
Copyright: © MeteoSwiss, Luca Panziera
Simulation der jährlichen Häufigkeit der Supperzellen-Gewitter heute: Über den Alpen entstehen beson ...
Copyright: © Science Advances
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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