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02.09.2025 11:08

Reintegration nach der Rückkehr ins Herkunftsland: DEval-Evaluierung empfiehlt Neuausrichtung der Unterstützung

Jelana Vajen Kommunikation und Publikationen
Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit, DEval

    Das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt Migrant*innen nach ihrer Rückkehr in ihre Herkunftsländer dabei, vor Ort wirtschaftlich und sozial wieder Fuß zu fassen. Aus Rückkehr soll nachhaltige Reintegration werden. Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) hat die Wirksamkeit der Maßnahmen des BMZ untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unterstützungsleistungen die wirtschaftliche und soziale Teilhabe der Rückkehrer*innen in ihren Herkunftsländern kaum oder allenfalls teilweise verbessern konnten. Das DEval empfiehlt eine Neuausrichtung der Reintegrationsunterstützung des BMZ.

    Vor dem Hintergrund der anhaltend umfangreichen Migrationsbewegungen nach Europa und Deutschland ist Migration ein prominentes Thema in politischen Debatten. In Deutschland wird aufgrund der hohen Anzahl ausreisepflichtiger Personen unter anderem eine Ausweitung von Rückkehrprogrammen als migrationspolitisches Instrument diskutiert.
    Deutschland hat sich im Rahmen der Agenda 2030 und des Globalen Migrationspakts zu einer menschenwürdigen Rückkehrpolitik bekannt. Im Jahr 2017 wurde von den zuständigen Ministerien gemeinsam ein Ansatz etabliert, um die Ausreise von Menschen ohne Bleibewunsch oder -perspektive in Deutschland zu fördern und Rückkehrer*innen bei der Reintegration in ihren Herkunftsländern zu unterstützen. Für die Umsetzung der Reintegrationsunterstützung ist seitdem das BMZ zuständig.
    Die Maßnahmen sollen Rückkehrer*innen dabei helfen, in ihren Herkunftsländern wirtschaftlich sowie sozial Fuß zu fassen und somit aus Rückkehr nachhaltige Reintegration zu machen. Mit der Einrichtung von Beratungszentren in Partnerländern sowie der individuellen und institutionellen Unterstützung ging das BMZ neue Wege in diesem politisch und operativ sehr anspruchsvollen Handlungsfeld.

    Wirtschaftliche und soziale Teilhabe für Rückkehrer*innen kaum erreicht

    Das DEval hat untersucht, ob die Unterstützungsleistungen eine verbesserte wirtschaftliche und soziale Teilhabe der Rückkehrer*innen ermöglichen. Wirtschaftliche Teilhabe bedeutet, dass sie einer Beschäftigung nachgehen und dadurch ein Einkommen erzielen, das ihren alltäglichen Bedarf deckt; soziale Teilhabe, dass sie psychisch stabil sind und von ihrem sozialen Umfeld akzeptiert werden.
    Die Ergebnisse auf der individuellen Ebene zeigen, dass die Maßnahmen nur für wenige der befragten Rückkehrer*innen zu einer Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Teilhabe beitragen konnten. Zwar erhielt die Mehrheit der Befragten Unterstützung bei der Existenzgründung, jedoch gelang es nur einem Siebtel aller Unterstützten, mithilfe der Angebote ein profitables Unter-nehmen zu gründen. In den meisten Fällen waren die gegründeten Unternehmen zu keinem Zeitpunkt profitabel und scheiterten häufig im Laufe eines halben Jahres nach ihrer Gründung. Mehr als zwei Drittel der befragten Rückkehrer*innen gaben an, kaum oder nicht in der Lage zu sein, ihren Lebensunterhalt selbstständig zu bestreiten.
    Darüber hinaus kann lediglich bei einem Drittel der Befragten von einer gelungenen sozialen Teilhabe gesprochen werden. Das heißt, ein Drittel pflegte zum Zeitpunkt der Befragung eine stabile Beziehung zu ihrer Familie und ihren Freund*innen und befand sich gleichzeitig in einer stabilen psychologischen Verfassung.
    Die Evaluierung zeigt, dass das Ziel, aus Rückkehr nachhaltige Reintegration zu machen und dabei die Bedürfnisse besonders vulnerabler Gruppen zu berücksichtigen, kaum oder allenfalls teilweise erreicht wurde. Diese eingeschränkte Wirksamkeit ist auch auf Mängel bei der Planung und Umsetzung der Maßnahmen zurückzuführen.
    Das DEval empfiehlt daher, die Unterstützung der nachhaltigen Reintegration grundlegend anzupassen. Um die Chancen für eine nachhaltige Reintegration von Rückkehrer*innen zu steigern, sollte das BMZ seine Unterstützung auf den Gesamtprozess der Reintegration hin ausrichten. Das bedeutet konkret, dass das BMZ eine langfristige Betreuung von Rückkehrer*innen über mindestens ein Jahr beauftragen sollte. Zudem sollte das BMZ die wirtschaftliche und die soziale Teilhabe als gleichrangige Ziele vorgeben.

    Zusammenarbeit mit Arbeitsagenturen in Partnerländern weiter ausbauen

    Das DEval hat auch untersucht, wie gut die Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren der Partnerseite – insbesondere Arbeitsagenturen – funktionierte. Maßnahmen wie Trainings für Berater*innen der nationalen Arbeitsagenturen sollten die Beratungsleistungen in den Partnerländern verbessern.
    Die Ergebnisse aus den Fallstudien zeigen, dass die Maßnahmen einen Beitrag zum Aufbau der nationalen Institutionen im Bereich Reintegration von Rückkehrer*innen leisten konnten. So wurde bei den Berater*innen der Arbeitsagenturen in Ghana und Marokko das Bewusstsein für die Bedürfnisse von Rückkehrer*innen geschärft. Limitiert wurde der Erfolg allerdings durch zwei Faktoren.
    Erstens sind aufgrund der oft angespannten Arbeitsmarktsituationen in den Partnerländern die Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung eingeschränkt. Eine Stärkung der Beratungsinfrastruktur verbessert zwar den Zustand der staatlichen Arbeitsagenturen, eine unmittelbare Verbesserung der Beschäftigungssituation der Rückkehrer*innen ergibt sich daraus allerdings nicht.
    Zweitens ist der Erfolg vom Grad der Ownership der Partnerregierung abhängig. Wie die Ergebnisse der Fallstudien verdeutlichen, tragen die Partnerregierungen die Maßnahmen des BMZ zur Reintegrationsunterstützung zwar grundsätzlich mit. Allerdings wurde auch deutlich, dass aufgrund unterschiedlicher Prioritäten keine volle Ownership durch die Partnerseite besteht. Auch zukünftig ist nicht davon auszugehen, dass die staatlichen Partner selbst die Leistungen zur Unterstützung von Rückkehrer*innen übernehmen.
    Trotz dieser Einschränkungen auf politischer Ebene empfiehlt das DEval, die Zusammenarbeit mit Arbeitsagenturen in den Partnerländern fortzusetzen. Beispielsweise sollten Schulungen angeboten werden, die nationale Institutionen und Behörden in den Partnerländern für die besonderen Bedürfnisse von Rückkehrer*innen sensibilisieren. Darüber hinaus können Positivbeispiele als Vorlage dienen, um die Maßnahmen in Ländern anzupassen, in denen die Umsetzung aktuell nicht läuft, wie erwartet.

    Datengrundlage

    Die Evaluierung stützt sich sowohl auf Fallstudien in Ghana, Marokko und im Nordirak als auch auf fallübergreifende Daten aus Onlinebefragungen, Interviews mit Expert*innen, Monitoringdaten sowie projektbezogenen und externen Studien. Der Betrachtungszeitraum ist Juli 2017 bis Juli 2023.
    Der vollständige Bericht „Rückkehr und Reintegration – Evaluierung der Unterstützung des BMZ für die nachhaltige Reintegration im Herkunftsland nach einer Rückkehr aus Deutschland“ ist auf der Website des DEval abrufbar.

    Über das DEval

    Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) ist vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mandatiert, Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unabhängig und nachvollziehbar zu analysieren und zu bewerten. Mit seinen strategischen und wissenschaftlich fundierten Evaluierungen trägt das Institut dazu bei, die Entscheidungsgrundlage für eine wirksame Gestaltung des Politikfeldes zu verbessern und Ergebnisse der Entwicklungszusammenarbeit transparenter zu machen. Das Institut gehört zu den Ressortforschungseinrichtungen des Bundes und wird von Prof. Dr. Jörg Faust geleitet.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Martin Bruder
    Abteilungsleitung Zivilgesellschaft, Menschenrechte
    Tel: +49 (0)228 336907-970
    E-Mail: martin.bruder@DEval.org


    Originalpublikation:

    https://www.deval.org/fileadmin/Redaktion/PDF/05-Publikationen/Berichte/2025_Rue...


    Weitere Informationen:

    https://www.deval.org/de/evaluierungen/laufende-und-abgeschlossene-evaluierungen...


    Bilder

    Ansammlung von menschlichen Schatten in unterschiedlichen Farben
    Ansammlung von menschlichen Schatten in unterschiedlichen Farben
    Quelle: Babaroga
    Copyright: Shutterstock


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Ansammlung von menschlichen Schatten in unterschiedlichen Farben


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