Eine Studie am Institut für Geographie der Universität Osnabrück zeigt, dass viele Gastronomiebetriebe sich an Krisen anpassen können. Die Überlagerung verschiedener Krisen (Coronapandemie, Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, Inflation) gefährdet aber häufig die Existenz der Betriebe. Ein Forschungsteam des Instituts der Geographie der Universität Osnabrück hat dies in einem dreijährigen Forschungsprojekts über die Gastronomie in niedersächsischen Städten festgestellt.
Viele Gastronomiebetriebe haben durch Maßnahmen wie Kostenreduktion und -effizienz, beispielsweise durch Personal- oder Angebotseinsparungen, Personalbindung, Preiserhöhungen sowie der Umstellung oder Diversifizierung von Angeboten oder des gesamten Betriebskonzepts auf die Krisen reagiert. „Vor allem während der COVID-19-Pandemie stellten Netzwerke unter Gastronominnen und Gastronomen eine wichtige Basis dar, um gegenseitig Unterstützung zu erhalten und dienten dem Wissens- und Informationsaustausch“, erläutert dazu Dr. Philip Verfürth vom Institut für Geographie. Staatliche Unterstützungsprogramme, Kurzarbeit und der Rückgriff auf eigene Rücklagen trugen für zahlreiche Betriebe wesentlich zum (Über-)Leben in der COVID-19-Krise bei. Der größte Teil der befragten Gastronomiebetreibenden sieht sich mit 44,7 Prozent als geschwächt aus ihrer bisher größten Betriebskrise hervorgehen. „Gleichzeitig sind aber auch 35,7 Prozent der Befragten der Meinung, dass ihre Betriebe gestärkt aus den Krisen hervorgegangen sind. Nur knapp 20 Prozent der Betriebe haben gar keine Veränderungen durch die Krisen wahrgenommen“, erklärt dazu Dr. Thomas Neise vom Institut für Geographie.
Während die Gastronomie sich an einzelne Krisen, wie der COVID-19-Pandemie, anpassen kann, erschwert die gleichzeitige Überlagerung mehrerer Krisen es ihnen, effektive Maßnahmen zu ergreifen. Dazu Dr. Philip Verfürth: „Pandemie, Personalmangel, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, Energiekrise und Inflation – es hat sich eine Polykrise entwickelt, also eine Situation, in der sich verschiedene Krisen gegenseitig verstärken. Die bringt viele Gastronomiebetriebe an ihre Belastungsgrenzen, denn was gegen die eine Krise hilft, kann in Bezug auf die andere Krise schaden“. Laut Studie sehen sich fast 40 Prozent der Gastronomiebetriebe in Niedersachsen aufgrund der Krisen in ihrer Existenz bedroht.
Neben den genannten Krisen sehen sich die Betriebe vor allem mit behördlichen Auflagen, hohen Betriebskosten sowie einem stagnierenden Umsatz bzw. geringen Margen konfrontiert – auch ausgelöst durch das abnehmende Konsum- und Ausgehverhalten der Menschen. Weitere Herausforderungen stellen die Qualität und Arbeitsbereitschaft der Mitarbeitenden, der steigende Mindestlohn sowie die Beendigung der herabgesetzten Mehrwertsteuer auf Speisen dar. Diese fortlaufenden Krisen und Herausforderungen lassen dauerhafte und nachhaltige strategische Anpassungen oftmals nicht zu. „Die Polykrisensituation führt in der Branche deshalb zu dem Gefühl, dass die Krisen noch nicht vorbei sind und auch nicht aufhören. Dies führt zu hoher Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit bezüglich der Zukunft. Wir rechnen deshalb damit, dass weitere Betriebe schließen,“ so Isabelle Dachs.
„In der COVID-19-Krise haben Lokalpolitik und Kommunalverwaltungen häufig zum ersten Mal gemerkt, welche Bedeutung die Gastronomie für das soziale und wirtschaftliche Leben der Städte hat. Wir würden uns wünschen, dass die Branche gezielter gefördert und nachhaltige Unterstützungsstrukturen aufgebaut werden“, appelliert Dr. Thomas Neise. Handlungsempfehlungen aus dem Projekt adressieren den weiteren Ausbau von Beratungs- und Förderangeboten, die Digitalisierung in den Betriebsabläufen sowie die Stärkung der Vernetzung innerhalb der Branche und externen Akteurinnen und Akteuren, wie Stadtverwaltung, Politik und Wirtschaftsförderung.
Die Datengrundlage des Projektes „Organisationale Resilienz in der COVID-19-Pandemie: Krisenbewältigung und strategische Anpassung von Gastronomiebetrieben in niedersächsischen Städten‟ besteht aus zwei quantitativen Online-Befragungen (deutschlandweit 2020, 623 befragte Gastronominnen und Gastronomen und niedersachsenweit 2023, 679 befragte Gastronominnen und Gastronomen) sowie 83 qualitative Interviews mit Gastronominnen, Gastronomen und Vertreterinnen und Vertreter von Brauereien, Getränkegroßhandel, DEHOGA und Industrie- und Handelskammern (2018–2025).
Weitere Informationen zum Projekt: https://www.uni-osnabrueck.de/fb1/geographie/forschung/wirtschaftsgeographie/pro...
Weitere Informationen für die Redaktionen:
Prof. Dr. Martin Franz, Universität Osnabrück
Institut für Geographie
E-Mail: martin.franz@uni-osnabrueck.de
Mehrfache Krisen stellen Gastronomiebetriebe vor große Herausforderung
Quelle: Simone Reukauf
Copyright: Simone Reukauf/Uni Osnabrück
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Forschungsergebnisse
Deutsch
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