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04.09.2025 08:17

Römische Pferdezucht nördlich der Alpen: Neue Erkenntnisse aus Archäologie und Genetik

Mag. rer. nat. Nina Grötschl Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Veterinärmedizinische Universität Wien

    Eine Forschungsgruppe unter Federführung von Elmira Mohandesan vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni und unterstützt durch den FWF sowie die DFG, hat bahnbrechende Erkenntnisse über die Pferdezucht und Nutzung von Equiden (Pferden und Maultieren) in der Römerzeit nördlich der Alpen gewonnen. Die Studie basiert auf mehr als 400 archäologischen Funden und integriert modernste genetische Analysen mit historischen und archäologischen Belegen. Die Studie beleuchtet, wie die Römer Pferde und Maultiere für militärische, wirtschaftliche und zivile Zwecke nutzten und welche Auswirkungen dies auf die lokale Bevölkerung und Tierhaltung hatte.

    Größere Pferde, neue Praktiken

    Die römische Eroberung des nördlichen Alpenvorlands im Jahr 15 v. Chr. markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der Region. Neben politischen und kulturellen Veränderungen brachten die Römer auch neue Tierarten und Zuchtstrategien mit. Die Wissenschafter:innen analysierten morphologische Proben von über 40 Pferden aus der späten Eisen- und Römerzeit. Dabei stellten sie fest, dass die römischen Pferde im Durchschnitt deutlich größer waren als ihre eisenzeitlichen Vorgänger. Historische Quellen berichten, dass die Römer die kleinen Pferde der lokalen germanischen Stämme als ungeeignet für den Einsatz in der Kavallerie betrachteten und daher größere Tiere importierten. Interessanterweise konnte die Studie keine genetische Grundlage für die größere Statur der römischen Pferde identifizieren. Dies deutet darauf hin, dass andere Faktoren wie verbesserte Ernährung, Haltung oder gezielte Zuchtpraktiken eine Rolle gespielt haben könnten. „Die Römer importierten nicht nur Tiere, sondern brachten auch ihr Fachwissen in den Bereichen Zucht und Tierhaltung mit“, erklärt Studienleiterin Elmira Mohandesan vom KLIVV der Vetmeduni.

    Genetische Vielfalt durch Import

    Die Daten zeigen, dass die Römer Pferde aus ihrem gesamten Reich einführten, aus Regionen so weit entfernt wie Hispanien, Britannien und Thrakien. Dieser Zustrom förderte die genetische Vielfalt in der Alpenregion. Historische Texte und genetische Beweise bestätigen auch eine klare Unterscheidung in der Verwendung: männliche Pferde wurden in erster Linie für militärische Zwecke eingesetzt, während weibliche Pferde zivile Aufgaben wie Zucht und Transport übernahmen.

    Maultiere: Unverzichtbar, aber nicht heimisch

    Maultiere – die robusten Nachkommen von Pferden und Eseln – waren für die römische Logistik unverzichtbar, da sie Güter und militärische Vorräte transportierten. Die Studie fand jedoch keine Hinweise auf eine lokale Maultierzucht nördlich der Alpen. Stattdessen wurden Maultiere wahrscheinlich aus spezialisierten Zuchtzentren in Provinzen wie Gallia Belgica oder südlich in Italien importiert. „Dies unterstreicht den Umfang und die Effizienz des römischen Handels- und Logistiknetzwerks“, merkt Mohandesan an.

    Ein Vermächtnis des kulturellen und technologischen Austauschs

    Die Studienergebnisse verdeutlichen, wie tiefgreifend der Einfluss der Römer auf die Tierhaltung und -zucht in den eroberten Gebieten war. Die römische Armee brachte nicht nur neue Pferderassen in die Region, sondern auch fortschrittliche Zuchtmethoden und Kenntnisse der Tierhaltung. Dies führte zu dauerhaften Veränderungen in der lokalen Landwirtschaft und Infrastruktur. „Die Römerzeit war eine Ära des kulturellen und technologischen Austauschs, in der Tiere eine zentrale Rolle spielten. Durch die Kombination moderner Genetik mit Archäologie können wir diese Geschichten zum Leben erwecken und besser verstehen, wie Menschen und Tiere sich gegenseitig geprägt haben,“ sagt Mohandesan.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Elmira Mohandesan PhD.
    Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV)
    Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni)
    Elmira.Mohandesan@vetmeduni.ac.at


    Originalpublikation:

    Der Artikel “Late Iron Age and Roman equine breeding north of the Alps: Genetic insights and cultural implications” von Muhammad Bilal Sharif, Azadeh Fatemeh Mohaseb, Ludovic Orlando, Konstantina Saliari, Günther Karl Kunst, Sigrid Czeika, Marjan Mashkour, Thomas Cucchi, Joris Peters, Simon Trixl und Elmira Mohandesan wurde in iScience veröffentlicht.
    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2589004225014853?via%3Dihub


    Weitere Informationen:

    https://www.vetmeduni.ac.at/universitaet/infoservice/presseinformationen/presse/...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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