Im Spätsommer 2025 ist weiterhin nicht erkennbar, ob sich die deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs befindet, zumal sie in der zweiten Jahreshälfte den Dämpfer höherer US-Zölle zu verkraften hat. Erst für das Jahr 2026 stehen die Chancen gut, dass finanzpolitische Impulse zusammen mit niedrigen Leitzinsen eine konjunkturelle Belebung bewirken. Nach der Herbstprognose des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) dürfte die Produktion dann um 0,8% zunehmen, nach 0,2% im Jahr 2025. Ähnliche Expansionsraten sind auch für Ostdeutschland zu erwarten. Im Juni hatten die IWH-Konjunkturforscher noch einen Zuwachs von 1,1% für 2026 und 0,4% für das laufende Jahr prognostiziert.
Im Sommer sind die Zollsätze der USA drastisch erhöht worden. Die Finanzmärkte haben dies gelassen zur Kenntnis genommen, wohl auch, weil die Weltkonjunktur trotz der Handelskonflikte bisher recht robust geblieben ist. Mit Abebben des Inflationsschubs aus den Jahren 2021 bis 2023 ist die Geldpolitik in letzter Zeit fast überall gelockert worden, in den USA allerdings bislang nur zögerlich. Der Leitzins wird aber auch dort in den kommenden Quartalen gesenkt werden. Die Finanzpolitik ist in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften in etwa neutral ausgerichtet. Insgesamt dürfte die Weltwirtschaft weiter in mäßigem Tempo expandieren. Allerdings werden die kräftigen US-Zollerhöhungen Welthandel und -produktion dämpfen. Für den Rest des Jahres 2026 ist mit etwas kräftigeren Zuwachsraten zu rechnen, auch wegen Investitionen zur Implementierung neuer Technologien. Alles in allem steigt die Weltproduktion nach vorliegender Prognose im Jahr 2025 um 2,6% und im Jahr darauf um 2,4%.
Das deutsche Konjunkturbild hat sich mit der Datenrevision durch das Statistische Bundesamt verdüstert: Nun zeigt sich, dass die Produktion seit Ende 2022 bis Mitte 2024 zurückgegangen ist. Im Winterhalbjahr expandierte die Produktion wieder, aber zuletzt ist das Bruttoinlandsprodukt erneut geschrumpft. So sind die Exporte in die USA nach Wegfall von Vorzieheffekten aufgrund erwarteter Zollerhöhungen gesunken, und sehr deutlich fiel der Rückgang der Bauinvestitionen aus. „Unklar bleibt, ob die im Winterhalbjahr erkennbare Erholung nur unterbrochen wurde, oder ob sich die Wirtschaft weiter in einer Konjunkturkrise befindet“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH. Auf dem Arbeitsmarkt zeichnet sich bislang keine Entspannung ab. Die aus Unternehmensbefragungen hergeleitete Kapazitätsauslastung im Verarbeitenden Gewerbe ist zuletzt minimal gestiegen, obwohl die Produktion dort gesunken ist. Die Unternehmen schätzen ihre Geschäftslage laut ifo Geschäftsklimaindex weiter als schlecht ein, ihre Erwartungen sind aber gestiegen. Ein Grund dafür könnte die Hoffnung auf Impulse des umfangreichen öffentlichen Investitionsprogramms sein, mit denen aber erst ab dem Jahr 2026 zu rechnen ist. Weil auch die Geldpolitik noch etwas expansiver werden dürfte, sind dann von Seiten der Wirtschaftspolitik die Bedingungen für eine Belebung der deutschen Wirtschaft recht günstig.
„Erhebliche Risiken für die deutsche Konjunktur liegen in der Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Außenhandelsgeschäfts“, sagt Oliver Holtemöller. In der vorliegenden Prognose einkalkuliert sind Verluste aufgrund der höheren US-Zölle. Zusätzlich verschlechtert sich allerdings seit Jahren die Wettbewerbsposition des deutschen Verarbeitenden Gewerbes gegenüber ausländischer Konkurrenz. Auch aus technologischen Gründen büßen die Exporte ihre konjunkturelle Zugkraft ein. In diesem Jahr kommt noch ein deutlicher Anstieg der Terms of Trade durch die Aufwertung des Euro hinzu, nicht nur gegenüber dem US-Dollar, sondern auch gegenüber dem eng an diesen gebundenen chinesischen Renminbi. „Sollten die Exporte nicht nur in unmittelbarer Reaktion auf die Zollerhöhungen im Sommer, sondern auch in den daran anschließenden Quartalen sinken, ist eine Erholung der Konjunktur im weiteren Verlauf unwahrscheinlich“, so der IWH-Konjunkturforscher.
Professor Dr. Oliver Holtemöller
Tel +49 345 7753 800
oliver.holtemoeller@iwh-halle.de
https://doi.org/10.18717/kas7vy-sf95
Gesamtwirtschaftliche Eckdaten der Prognose des IWH für Deutschland in den Jahren 2024 bis 2027
Copyright: IWH
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch
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