Der theoretische Physiker verstärkt Zusammenarbeit mit der JGU, um neue Berechnungsmethoden für Experimente am Large Hadron Collider zu entwickeln
Dr. Vasily Sotnikov vom Physik-Institut der Universität Zürich erhält einen ERC Starting Grant, eine hochdotierte Förderung der EU, und wird damit seine Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) verstärken. Mit seinem Forschungsvorhaben „HiNPrecise“ plant er, den bestehenden theoretischen Rahmen zu erweitern, um bisher unbekannte Streuamplituden berechnen zu können. Diese Streuamplituden liefern phänomenologische Vorhersagen für die Teilchenstreuung auf der Grundlage des komplexen Formalismus der Quantenfeldtheorie. Solche Vorhersagen werden für Präzisionsmessungen am größten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN, benötigt.
„Dr. Sotnikov ist ein herausragender Nachwuchswissenschaftler, der auf dem Gebiet der Phenomenologie der Elementarteilchen arbeitet und dabei analytische und numerische Methoden in Präzisionsrechnungen zur Anwendung bringt“, sagt Prof. Dr. Stefan Weinzierl, Mitglied des Exzellenzclusters PRISMA+ der JGU und Fachkollege von Sotnikov. Mit seiner wissenschaftlichen Ausrichtung wird er die die Forschung der Gruppe ‚Theoretische Hochenergiephysik‘ der JGU ergänzen und gleichzeitig ein Bindeglied zu den Kolleginnen und Kollegen in der Arbeitsgruppe ‚Experimentelle Teilchen- und Astroteilchen Physik‘ der JGU darstellen.“
Das HiNPrecise-Projekt: eine neue Generation von Methoden für Berechnungen der Partikelstreuung
Der LHC ist das weltweit leistungsstärkste Instrument zur Erforschung der kleinsten Bausteine der Natur. Seit seiner ersten Inbetriebnahme im Jahr 2011 wurden mit ihm bahnbrechende Entdeckungen gemacht, wie beispielsweise die des Higgs-Bosons im Jahr 2012. In den kommenden Jahren wird der LHC umfassende Modernisierungen erfahren, die es Forschenden ermöglichen werden, weitaus mehr Daten zu sammeln und Teilchenwechselwirkungen mit beispielloser Präzision zu untersuchen. „Um diese neuen Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können, muss die Theorie jedoch mit dem Experiment Schritt halten“, sagt Sotnikov. „Die derzeitigen theoretischen Werkzeuge sind noch nicht in der Lage, die extreme Genauigkeit zukünftiger Messungen zu erreichen. Es geht deshalb darum, Berechnungen zu entwickeln, die beschreiben, wie Teilchen streuen und interagieren – Berechnungen, die so kompliziert sind, dass die heutigen Methoden nur einen Bruchteil dessen bewältigen können, was erforderlich ist.“
Das HiNPrecise-Projekt soll dazu beitragen, diese Lücke zu schließen, indem es eine neue Generation von Berechnungsmethoden entwickelt. „Das Ziel des Projekts besteht darin, die mathematischen und physikalischen Strukturen, die bisher in den mit bestehenden Methoden berechneten Streuamplituden verborgen waren, explizit darzustellen“, erklärt Sotnikov. „Insbesondere sollen die mathematisch als „Singularitäten” bezeichneten Elemente untersucht werden, die grundlegende Aspekte der Teilchenwechselwirkungen widerspiegeln. Dieser Ansatz ermöglicht Berechnungen, die bisher nicht durchgeführt werden konnten.“
Ein Schwerpunkt von HiNPrecise wird das Higgs-Boson sein, da seine genauen Eigenschaften noch weitgehend unbekannt sind. „Das Projekt wird neue Werkzeuge bereitstellen, mit denen sich die Wechselwirkungen des Higgs-Bosons mit anderen Teilchen präzise untersuchen lassen“, ergänzt Sotnikov. Präzise Berechnungen dieser Wechselwirkungen sind entscheidend für die Bestimmung des Verhaltens des Higgs-Bosons. Insbesondere sind diese Berechnungen unerlässlich, um den Prozess zu testen, durch den Elementarteilchen Masse erhalten – bekannt als „Mechanismus der elektroschwachen Symmetriebrechung“. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, aufzudecken, ob sich das Higgs-Boson wie vom Standardmodell der Teilchenphysik vorhergesagt verhält oder ob Beschreibungen jenseits des Standardmodells erforderlich sind.
„Neben diesen theoretischen Fortschritten wird das Projekt leistungsstarke numerische Werkzeuge für die Forschung in der Hochenergiephysik liefern. Diese werden präzise Untersuchungen komplexer Prozesse am LHC und an zukünftigen Teilchenbeschleunigern unterstützen und einen neuen Standard für die theoretische Präzision in der Teilchenphysik setzen“, schließt Sotnikov.
Dr. Vasily Sotnikov studierte Physik an der Universität Moskau und promovierte im Jahr 2019 an der Universität Freiburg. Seine Doktorarbeit wurde mit der höchsten Auszeichnung, summa cum laude, bewertet. Im Anschluss an seine Promotion wechselte er zunächst zum Max-Planck-Institut für Physik und dann an die Michigan State University. Seit 2022 ist er Senior Research Associate an der Universität Zürich. Der ERC Starting Grant ermöglicht ihm dabei die Einrichtung einer eigenen Arbeitsgruppe.
ERC Starting Grant: Unterstützung für herausragende Forschende am Anfang ihrer Karriere
Der ERC Starting Grant ist eine der höchstdotierten Fördermaßnahmen der EU fürherausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die am Anfang ihrer Karriere stehen und ein eigenes Forschungsteam oder Forschungsprogramm aufbauen wollen. Zusätzlich zur wissenschaftlichen Exzellenz müssen die Antragstellenden den bahnbrechenden Ansatz ihres Projekts und seine Machbarkeit nachweisen, um die Förderung zu erhalten.
Prof. Dr. Stefan Weinzierl
Theoretical High Energy Physics (THEP)
Institut für Physik und
Exzellenzcluster PRISMA+
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel.: 06131 39-25579
E-Mail: weinz001@uni-mainz.de
Dr. Vasily Sotnikov
Quelle: Ekta Chaubey
Copyright: Ekta Chaubey
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Physik / Astronomie
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Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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