Drei Forscherinnen und drei Forscher aus Würzburg haben für ihre Projekte renommierte Förderpreise eingeworben: Die Starting Grants des Europäischen Forschungsrats sind mit jeweils 1,5 Millionen Euro dotiert.
„Sechs hochkarätige ERC-Preise auf einen Schlag, das ist ein herausragender Erfolg, der nur wenigen Universitäten gelingt. Ein deutlicher Beleg für die Breite exzellenter Forschung an unserer Universität und ein Ausrufezeichen mit Blick auf unserem Weg zur Exzellenzuniversität“, so JMU-Präsident Paul Pauli.
Um die Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) können sich talentierte Nachwuchsforschende bewerben, die eine vielversprechende Erfolgsbilanz und eine exzellente neue Forschungsidee vorweisen können. Die renommierten Förderpreise sind mit jeweils 1,5 Millionen Euro dotiert.
In der jüngsten Vergaberunde hatten fünf Forschende der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg und ein Forscher vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) mit ihren Bewerbungen Erfolg:
• Dr. Beatrice Baragli, Altorientalistik, untersucht, warum das Sumerische im Alten Orient über viele Jahrhunderte erhalten blieb, obwohl es nicht mehr gesprochen wurde.
• Dr. Jerome Beetz, Neurowissenschaften, erforscht die Gehirnleistungen, die Insekten ein flexibles Navigieren im Gelände ermöglichen.
• Dr. Jacqueline Degen, Zoologie, befasst sich mit den Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf nachtaktive Insekten.
• Juniorprofessorin Mona Garvert, Neurowissenschaften, untersucht die neurobiologischen Grundlagen für flexible Verhaltensweisen des Menschen.
• Dr. Jake Greenfield, Chemie, erforscht, wie sich spiralförmige Moleküle mit Licht verformen lassen.
• Juniorprofessor Jens Hör, RNA-basierte Infektionsforschung, HIRI, erforscht Phagen – das sind Viren, die Bakterien infizieren – mit RNA-Genomen.
Das JMU Research Advancement Center (RAC) hat die Bewerberinnen und Bewerber aus der Universität bei der Antragstellung tatkräftig unterstützt.
Die sechs neuen ERC-Projekte
Late Sumerian: The Afterlife of an Ancient Near Eastern Language (LASU)
Beatrice Baragli vom Lehrstuhl für Altorientalistik:
Sumerisch ist wahrscheinlich die älteste dokumentierte Sprache der Menschheit, und ihre Schriften gehören zu den wichtigsten Quellen für die Erforschung des Alten Orients. Zwei grundlegende Fragen bleiben aber noch unbeantwortet: Warum verwendete die kulturelle und religiöse Elite des Alten Orients das Sumerische bis um die Zeit von Christi Geburt, wo doch der letzte sumerische Muttersprachler schon 2000 Jahre zuvor gestorben war? Und was ermöglichte es dem Sumerischen, viele andere Sprachen jener Zeit zu überleben? In ihrem ERC-Projekt LASU will Beatrice Baragli nachweisen, dass das Sumerische derart lange Bestand hatte, weil es als heilig galt. Sie verfolgt dazu einen innovativen philologischen und religionsgeschichtlichen Ansatz. Er zielt darauf ab, einen auf Sprachordnungen basierenden Rahmen anzuwenden, um die Interaktionen des Sumerischen mit anderen Sprachen des Alten Orients im ersten Jahrtausend vor Christus zu entschlüsseln.
Neural representation of space: From individual to social place learning in bees (BeeSpace)
Jerome Beetz, Leiter einer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Biozentrum:
Mit Leichtigkeit navigiert der Mensch täglich durch seine Umwelt. Das hat er den kognitiven Umgebungskarten zu verdanken, die sein Gehirn angelegt hat. Wie Insekten sich ihre Umgebung einprägen, ist Gegenstand der geplanten Forschungen von Jerome Beetz. Kürzlich hat er Techniken zur Aufzeichnung der Gehirnaktivität frei navigierender Insekten entwickelt und dabei navigationsrelevante Nervenzellen identifiziert, die denen der Wirbeltiere stark ähneln. Auf dieser Grundlage will er in seinem ERC-Projekt BeeSpace die neuronalen Grundlagen der Navigation von Insekten noch eingehender untersuchen. „Wenn wir verstehen, wie Insekten mit relativ einfachen neuronalen Schaltkreisen durch ihr heimisches Terrain navigieren, können wir auch innovative Wege zur Entwicklung autonom navigierender Fahrzeuge aufzeigen“, so der Forscher.
From streetlight to starlight: How light pollution disrupts insect orientation and alters habitat connectivity (LIGHTSTAR)
Dr. Jacqueline Degen, Arbeitsgruppenleiterin am Biozentrum:
Nachtfalter sind ökologisch wichtige Insekten, weil sie viele Pflanzen bestäuben und andere Tiere sich von ihnen ernähren. Doch sie sind, wie auch andere nachtaktive Lebewesen, von der Lichtverschmutzung bedroht: Beleuchtete Siedlungen und Straßen erhellen die Nacht und stören das Orientierungsvermögen der Falter. Diese Zusammenhänge untersucht Jacqueline Degen in ihrem ERC-Projekt LIGHTSTAR. Denn noch versteht die Wissenschaft nicht gut genug, wie Nachtfalter sich orientieren und auf Licht reagieren. Die Forscherin wird ein drohnenbasiertes 3D-Tracking-System entwickeln, um in groß angelegten Feldexperimenten das Verhalten der Insekten mit einer bisher unerreichten räumlichen und zeitlichen Auflösung zu erfassen. Die gewonnenen Daten werden zusammen mit innovativen Simulationswerkzeugen das Wissen über die Auswirkungen der Lichtverschmutzung deutlich erweitern. Die neuen Erkenntnisse können unter anderem dabei helfen, insektenfreundliche Beleuchtungslösungen zu entwickeln.
Neurocomputational mechanisms underlying adaptive flexibility in cognition, emotion and behavior (CogFlex)
Mona Garvert, Juniorprofessorin für Neurowissenschaften:
Menschen glauben oft, dass ihr Verhalten rein rational von der Kognition gesteuert wird. Doch Emotionen haben einen tiefgreifenden Einfluss darauf, wie wir die Welt wahrnehmen, Informationen verarbeiten und letztlich handeln. Trotzdem betrachtet die Wissenschaft diese beiden Gehirnfunktionen oft isoliert voneinander. Mona Garverts Ziel ist es, diese Trennung zu überwinden: In ihrem ERC-Projekt CogFlex will sie nachweisen, dass Emotionen einen direkten Einfluss auf die Art und Weise haben, wie das menschliche Gehirn die Umwelt abbildet und wie es Informationen verallgemeinert, aktualisiert und darauf reagiert. Dafür setzt die Forscherin unter anderem hochauflösende funktionelle Magnetresonanztomographie und mathematische Modelle ein. Ihre Arbeit soll neue Erkenntnisse über die neurobiologischen Grundlagen flexiblen Verhaltens liefern. Sie könnte langfristig auch das Wissen über psychische Erkrankungen erweitern, bei denen diese Prozesse gestört sind.
Helical Out-of-Equilibrium Systems: Exploring Light-Induced Structural Distortions (HeliOS)
Dr. Jake Greenfield, Leiter einer Nachwuchsgruppe, Organische Chemie:
In der Natur gibt es eindrucksvolle Beispiele dafür, wie spiralförmige Strukturen Energie speichern und freisetzen: Manche Samenkapseln nutzen diese Strategie, um regelrecht zu explodieren und dabei ihren Inhalt weit zu verstreuen. Inspiriert von diesen Prinzipien untersucht Jake Greenfield in seinem ERC-Projekt HeliOS, wie sich spiralförmige Moleküle verformen lassen. Um das zu erreichen, koppelt er die Spiralen mit Lichtschaltern – Molekülen, die unter dem Einfluss von Licht ihre Struktur reversibel verändern. Neben den weit verbreiteten Schaltern auf Azobasis kommen dabei auch Schalter der nächsten Generation auf Iminbasis zum Einsatz, die in Greenfields Team und am Zentrum für Nanosystemchemie der JMU entwickelt wurden. Ziel des Projekts ist es, lichtempfindliche Spiralmoleküle zu entwickeln und ihre Eigenschaften mit Lichtimpulsen präzise zu steuern. Das könnte unter anderem neue Strategien für die Energiespeicherung ermöglichen.
Elucidating molecular principles of RNA phage-host interaction (RIBO-PHAGE)
Jens Hör, JMU-Juniorprofessor, Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI):
Im Reich der Viren gibt es auch Exemplare, die nicht Menschen oder Tiere, sondern Bakterien befallen. Diese Viren heißen Phagen und zeichnen sich durch enorme biologische Vielfalt aus. Der Wissenschaft leisten sie als Forschungswerkzeuge und Quellen für biotechnologische Methoden gute Dienste. Außerdem wurden mit ihrer Hilfe schon Fortschritte bei der Bekämpfung multiresistenter Bakterien erzielt. Bisher allerdings hat die Forschung das Potenzial derjenigen Phagen vernachlässigt, deren Erbgut aus RNA besteht. Dabei unterscheiden sie sich grundlegend von Phagen mit DNA-Genomen: Sie verfolgen einzigartige Strategien, um sich in Bakterien zu vermehren, und ihre Opfer wiederum verteidigen sich gegen die Infektion mit spezifischen Strategien. Genau diese Prozesse möchte Jens Hör in seinem ERC-Projekt RIBO-PHAGE analysieren. Unter anderem sieht er darin die Grundvoraussetzung dafür, auch RNA-Phagen bei Therapien einsetzen zu können.
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
fachunabhängig
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Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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