Radioaktives Cäsium: Maßvoller Verzehr von Wildpilzen ist unbedenklich
1986 ereignete sich nahe dem damals sowjetischen Tschornobyl (russ. Tschernobyl) der schwerste Reaktorunfall der Geschichte. Radioaktive Stoffe zogen mit Luftströmungen auch nach Deutschland. Unsichtbare Spuren davon gibt es hierzulande in der Natur bis heute. So können Pilze aus dem Wald noch immer radioaktives Cäsium-137 enthalten, das aus dem Reaktorunfall, aber auch aus oberirdischen Kernwaffentests des 20. Jahrhunderts stammt. Ein Grund zur Besorgnis für Pilzsammlerinnen und -sammler ist das allerdings nicht.
„Wenn man selbst gesammelte Pilze in üblichen Mengen verzehrt, ist das aus Sicht des Strahlenschutzes überall in Deutschland unbedenklich“, sagt die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini.
Die Gesamtmenge ist entscheidend
Wer Pilze sammelt, kann vor allem in einigen Gegenden Süddeutschlands noch auf Exemplare stoßen, die mehr als 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse enthalten – also über dem Grenzwert für Pilze im Handel liegen. „Weil alle Hauptnahrungsmittel nahezu unbelastet sind, erhöht es die eigene Strahlendosis nur geringfügig, wenn man gelegentlich Pilze mit höheren Cäsium-137-Werten isst“, erläutert die Behördenchefin. Entscheidend sei nicht der einzelne Pilz, sondern die Gesamtmenge an Cäsium-137, die man zu sich nehme.
Pilzbericht ermöglicht informierte Entscheidung
Auch fast 40 Jahre nach dem Reaktorunfall von Tschornobyl sei es wichtig, Transparenz zu schaffen und Interessierten die Grundlage für eine bewusste, informierte Entscheidung zur Verfügung zu stellen, betont Paulini. „Deswegen bieten wir allen, die sich ein eigenes Bild machen und sich genauer informieren möchten, den Pilzbericht des BfS an.“
Der Pilzbericht des BfS zeigt, welche wildwachsenden Pilzarten kaum Cäsium enthalten und welche Pilzarten höhere Cäsium-137-Werte aufweisen können. Dafür ermittelt das BfS jährlich den Cäsium-137-Gehalt wildwachsender Speisepilze von ausgewählten Orten. Je nach Pilzart und Cäsium-137-Kontamination des Bodens am Sammelort zeigen sich dabei deutliche Unterschiede.
Messwerte von unter 5 bis über 2.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm
Am meisten Cäsium-137 fanden die Fachleute des BfS in den vergangenen drei Jahren (2022-2024) in Semmelstoppelpilzen, in Rotbraunen Semmelstoppelpilzen und in Elfenbeinschnecklingen. Teilweise lagen die Messwerte über 2.000 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse.
Werte über 1.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm wies das BfS bei Trompetenpfifferlingen, Maronenröhrlingen, in Seidigen Ritterlingen, in Dickblättrigen Schwärztäublingen und in Blassblauen Rötelritterlingen nach.
Dagegen enthielten zum Beispiel der Braunschuppige Riesenchampignon, der Dunkelfaserige Champignon, der Hasenröhrling, das Judasohr, der Riesenporling und der Stadtchampignon durchweg weniger als 5 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse. Die Messwerte weiterer Pilzarten sind in der aktuellen Ausgabe des Pilzberichts zu finden. Sie steht unter www.bfs.de/pilzbericht zur Verfügung.
Beispielrechnung
Welche zusätzliche Strahlendosis durch den Verzehr selbst gesammelter Pilze entstehen kann, lässt sich an einem konkreten Beispiel abschätzen: Beim Maronenröhrling – einem potenziell stärker kontaminierten Speisepilz – lag der höchste Messwert des BfS in den Jahren 2022 bis 2024 bei 1.400 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse. Verzehrt eine erwachsene Person jede Woche 200 Gramm Pilze mit 1.400 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm, erhält sie eine zusätzliche Strahlendosis von 0,18 Millisievert pro Jahr. Das ist etwas mehr als die Strahlendosis von drei Flügen von Frankfurt am Main nach New York.
Außer Cäsium können Wildpilze auch Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Cadmium anreichern. Wer regelmäßig Wildpilze verzehrt, sollte schon aus diesem Grund nicht mehr als 200 bis 250 Gramm Wildpilze pro Woche zu sich nehmen.
Kaum Cäsium-137 in Zuchtpilzen
Alle Pilze im EU-weiten Handel müssen den Grenzwert von 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm einhalten. Pilze aus gewerblichen Pilzzuchten wie Champignons, Austernseitlinge und Shiitake enthalten generell wenig Cäsium-137. Sie werden auf Substraten angebaut, die kaum radioaktives Cäsium aufweisen.
Cäsium-137 ist ein radioaktives Isotop des Elements Cäsium, das nicht natürlich vorkommt. Es entsteht unter anderem bei der Kernspaltung in Kernkraftwerken. Seine Halbwertszeit beträgt etwa 30 Jahre. Das bedeutet, dass sich die Menge an Cäsium-137, die sich 1986 in Deutschland am Boden ablagerte, bis heute zu rund 60 % zerfallen ist.
Bundesamt für Strahlenschutz
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) arbeitet für den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Schäden durch Strahlung. Das BfS informiert die Bevölkerung und berät die Bundesregierung in allen Fragen des Strahlenschutzes. Die über 600 Beschäftigten bewerten Strahlenrisiken, überwachen die Umweltradioaktivität, unterstützen aktiv im radiologischen Notfallschutz und nehmen hoheitliche Aufgaben wahr, darunter im medizinischen und beruflichen Strahlenschutz. Ultraviolette Strahlung und strahlenrelevante Aspekte der Digitalisierung und Energiewende sind weitere Arbeitsfelder. Als wissenschaftlich-technische Bundesoberbehörde betreibt das BfS Forschung und ist mit nationalen und internationalen Fachleuten vernetzt. Weitere Informationen unter www.bfs.de.
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