Das Deutsche Archiv der Kulinarik übernimmt die Kochbuchsammlung von Christoph Wagner, einem der bedeutendsten österreichischen Restaurantkritiker und Kochbuchautoren. Die Familie des 2010 verstorbenen Publizisten überlässt die Sammlung dem von der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Dresden und der Technischen Universität Dresden (TUD) gegründeten Archiv als Schenkung. Neben rund 3.000 Büchern enthält die Sammlung auch Menü- und Speisekarten aus verschiedenen Ländern und handschriftliche Notizen zu Recherchen und Reisen, wie zum Beispiel sogenannte Testessen in Restaurants, Weindegustationen oder Bewertungen zu Produkten wie Käse, Fleisch etc.
Prof. Josef Matzerath, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der TUD: „Mit dem Nachlass von Christoph Wagner, der 1984 bis 1998 Chefredakteur des ‚Gault Millau Österreich‘ war und als Publizist die Debatte über die Kultur von Essen und Trinken wesentlich befeuert hat, übernimmt das Deutsche Archiv der Kulinarik die Hinterlassenschaft eines bedeutenden Gastronomiekritikers und gastrosophischen Autors.“ Damit werde neben dem Nachlass von Wolfram Siebeck ein weiterer Grundstein des öffentlichen Diskurses zur Kulinarik im deutschsprachigen Bereich für die Wissenschaft verfügbar.
Kulturhistorische Perspektiven auf Essen und Ernährung spielen in Forschung und Lehre an der TUD schon seit längerem eine wichtige Rolle: „Für unsere Forschungen zur kulinarischen Ästhetik und zur exquisiten Küche vom späten 18. bis ins 21. Jahrhundert bietet die Kochbuch-Bibliothek Christoph Wagner eine hervorragende Grundlage“, sagt Andreas Rutz, Inhaber der Professur für Sächsische Landesgeschichte an der TUD. „Sie erweitert die Bestände des Deutschen Archivs der Kulinarik unter anderem für Österreich, das mit der Neuen Wiener Küche seit den 1970er Jahren ein ähnliches ‚Küchenwunder‘ erlebte wie die Bundesrepublik“, betont Rutz.
Katrin Stump, Generaldirektorin der SLUB Dresden: „Mit der Sammlung Wagner erhält das Deutsche Archiv der Kulinarik erstmals einen umfassenden Bestand aus Österreich und gewinnt so weiter an Strahlkraft im deutschsprachigen Raum. Wir danken Familie Wagner herzlich für die Schenkung und das damit verbundene Vertrauen. Mit der Übernahme garantieren wir nicht nur die öffentliche Verfügbarkeit der Bücher und Notizen, sondern auch ihren Erhalt für die wissenschaftliche Forschung.“
Christoph Wagner, von 1984 bis 1998 Chefredakteur von Gault Millau Österreich sowie Mit-Autor des bekannten österreichischen Kochbuchs „Die gute Küche“, baute seine kulinarische Sammlung über 45 Jahre lang auf. Die große Bandbreite vom Kochbuch österreichischer Bäuerinnen über Werke der französischen Grande Cuisine oder Kochbücher italienischer Pasta und Pizza bis hin zu asiatischer Küche spiegelt sein breit gefächertes Interesse an Esskultur wider. Eine Vielzahl von Sachbüchern zu kulinarischen Produkten und Lebensmitteln, Wein und anderen Getränken vervollständigen das Repertoire.
Renate Wagner-Wittula erläutert: „15 Jahre nach dem Tod meines Mannes war es an der Zeit, dass wir uns von seiner kulinarischen Sammlung trennen und sie der Bestimmung zuführen, die Christoph Wagner geplant hatte. Er wollte stets, dass die Bücher von möglichst vielen Interessenten genutzt werden können, und es war ihm wichtig, die Sammlung geschlossen weiterzugeben. Als wir bei unserer Recherche auf das Deutsche Archiv der Kulinarik in Dresden stießen, war die Entscheidung gefallen. Wo könnten all die Kochbücher besser aufgehoben sein?“
„Christoph Wagner hat sich einerseits sehr für die neuesten kulinarischen Entwicklungen in anderen Ländern interessiert“, so Wagner-Wittula weiter. „Gleichzeitig war es ihm ein Anliegen, österreichische Esskultur nicht nur in Form von Rezepten weiterzugeben, sondern auch kulturhistorisch zu beleuchten. Warum essen wir so, wie wir essen? Welche Geschichten stecken hinter den Gerichten? Das waren Themen, die ihn faszinierten und zu denen er sehr viel Literatur sammelte.“
Hintergrundinformationen
Zu Christoph Wagner
Christoph Wagner (* 23. Mai 1954 in Linz; † 17. Juni 2010 in Wien) war ein österreichischer Journalist und Publizist, der vor allem durch seine Kochbücher bekannt wurde. Darüber hinaus war er Gastrosoph und Gastronomiekritiker und von 1984 bis 1998 Chefredakteur von „Gault Millau Österreich“, 1989 gründete er das „Gault-Millau Magazin“. Nach seiner Trennung vom „Guide Gault-Millau“ war Christoph Wagner gemeinsam mit Klaus Egle Herausgeber des jährlich erscheinenden Gastronomieführers „Wo isst Österreich?“, der bis heute unter dem Titel „Wirtshausführer“ erscheint. 1993 veröffentlichte er gemeinsam mit Ewald Plachutta „Die gute Küche. Das österreichische Jahrhundertkochbuch“, eines der meistverkauften Kochbücher des Landes. Wagner publizierte in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, darunter GEO, Merian, Wiener Zeitung und FAZ.
Zum Deutschen Archiv der Kulinarik
Das Deutsche Archiv der Kulinarik in Dresden ist die größte öffentlich zugängliche Sammlung von Kochbüchern, Menü- und Speisekarten im deutschsprachigen Raum. Die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Dresden und die Technische Universität Dresden (TUD) haben es am 10. Oktober 2022 gemeinsam gegründet. Die umfangreiche und einmalige Kulinarik-Sammlung der SLUB mit Handschriften, Büchern und Zeitschriften sowie Menükarten, Gebrauchsgrafik, Fotografien und audiovisuellen Medien gehört zu den bedeutendsten ihrer Art. Zu den Highlights zählen Sammlungen von Ernst Birsner, Walter Putz, Wolfram Siebeck und Eckart Witzigmann. Die Kulinarik-Sammlung bildet die Grundlage für die inter- und transdisziplinäre Forschung in den Geistes-, Kultur- und Naturwissenschaften rund um die Themen Kochkunst, Tafelkultur und Ernährungskunde und deren Wirken in Kultur und Gesellschaft, wie sie bereits erfolgreich an der TUD etabliert ist. Künftig werden die umfangreichen Bestände des Deutschen Archivs der Kulinarik in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt digital erschlossen und auf einem Online-Portal präsentiert. Damit stehen sie sowohl der wissenschaftlichen als auch der allgemeinen Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung.
SLUB und TUD beleben mit Veranstaltungen, Ausstellungen, partizipativen Formaten und Publikationen den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs rund um die Themen Ernährung und Kulinarik und etablieren so das Deutsche Archiv der Kulinarik als zentralen Akteur für Forschung, Lehre und Wissenstransfer in die Gesellschaft.
Kontakt
Annemarie Grohmann, M.A.
Pressesprecherin SLUB Dresden
Telefon: +49 351 4677-342
E-Mail: Annemarie.Grohmann@slub-dresden.de
TU Dresden
Pressestelle
Tel.: +49 351 463-32398
E-Mail: pressestelle@tu-dresden.de
Aufgeschlagene Notizbücher und Fotografien aus der Sammlung von Christoph Wagner.
Quelle: Ramona Ahlers-Bergner
Copyright: Ramona Ahlers-Bergner / SLUB Dresden
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Kooperationen
Deutsch
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