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16.09.2004 14:19

Neue Konzepte der Verhütung

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Seit Einführung der traditionellen "Pille" vor mehr als 40 Jahren sind verschiedene Varianten der hormonalen Empfängnisverhütung entwickelt worden, um den individuellen Bedürfnissen von Frauen Rechnung zu tragen. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich die so genannte Langzyklus-Anwendung. Erfahrungen mit dieser Methode sowie mit neuen Formen hormonaler Verhütung werden auf dem 55. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in Hamburg diskutiert.

    Bei Einführung der Pille zu Beginn der 60er Jahre waren die Forscher darauf bedacht, aus Gründen der Akzeptanz möglichst den natürlichen Menstruationszyklus nachzuahmen. Sie wählten ein Einnahmeschema von 21 Tagen, gefolgt von einer siebentägigen Pause, die eine Abbruchblutung auslöst.

    Doch es gab auch Kritik an dieser Festlegung: Die regelmäßigen Abbruchblutungen durch Hormonentzug seien keineswegs "natürlich", verglichen mit den natürlichen, durch Schwangerschaft und Stillzeiten erheblich verringerten Blutungen.

    Veränderte Einstellung zur Menstruation.

    Unabhängig von den Debatten der Experten, haben viele Frauen in den letzten Jahren ihre Einstellung zur Menstruation verändert. Eine unlängst veröffentlichte Umfrage von Gynäkologen der Universitätsklinik Frankfurt belegt:
    -Nur noch 26 bis 35 Prozent der 1195 befragten Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren bevorzugen die monatliche Blutung (Gründe: Angst vor Schwangerschaft, Angst vor Sterilität, Angst vor Nebenwirkungen).
    -37 bis 46 Prozent wollen am liebsten überhaupt nicht mehr bluten (Gründe: weniger Menstruationschmerzen, bessere Hygiene, höhere Lebensqualität, weniger Blutverlust).
    - 32 bis 54 Prozent der Frauen würden die Menstruation gelegentlich unterdrücken,
    -11 bis 14 Prozent würden die Menstruation für längere Zeit unterdrücken.

    Die Wünsche der Frauen in Verbindung mit medizinischen Gründen können darum Anlass sein, das Einnahme-Schema der Pille zu ändern. Bei einem so genannten Langzyklus nimmt die Frau ein Kontrazeptivum nicht länger als ein halbes Jahr ohne Unterbrechung. Geeignet sind dafür nur so genannte Einphasenpräparate als Mikropillen mit konstanten Ethinylestradiol- und Gestagendosen. "Favorisiert wird weltweit der 63- oder 84-tägige Einnahmemodus, also drei oder vier Blisterpackungen, mit anschließendem siebentägigen einnahmefreien Intervall", stellt Professor Cosima Brucker von der Frauenklinik der Universität Ulm fest. Besonders die 84-tägige Anwendung, also die Einnahme der Pille über ein Vierteljahr, fände, so die Expertin, bei den Frauen und Gynäkologinnen und Gynäkologen zunehmend Akzeptanz.

    Unabhängig von den Wünschen der Frau gibt es auch medizinische Indikationen für einen Langzyklus:
    -Blutungsstörungen oder schmerzhafte Blutungen, prämenstruelles Syndrom (PMS)
    - Endometriose
    - Myome
    - Funktionelle Zysten
    - zyklusabhängige andere Erkrankungen (Epilepsie, Migräne, Multiple Sklerose, Schizophrenie, Depression etc.)
    Hinzu kommt, dass die Empfängnisverhütung durch einen Langzyklus noch sicherer wird und Einnahmefehler weniger ins Gewicht fallen.

    Welchen Einfluss Langzyklen auf das Thromboserisiko haben, ist derzeit allerdings unklar, weil entsprechende Langzeitstudien fehlen.

    Im vergangenen Jahr hat die amerkanische Arzneimittelbehörde FDA erstmals ein Präparat für den Langzyklus zugelassen. Bei dieser Pille handelt es sich aber nicht um ein neues Präparat, sondern um die Zulassung einer konventionellen Pille für diese Indikation. Das Kontrazeptivum - ein Präparat mit üblichen Hormonen in üblicher Dosierung (0,15mg Levonorgestrel/0.03 Ethinylestradiol) - wird 84 Tage lang eingenommen, danach folgt eine Pause. Darum haben Frauen, die diese Pille nehmen, im Jahr nur vier Blutungen anstatt 13.

    Alternativen zur Pille.

    Schon seit einigen Jahren hat die "Pille" Konkurrenz bekommen: Es stehen inzwischen ein transdermales Pflaster und ein Vaginalring zur Verfügung. Diese können sowohl zyklisch als auch im Rahmen eines Langzyklus eingesetzt werden. Für die Langzeitanwendung stehen eine hormonhaltige Spirale, Implantate und die Dreimonatsspritze zur Verfügung.

    Der Vaginalring

    setzt kontinuierlich die Hormone Ethinylestradiol als Östrogen und Etonogestrel als Gestagen frei. Er wird für drei Wochen in die Scheide eingelegt. In der darauf folgenden siebentägigen Pause kommt es zu einer Abbruchblutung. Blutungsstörungen treten seltener auf als unter der Pille. Der Pearl-Index* liegt bei 0,65. (Zum Vergleich: Der Pearl-Index der "Pille" liegt zwischen 0,1 und 0,9. )

    Das Matrixpflaster,

    das auf die Haut geklebt wird, setzt Ethinylestradiol und Norelgestromin (NGMN) frei. Das Pflaster wird wöchentlich gewechselt, nach dreiwöchiger Anwendung erfolgt eine einwöchige Pause. Als Nachteil der Pflasteranwendung werden Hautirritationen beobachtet. Der Pearl-Index liegt bei 0,9.

    Die Hormonspirale

    ist ein über fünf Jahre wirkames Intrauterinpessar, das geringe Dosen einer Variante des Gelbkörperhormons (Levonorgestrel) freisetzt. Die Spirale unterdrückt die Ovulation nicht und führt bei längerer Anwendung zur weitgehenden Blutungsfreiheit. Der Pearl-Index liegt bei 0,16.

    Das "Hormonstäbchen",

    ein Kunststoffimplantat, wird unter die Haut gepflanzt und setzt drei Jahre lang geringe Dosen von Etonogestrel frei. Der Pearl-Index liegt unter 0,1. Das Einlegen und Entfernen des Implantats sollte allerdings nur von solchen Ärzten vorgenommen werden, die mit der entsprechenden Technik vertraut sind, um eine sichere Kontrazeption zu gewährleisten.


    Weitere Informationen:

    http://www.dggg.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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