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09.09.2025 16:40

HSBI und Stadtwerke erforschen intelligenten Einsatz elektrischer Verbraucher für künftige Energieversorgung

Dr. Lars Kruse Ressort Hochschulkommunikation
Hochschule Bielefeld

    Der Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung verbindet verschiedene Energiebereiche miteinander, wie beispielsweise einerseits Strom und andererseits Mobilität durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen. Diese neuen Schnittstellen stellen die technischen Systeme vor Herausforderungen. In verschiedenen Forschungsprojekten zwischen Hochschule Bielefeld und Stadtwerken Bielefeld werden innovative Ansätze zur Begegnung dieser Herausforderungen erprobt. So auch in den beiden Projekten ProSeCO und FlexLabQuartier, die eine Energieversorgung auf Quartiersebene am Beispiel der Sennestadt untersuchen.

    Bielefeld (hsbi). Prof. Dr. Jens Haubrock, Melina Gurcke und ihre Mitforschenden beschäftigen sich seit Jahren mit diesen Problemen: Durch die zunehmende Anzahl von kleinen Solaranlagen, die unregelmäßig Strom einspeisen, muss das Stromnetz heute eigentlich viel flexibler gemanagt werden als noch zu Zeiten von Kohle und Atomkraft. Hinzukommt: Immer mehr Elektro-Pkw müssen geladen werden. Dafür ist das Elektrizitätsnetz nicht gebaut worden, denn ein E-Auto kann bis zu zwölf Mal so viel Leistung ziehen wie eine Waschmaschine. Schließlich: Jemand, der ein E-Auto fährt, möchte sein Fahrzeug idealerweise auch mit grünem Strom „betanken“, aber was tun, wenn grad keine Sonnenenergie produziert wird?

    Flexibilität ist gefragt: Der Verbrauch muss künftig der Einspeisung folgen

    Die Stadtwerke Bielefeld untersuchen nun im Rahmen von zwei Forschungsprojekten mit dem Institut für Technische Energie-Systeme (ITES) der Hochschule Bielefeld (HSBI), wie künftig eine flexible und möglichst nachhaltige Energieversorgung auf Quartiersebene aussehen kann. „In dem früheren, zentralen Energieversorgungssystem, das auf fossilen Energien basierte, folgte die Erzeugung dem Verbrauch“, erläutert Prof. Haubrock, stellvertretender Leiter des ITES. „In einem Energiesystem, das auf Photovoltaik und Windkraft basiert, muss dieser Ansatz jedoch grundlegend geändert werden. Hier muss neben dem Einsatz von Speichern der Verbrauch flexibilisiert werden, sodass er der Einspeisung folgen kann.“ Diese Umstellung ist eine anspruchsvolle Herausforderung und erfordert die Entwicklung intelligenter Lösungen, die einen flexiblen Umgang mit lokal erzeugtem Strom ermöglichen. „Dabei ist es besonders wichtig, lokal in den Quartieren anzusetzen, dort wo der Strom erzeugt und verbraucht wird“, so Haubrock. Untersuchungsobjekt der beiden Forschungsprojekte ist deshalb der Bielefelder Stadtteil Sennestadt, ein architektonisches Erbe der 1950er Jahre, damals ein stadtplanerisches Vorzeigeobjekt, das sich bis heute ein hohes Maß an Selbstverwaltung bewahrt hat.

    Im Projekt „ProSeCO – Probabilistischer Sektorenkopplungs-Optimierer“ wird erforscht, wie sich die Überwachung und Steuerung von Niederspannungsnetzen durch Nutzung von Wahrscheinlichkeiten verbessern lässt. Das Ziel ist es herauszubekommen, wann „wie viel Strom“ in den Haushalten benötigt wird und wie das Netz darauf basierend gesteuert werden muss, damit es zu Spitzenzeiten nicht zu Überlastungen kommt.

    Niederspannungsnetze schlau mithilfe von Wahrscheinlichkeiten managen

    Die Beobachtbarkeit von Niederspannungsnetzen ist in Deutschland derzeit noch eingeschränkt. Ursachen hierfür sind unter anderem der schleppende Fortschritt bei der Digitalisierung sowie beim Ausbau intelligenter Messsysteme (Smart Meter). Gleichzeitig führen, wie erwähnt, der steigende Anteil der erneuerbaren Energien und die neuen Verbraucher in elektrischen Netzen, wie z.B. Elektrofahrzeuge, durch hohe Leistungsspitzen und schwankendes Erzeugungs- und Verbrauchsverhalten zu einem in neuer Weise komplexen Netzbetrieb. Um diesem auch in Zeiten der Energiewende gerecht zu werden, wird im Projekt ProSeCO untersucht, wie sich durch Orientierung an zuvor errechneten Wahrscheinlichkeiten eine Optimierung des Systems erreichen lässt. Dazu wird in Kooperation mit den Stadtwerken Bielefeld und der Sennestadt GmbH ein sogenannter probabilistischer digitaler Zwilling entwickelt, der elektrische Netze mit nur wenigen vorhandenen Daten abbilden kann.

    Mit den Informationen aus dem digitalen Zwilling kann ein Energiemanagementsystem (EMS) anschließend Verbraucher im Netz, wie Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher, so steuern, dass kritische Netzzustände vermieden und die erneuerbaren Energien lokal optimal ausgenutzt werden können. „Die Wahrscheinlichkeiten geben dabei Aufschluss über mögliche Netzzustände in naher Zukunft, z.B. ob zu erwarten ist, dass die Last innerhalb der nächsten Stunden stark steigt, z.B. weil viele Menschen von der Arbeit kommen und ihr E-Auto an das Netz anschließen“, erklärt Katrin Handel, wissenschaftliche Mitarbeiterin in ProSeCO. „Dazu werden anhand der dem Netzbetreiber bekannten Informationen einzelnen Strängen im Netz spezielle Lastprofile zugeordnet und die Auftretenswahrscheinlichkeit von Spitzenlasten berechnet.“

    Elektrofahrzeuge dann laden, wenn Photovoltaikanlagen den Strom bereitstellen
    Das zweite Sennestädter Forschungsprojekt „FlexLabQuartier – Klimaneutrale Transformation von Quartieren” zielt auf die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für die komplette Dekarbonisierung von Quartieren ab. Darum geht es: Trotz vorhandener technischer Lösungen steht die Energiewende vor der Herausforderung, dass wirtschaftliche und soziale Hemmnisse die Akzeptanz der Nutzer:innen beeinträchtigen. Daher wird im Projekt eine auf erneuerbaren Energien basierende Energieversorgung angestrebt, die für die Nutzer:innen verständlich und zugänglich ist. So sollen in Sennestadt die vorhandenen Flexibilitäten im Mobilitätssektor aktiv genutzt werden, indem lokal erzeugter Strom aus Photovoltaikanlagen gezielt zum Laden von Elektrofahrzeugen genutzt wird. Diese Herangehensweise trägt dazu bei, die CO2-Emissionen im Mobilitätssektor auf lokaler Ebene signifikant zu reduzieren. Durch eine auf Empfehlungen basierende Ladesteuerung soll der Verbrauch der Elektrofahrzeuge der Einspeisung aus Photovoltaikanlagen folgen und so unerwünschte Eingriffe in den Netzbetrieb vermeiden. Mit anderen Worten: Eine App empfiehlt dem Nutzer, wann er idealerweise das Elektroauto aufladen sollte, damit das mit möglichst viel Sonnenenergie geschieht.

    Transfer in beide Richtungen: Stadtwerke Bielefeld und HSBI profitieren von der Kooperation

    Die Kooperation zwischen den Forschenden der HSBI und den Stadtwerken Bielefeld ist für beide Partner von zentraler Bedeutung, da sie den Transfer von Forschungsergebnissen und praxisnahen Innovationen fördert, sodass intelligente, effiziente und nachhaltige Energieversorgungslösungen anwendungsfähig werden. „Seit über zehn Jahren pflegen wir eine enge Zusammenarbeit mit der HSBI und Prof. Haubrock, sei es im Rahmen gemeinsamer Forschungsprojekte oder durch zahlreiche kooperative Abschlussarbeiten“, berichtet Stefan Junghänel, Betriebsleiter bei den Stadtwerken Bielefeld. „Diese Kooperation liefert immer wieder innovative Ansätze, die über unsere tägliche Arbeit hinausgehen und neue Perspektiven eröffnen.“

    Auch für die Hochschule zahlt sich die enge Kooperation mit dem Praxispartner Stadtwerke Bielefeld aus: „Durch die Zusammenarbeit können unsere wissenschaftlichen Teams neue Methoden des automatisierten Netzbetriebs unter realitätsnahen Bedingungen optimal erforschen und testen“, sagt Prof. Haubrock. „Die Betrachtung eines realen Netzes in Bielefeld Sennestadt ermöglicht den Übergang von der anwendungsorientierten Forschung zur praktischen Entwicklung und leistet einen wertvollen Beitrag zur Energiewende.“


    Weitere Informationen:

    https://www.hsbi.de/presse/pressemitteilungen/hsbi-und-stadtwerke-erforschen-int... Pressemitteilung auf www.hsbi.de


    Bilder

    (v.l.): Stefan Junghänel, Betriebsleiter bei den Stadtwerken Bielefeld, Melina Gurcke, wissenschaftliche Mitarbeiterin FlexLabQuartier, Katrin Handel, wissenschaftliche Mitarbeiterin ProSeCO und Prof. Dr. Jens Haubrock, stellvertretender Leiter des ITES
    (v.l.): Stefan Junghänel, Betriebsleiter bei den Stadtwerken Bielefeld, Melina Gurcke, wissenschaftl ...

    Copyright: P. Pollmeier/HSBI

    Ein Energiemanagementsystem soll Verbraucher im Netz, z.B. Elektrofahrzeuge, so steuern, dass kritische Netzzustände vermieden und die erneuerbaren Energien lokal optimal ausgenutzt werden können.
    Ein Energiemanagementsystem soll Verbraucher im Netz, z.B. Elektrofahrzeuge, so steuern, dass kritis ...

    Copyright: P. Pollmeier/HSBI


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Informationstechnik, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

    (v.l.): Stefan Junghänel, Betriebsleiter bei den Stadtwerken Bielefeld, Melina Gurcke, wissenschaftliche Mitarbeiterin FlexLabQuartier, Katrin Handel, wissenschaftliche Mitarbeiterin ProSeCO und Prof. Dr. Jens Haubrock, stellvertretender Leiter des ITES


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    Ein Energiemanagementsystem soll Verbraucher im Netz, z.B. Elektrofahrzeuge, so steuern, dass kritische Netzzustände vermieden und die erneuerbaren Energien lokal optimal ausgenutzt werden können.


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