Verbundprojekt NOcsPS unter Leitung der Uni Hohenheim erhält weitere 5 Mio. Euro für Weiterentwicklung von Anbausystemen ohne chemisch-synthetischen Pflanzenschutz
Landwirtschaft zwischen öko & konventionell: Das von der Universität Hohenheim in Stuttgart geleitete Verbundprojekt NOcsPS geht mit weiteren 5 Millionen Euro Bundesmittel in die Verlängerung. Stand in der ersten Förderphase vor allem der Ackerbau im Vordergrund, wollen die Forschenden nun die Anbausysteme zu einem praxistauglichen Gesamtsystem ausbauen. Um stabile Erträge zu sichern und die Marktfähigkeit der Produkte zu gewährleisten, setzen sie auf digitale Technologien und durchdachte landwirtschaftliche Kreisläufe. Die NOcsPS-Anbausysteme könnten eine realistische Alternative bzw. Ergänzung zu etablierten landwirtschaftlichen Anbausystemen sein: Sie verzichten vollständig auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, nutzen jedoch Mineraldünger. So fördern sie die Biodiversität, verringern Umweltbelastungen und stoßen auf positive Resonanz in der Bevölkerung. Weitere Projektbeteiligte sind das Julius Kühn-Institut (JKI) und die Universität Göttingen sowie eine Reihe von Praxispartner:innen.
Zum stärkeren Schutz von Natur und Umwelt fordern europäische und internationale Vereinbarungen zunehmend den Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz. Viele landwirtschaftliche Betriebe können oder wollen jedoch nicht vollständig auf ökologischen Anbau umstellen. Daher könnten Anbaumethoden, die ohne solche Pflanzenschutzmittel auskommen, künftig eine wichtige Rolle spielen. Noch fehlen allerdings praktische Erfahrungen und ein etablierter Markt für die Produkte.
Ziel der Forschenden im Verbundprojekt NOcsPS ist es deshalb, eine wettbewerbsfähige Ergänzung zu den bisherigen Anbaumethoden zu entwickeln. Dazu verzichten die NOcsPS-Anbausysteme konsequent auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, erlauben aber dennoch den gezielten Einsatz von Mineraldüngern.
„Diese Anbausysteme könnten ein attraktiver Mittelweg zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft sein: Sie verbinden eine umweltfreundliche Produktion mit einer angemessenen Ertragssicherheit und schaffen so gute Voraussetzungen, um auch in der Praxis breit umgesetzt zu werden“, so der Sprecher des NOcsPS-Verbunds Professor Enno Bahrs vom Fachgebiet Landwirtschaftliche Betriebslehre an der Universität Hohenheim.
Kreisläufe schließen, Pflanzengesundheit stärken und Digital Farming ausbauen
In der zweiten Förderphase wollen die Projektbeteiligten die NOcsPS-Anbausysteme weiterentwickeln und zu einem praxistauglichen Gesamtsystem ausbauen. Im Fokus stehen geschlossene landwirtschaftliche Kreisläufe, eine höhere Pflanzengesundheit und der Einsatz digitaler Technologien. Die Forschenden wollen unter anderem das Zusammenspiel von Ackerbau, Grünland und Tierhaltung stärken und beispielsweise sogenannten Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung sinnvoll auf den Äckern nutzen.
Verbesserte Sorten, angepasste Fruchtfolgen und neue Strategien für Düngung und Pflanzenschutz sollen zudem die Erträge stabilisieren, die Qualität der Produkte sichern und die Biodiversität weiter fördern. So testet das Team biologische Pflanzenschutzmittel und Biostimulanzien, die Pflanzen dabei unterstützen sollen, Nährstoffe aufzunehmen und gesund zu bleiben. „Das können Mikroorganismen wie zum Beispiel Bakterien und Pilze sein, aber auch bioaktive Substanzen aus Pflanzen-, Algen- oder Kompostextrakten“, erklärt der Co-Sprecher des NOcsPS-Verbunds Professor Ralf Vögele, Phytopathologe an der Universität Hohenheim.
Von KI-gestützter Überwachung bis hin zu sensorgesteuerter Hack- und Striegeltechnik, die Kulturpflanzen, Unkraut und schützenswerte Arten unterscheiden kann: Digitale Verfahren ermöglichen es zudem, Pflanzenschutz präzise einzusetzen und die Unkräuter im Zaum zu halten, ohne die Artenvielfalt zu beeinträchtigen.
Anforderungen von Landwirtschaft, Umwelt und Gesellschaft verbinden
Parallel untersuchen die Forschenden, wie nachhaltig und wirtschaftlich die neuen Systeme im Vergleich zu konventionellem und ökologischem Anbau sind. Stand in der ersten Förderphase vor allem der Ackerbau im Fokus, widmen sie sich nun der gesamten Wertschöpfungskette.
In sogenannten Reallaboren sammeln Landwirtschaft, verarbeitende Betriebe und Handel gemeinsam Praxiserfahrungen und erproben Marktstrategien. Ziel ist es, die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft für NOcsPS-Produkte realistisch einzuschätzen und zu testen, welche Förderinstrumente die Einführung dieser Produkte unterstützen könnten.
„Mit NOcsPS wollen wir ein Anbausystem entwickeln, das den Anforderungen von Landwirtschaft, Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen gerecht wird“, fasst Professor Bahrs den Projektauftrag zusammen.
Erste Förderphase: Erträge zwischen ökologisch und konventionell
Die Grundlage dafür haben die Resultate der ersten Förderphase gelegt: „Unsere bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend“, fährt der Experte fort. „Nach fünf Jahren liegen die Erträge in den NOcsPS-Systemen zwar meist unter denen des konventionellen, aber gleichzeitig über denen des ökologischen Landbaus.
Auch erste Marktanalysen liefern ermutigende Ergebnisse, so Jun.-Prof. Dr. Ramona Weinrich, vom Fachgebiet Verbraucherverhalten in der Bioökonomie: „Unsere Befragungen zeigen, dass die Kundschaft den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel positiv bewertet und bereit ist, für NOcsPS-Produkte einen Preis zu zahlen, der zwischen den konventionellen und ökologischen Varianten liegt.“
„Zudem stabilisiert der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel das ökologische Gleichgewicht und fördert die Ausbreitung von Nützlingen, die Schädlinge auf natürliche Weise in Schach halten“, beschreibt Professor Vögele die positiven Effekte auf die Artenvielfalt. „Diese Systeme könnten künftig auch in Natur- oder Wasserschutzgebieten eine rentable Landwirtschaft ermöglichen.
Mehr zu den ersten Zwischenergebnissen:
https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=63534
HINTERGRUND: Verbundprojekt „LaNdwirtschaft 4.0 Ohne chemisch‐synthetischen PflanzenSchutz“ (NocsPS)
Das Forschungsprojekt „Landwirtschaft 4.0 ohne chemisch-synthetischen Pflanzenschutz (NOcsPS, Aussprache: nʌps)“ zielt darauf ab, nachhaltigere Anbausysteme zu entwickeln, ohne die Ertragsleistung signifikant zu beeinträchtigen. NOcsPS-Anbausysteme verzichten auf chemische Pflanzenschutzmittel, setzen jedoch Mineraldünger ein. Im Rahmen des Verbundprojekts entwickeln und untersuchen die Partner:innen diese neue Ackerbaustrategie – vom Feld bis auf den Markt.
Das Projekt NOcsPS startete am 1. Juni 2019. Die Universität Hohenheim koordiniert das Projekt und bearbeitet 16 Teilprojekte an 20 Fachgebieten. Weitere Projektpartner:innen sind das Julius Kühn-Institut (JKI) mit drei Teilprojekten und die Universität Göttingen mit einem Teilprojekt, die jeweils von weiteren Praxispartner:innen unterstützt werden.
NOcsPS wurde in den vergangenen 4,5 Jahren im Rahmen des Förderprogramms „Agrarsysteme der Zukunft“ vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) bereits mit 5,3 Millionen Euro unterstützt. Jetzt wurde das Projekt bis Ende 2028 verlängert und erhält zusätzlich rund 5 Millionen Euro an Fördergeldern. NOcsPS wird koordiniert von Prof. Dr. Enno Bahrs vom Fachgebiet Landwirtschaftliche Betriebslehre an der Universität Hohenheim.
Weitere Informationen
Website: https://nocsps.uni-hohenheim.de/
NOcsPS-Schlussbericht zu Teilprojekt A:
https://oa.tib.eu/renate/items/60c3e0cd-6a24-4175-9f64-7b9b0826ab67
Pressemitteilung zu den Zwischenergebnissen:
https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=63534
Expertenliste Precision Farming / Smart Farming / Farming 4.0 / Landwirtschaft 4.0:
https://www.uni-hohenheim.de/expertenliste-precision-farming
Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
https://www.uni-hohenheim.de/presse
Text: Stuhlemmer
Prof. Dr. Enno Bahrs, Universität Hohenheim, Fachgebiet Landwirtschaftliche Betriebslehre, +49 (0)711 459 22566, bahrs@uni-hohenheim.de
Digitale Technologien sind ein wichtiger Baustein im Verbundprojekt NOcsPS. Unter Leitung der Univer ...
Quelle: Max Kovalenko
Copyright: Universität Hohenheim
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
Digitale Technologien sind ein wichtiger Baustein im Verbundprojekt NOcsPS. Unter Leitung der Univer ...
Quelle: Max Kovalenko
Copyright: Universität Hohenheim
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