idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
17.09.2004 14:58

Genetischer Risikofaktor für die Arteriosklerose entschlüsselt

Rita Wilp Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen

    Wissenschaftler am Bereich Humanmedizin leiten internationales Genomforschungsprojekt

    (ukg) Einem internationalen Team aus Wissenschaftlern und Ärzten ist es gelungen, einen genetischen Risikofaktor für die Arteriosklerose zu entschlüsseln. Unter Leitung von Dr. Marco Cattaruzza und Prof. Dr. Markus Hecker, Abteilung Herz- und Kreislaufphysiologie am Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen, haben die Forscher erstmals die funktionelle Bedeutung einer Genvariation für die Entstehung der Arteriosklerose aufgeklärt. Minimale Sequenzvariationen wie der Austausch einer einzelnen Base kommen bei den meisten menschlichen Genen vor. Manche von ihnen stehen im Verdacht, Ursache für chronische Erkrankungen zu sein. Ein wesentliches Ziel der medizinischen Forschung ist es deshalb, solche krankmachenden Sequenzvariationen zu identifizieren und funktionell aufzuklären. Mithilfe der dabei gewonnenen Erkenntnisse sollte es zukünftig möglich sein, kausale Therapien für genetisch bedingte Erkrankungen zu entwickeln. Die Ergebnisse der Arbeiten der Göttinger Forschergruppe sind jetzt in der renommierten Fachzeitschrift "Circulation Research" online veröffentlicht worden. http:circres.ahajournals.org/onlinefirst.shtml

    Die Forscher fanden heraus, dass bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, der Vorstufe zum Herzinfarkt und zur Herzmuskelschwäche, gehäuft ein Einzelbasenaustausch in der Kontrollregion des Gens für die endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase vorkommt. An die Kontrollregion von Genen binden Regulatorproteine, welche die Transkription, also die Rate, mit der das Gen abgelesen wird, stimulieren oder hemmen können. Im Fall der homozygoten Variation, das heißt beide Ausprägungen des für die Stickstoffmonoxid-Synthase kodierenden Gens sind betroffen, konnten die Forscher die verstärkte Bindung eines Hemmproteins an die Kontrollregion nachweisen. Folge ist, dass die Transkription des Gens nicht mehr durch den Blutstrom beeinflusst wird und es zu einer generalisierten Verminderung der Bildung von Stickstoffmonoxid im Gefäßendothel kommt. Die ordnungsgemäße Funktion dieser die Blutgefäße innen auskleidenden Zellschicht ist von besonderer Bedeutung bei der Entstehung der Arteriosklerose.

    Die Arteriosklerose, umgangssprachlich auch Arterienverkalkung genannt, ist die häufigste krankhafte Veränderung der Blutgefäße. Arteriosklerosebedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Primärfolgen Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzmuskelschwäche sind mit Abstand führend in der Todesursachenstatistik und ihre Behandlung ist für einen Großteil der Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich. Beim Gesunden ist es insbesondere die kontinuierliche durch den Blutstrom stimulierte Bildung von Stickstoffmonoxid in den Endothelzellen, die der Arteriosklerosebedingten Degeneration der Gefäßwand entgegenwirkt. Insofern werden Störungen in der Bildung beziehungsweise Aktivität dieses Botenstoffs unter anderem für das erhöhte Arterioskleroserisiko bei Patienten verantwortlich gemacht, die einen oder mehrere der klassischen Risikofaktoren wie hoher Blutdruck, hoher Cholesteringehalt im Blut, Zigarettenrauchen und Diabetes aufweisen. Darüber hinaus vermutete man schon lange eine oder mehrere genetische Prädispositionen im Umfeld der Bildung beziehungsweise Wirkung von Stickstoffmonoxid.

    Was die im Universitätsklinikum und im Krankenhaus NeuBethlehem in Göttingen sowie im John Radcliffe Hospital in Oxford (Großbritannien) durchgeführte Studie mit mehr als 400 Patienten und 600 Kontrollpersonen besonders interessant macht ist, dass die untersuchte Genvarianz mit bis zu 15 Prozent homozygoter Träger in der kaukasischen Bevölkerung einerseits recht häufig ist, andererseits durch den Einsatz von so genannten Decoy-Oligonukleotiden funktionell repariert werden kann. Diese Nukleinsäure-basierten Wirkstoffe werden unter anderem von der AVONTEC GmbH, einer Ausgründung aus dem Herzzentrum der Universität Göttingen, bei verschiedenen Indikationen klinisch geprüft. Speziell auf die veränderte Gensequenz zugeschnitten, neutralisierten die Decoy-Oligonukleotide in der nun veröffentlichten Studie das in den Endothelzellen der Träger des Gendefekts wirksame Hemmprotein und ermöglichen so eine Normalisierung der fehlgesteuerten Genexpression. "Auch wenn es sicher noch zu früh ist, um über die Marktchancen eines Medikamentes zur Verhinderung der Arteriosklerose auf dieser Basis zu spekulieren", resümieren die Leiter der Studie, "so unterstreicht die Aufklärung der funktionellen Bedeutung eines solchen Einzelbasenaustausches welches Potenzial in der funktionellen Genomanalyse für die Medizin von Morgen steckt. Zumindest eine Risikoreduktion durch Änderung ihres Lebensstils sollten die betroffenen Patienten bereits jetzt in Erwägung ziehen".

    Weitere Informationen:

    Universität Göttingen - Bereich Humanmedizin
    Abt. Herz- und Kreislaufphysiologie
    Prof. Dr. Markus Hecker
    Humboldtallee 23
    37073 Göttingen
    Tel.: 0551/39 - 5896
    hecker@veg-physiol.med.uni-goettingen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).