Die Treuhand hat bei ihren Privatisierungen eine Note 3 verdient, also befriedigend. Das ist die Auffassung des Wirtschaftsforschers Moritz Lubczyk von der Rockwool Foundation Berlin (RFBerlin) zum 35. Jahrestag der Wiedervereinigung. „Die Treuhand hat nicht alles verbockt, aber auch nicht alles super gelöst. Möglicherweise hätte sie mehr Firmen und mehr Arbeitsplätze retten können.“ Das haben seine umfangreichen Berechnungen ergeben. „Hätte die Treuhand gezielt die Unternehmen mit den höchsten Überlebenschancen ausgewählt, wären fast 97 Prozent der privatisierten Betriebe nach zehn Jahren noch am Markt gewesen. Tatsächlich waren es nur 67 Prozent“, sagt er.
Besonders deutlich werde der Unterschied bei den Arbeitsplätzen: Fast 300.000 zusätzliche Jobs wären möglich gewesen. In der Wirklichkeit hatten die privatisierten Firmen zu Beginn nur rund eine Million Stellen. „Allerdings bleibt offen, ob alle Arbeitsplätze langfristig tatsächlich erhalten geblieben wären, da auch bei den besten Betrieben spätere Entwicklungen unvorhersehbar waren“, sagt Lubczyk.
„Gleichzeitig vermied die Treuhand auch das schlechteste Szenario“, fügt Lubczyk hinzu: Hätte sie die Betriebe mit den geringsten Überlebenschancen ausgewählt, wären nach zehn Jahren nur gut 55 Prozent der Unternehmen am Markt geblieben statt 67 Prozent. „Wenn man mit dem Wissen von heute der Treuhand eine Schulnote geben würde, so wäre es eine 3 – befriedigend“, sagt Lubczyk.
Zur Erläuterung sagt er, die Treuhand habe ihre Entscheidungen häufig nach der Produktivität der Betriebe getroffen: Firmen mit höherer Produktivität seien eher privatisiert worden. Das habe einer pragmatischen Faustregel entsprochen und den gesetzlichen Auftrag der Treuhand widergespiegelt, der eine Orientierung an der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe vorgegeben habe.
Seine Studie zeigt außerdem deutliche Unterschiede innerhalb der Treuhand. Die Zentrale in Berlin habe bei der Auswahl der Firmen erfolgreicher abgeschnitten als die regionalen Niederlassungen. Die von der Zentrale privatisierten Betriebe überlebten häufiger und sicherten mehr Arbeitsplätze. „Wahrscheinlich hatte die Zentrale bessere Ressourcen, mehr Fachwissen und engere Kontakte als die Regionalstellen, die stärker unter Zeit- und Personalmangel litten“, sagt Lubczyk.
Dr. Moritz Lubczyk; ml@rfberlin.com; 0151 / 143 444 67
“The Big Sell: Privatizing East Germany’s Economy” von Lukas Mergele, Moritz Hennicke und Moritz Lubzcyk, in: Journal of Public Economics, Volume 242, February 2025, 105291; doi.org/10.1016/j.jpubeco.2024.105291
https://www.rfberlin.com/treuhand-bewertung
https://cepr.org/voxeu/columns/industrial-policy-lessons-east-germanys-privatisa...
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