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01.10.2025 08:00

iff-Überschuldungsreport 2025 veröffentlicht

Dr. Sally Peters Presse und Kommunikation
institut für finanzdienstleistungen e. V.

    iff-Überschuldungsreport 2025 beleuchtet Ursachen und Schuldensituation der Ratsuchenden von Schuldnerberatungsstellen und zeigt: Gesundheitliche Probleme sind erneut Hauptgrund für Überschuldung (17,6 %), gefolgt von Arbeitslosigkeit (15,3 %) und Trennung (9,1 %). Insgesamt sind 71 % der Fälle auf Krisen und strukturelle Probleme zurückzuführen – nicht auf individuelles Fehlverhalten. Besonders betroffen sind Menschen mit geringem Bildungsabschluss, Alleinlebende und Alleinerziehende (fast 80 % Frauen). Überschuldete Haushalte geben im Schnitt 48 % ihres Einkommens für Wohnen aus. Die durchschnittliche Schuldenhöhe lag 2024 bei 14.908 €.

    Gesundheitliche Probleme durch Krankheiten, Sucht oder Unfälle waren im Jahr 2024 zum zweiten Mal in Folge der häufigste Grund für Überschuldung in Deutschland. Bei 17,6 Prozent der Personen, die eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchten, wurde dies als Ursache für die finanzielle Lage genannt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Arbeitslosigkeit oder reduzierte Erwerbsarbeit mit 15,3 Prozent sowie Scheidung oder Trennung mit 9,1 Prozent. Insgesamt machen diese ereignisbezogenen Faktoren rund 42 Prozent der Überschuldungsgründe aus. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Überschuldung in vielen Fällen auf Lebenskrisen zurückzuführen ist, die außerhalb der individuellen Kontrolle liegen und mit erheblichen sozialen und psychischen Belastungen einhergehen.

    Das sind Ergebnisse des iff-Überschuldungsreports 2025, den das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) jährlich herausgibt und von „Deutschland im Plus – die Stiftung für private Überschuldungsprävention“ gefördert wird. Die aktuelle Auswertung basiert auf den Daten von 213.102 Haushalten, bei denen die Schuldnerberatung zwischen 2013 und 2024 begann.

    Neben Schicksalsschlägen wie Krankheit, Trennung oder Arbeitslosigkeit erhöhen auch herausfordernde Lebenssituationen – an denen die Betroffenen so schnell nichts ändern können – das Risiko einer Überschuldung. Dazu gehören vor allem Einkommensarmut (zehn Prozent) und eine gescheiterte Selbstständigkeit (neun Prozent). Eine vermeidbare Ursache ist hingegen das Konsumverhalten mit 9,7 Prozent. Zusammen verursachen diese sechs häufigsten Gründe in 71 Prozent der Beratungsfälle eine Überschuldung.

    „Die Daten des Überschuldungsreports sprechen eine deutliche Sprache: Überschuldung entsteht nur selten durch individuelles Fehlverhalten“, sagt Philipp Blomeyer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutschland im Plus. „Viel häufiger sind strukturelle Probleme und persönliche Krisen die Ursache. Diese Erkenntnis erfordert ein Umdenken in der öffentlichen Wahrnehmung. Anstatt überschuldete Menschen zu stigmatisieren, brauchen wir soziale Sicherheit, tragfähige Rahmenbedingungen und einfache Zugänge zu präventiven Hilfen.“

    Hohe Wohnkosten in den Städten verschärfen das Überschuldungsrisiko

    Ein wichtiger Faktor für Überschuldung sind auch die hohen Wohnkosten in vielen deutschen Städten. Diese belasten die Personen, die eine Schuldnerberatung aufsuchen, besonders stark. Während sie durchschnittlich 48 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Wohnkosten aufwenden müssen, sind es in der Gesamtbevölkerung nur 26 Prozent. Dies erschwert es für die Betroffenen, Rücklagen zu bilden und liquide zu bleiben.

    Menschen ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss nehmen überdurchschnittlich oft eine Schuldnerberatung in Anspruch. So hatten 18,4 Prozent der Personen, die im Jahr 2024 eine Beratung aufsuchten, keinen Schulabschluss. Dieser Wert liegt fast viermal höher als ihr Anteil von rund fünf Prozent an der Gesamtbevölkerung. Ähnlich ist es bei Menschen mit Hauptschulabschluss. Im Jahr 2024 gehörten 42,1 Prozent der beratenen Personen zu dieser Gruppe. Das entspricht fast dem Doppelten ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung, der bei 24 Prozent liegt. Umgekehrt ist es bei Personen mit Abitur. Sie machen nur elf Prozent der Ratsuchenden aus. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt jedoch bei 31 Prozent.

    Von den verschiedenen Haushaltsformen suchen Alleinlebende am häufigsten eine Schuldnerberatung auf. Ihr Anteil ist mit 61,7 Prozent dreimal höher als in der Gesamtbevölkerung. Bei Alleinerziehenden ist der Wert mit 14,5 Prozent sogar viermal so hoch. Fast 80 Prozent von ihnen sind Frauen. Nur 21,7 Prozent der beratenen Personen leben in einer Partnerschaft.

    „Singles trifft der Anstieg der Lebenshaltungskosten besonders hart“, sagt Dr. Sally Peters, Geschäftsführende Direktorin des instituts für finanzdienstleistungen Hamburg e. V. „Sie schultern ihre Fixkosten allein – oft ohne finanziellen Puffer für den Fall von Krankheit oder Jobverlust. Mit Kindern im Haushalt verschärft sich die Situation zusätzlich. Steigende Fixkosten, ausbleibende Unterhaltszahlungen und unzuverlässige Kinderbetreuung bringen vor allem Alleinerziehende finanziell schnell an ihre Grenzen.“

    Jede fünfte Forderung ist Folge eines Ratenkredits

    Im Jahr 2024 lag die durchschnittliche Schuldenhöhe der beratenen Personen bei 14.908 Euro. Dies entspricht einem leichten Rückgang im Vergleich zu den 15.257 Euro des Vorjahres. Bei der Hälfte der Betroffenen verteilt sich die Summe auf weniger als zehn Gläubiger, bei 29 Prozent sind es sogar weniger als fünf. 24 Prozent haben hingegen Schulden bei mehr als 20 Gläubigern.

    „Viele Menschen wenden sich erst an eine Schuldnerberatung, wenn die Situation bereits unüberschaubar geworden ist“, sagt Dr. Peters. Zunächst versuchen sie, die Probleme allein zu bewältigen, bis ihre Strategien scheitern. Das gesellschaftliche Stigma der Überschuldung verstärkt die Hemmschwelle zusätzlich. Gleichzeitig fehlt es Betroffenen oft an Klarheit darüber, welche Hilfen es gibt, was diese kosten und wie groß der bürokratische Aufwand tatsächlich ist.“

    Der größte Teil der Schulden besteht aus Ratenkrediten mit einem Anteil von 20,7 Prozent. Dabei beträgt die durchschnittliche Forderungshöhe 7.170 Euro. Es folgen Forderungen von öffentlich-rechtlichen Gläubigern und dem Finanzamt mit 17,1 Prozent. Jeweils 9,6 Prozent haben Schulden bei Gewerbetreibenden oder Telekommunikationsanbietern.

    Mit rund 40 Prozent ist die Beantragung eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens der häufigste Abschluss einer Schuldnerberatung. Weitere 19,4 Prozent der Beratungen werden vorzeitig abgebrochen. Nur in sieben Prozent der Fälle gelingt eine erfolgreiche Gesamt- oder Teilsanierung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens.

    Unterstützung und Prävention für gefährdete Gruppen

    „Es war noch nie so wichtig wie heute, Menschen in finanzieller Not niedrigschwellige Unterstützung anzubieten“, erklärt Philipp Blomeyer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutschland im Plus. Um die Hemmschwelle zur Inanspruchnahme von Schuldnerberatung zu senken, bietet die Stiftung Deutschland im Plus in Kooperation mit der Schuldnerhilfe Köln ein leicht zugängliches Angebot an: eine kostenfreie und anonyme telefonische Erstberatung für Menschen in finanziellen Schwierigkeiten. Die Telefonnummer der Beratungshotline lautet 0800/5035851 und ist von Dienstag bis Freitag von 10 bis 13 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 15 bis 18 Uhr erreichbar. Zudem ist das Angebot online verfügbar. https://www.deutschland-im-plus.de/hilfebeischulden/beratungsservice/
    Der vollständige Bericht ist im Internet unter http://www.iff-ueberschuldungsreport.de abrufbar.

    Über das iff
    Das institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) leistet mit Forschung und Beratung einen wichtigen Beitrag zu einem sozial verantwortlichen Finanzsystem und einer fairen Teilhabe. Das iff setzt sich seit seiner Gründung für den Zugang zu Finanzdienstleistungen ein und konzentriert sich vor allem auf finanziell verletzliche Verbraucher:innen. Auftraggeber sind Verbraucherorganisationen, Regierungsstellen, Verbände, Stiftungen, politische Akteure und Finanzdienstleister. Mehr Informationen unter: www.iff-hamburg.de

    Stiftung Deutschland im Plus
    Die Stiftung Deutschland im Plus engagiert sich für die private Überschuldungsprävention in Deutschland. Zu den Aufgaben zählen Workshops zur finanziellen Bildung, Forschungsförderung sowie eine kostenlose und anonyme Beratung für Menschen in finanzieller Not. Mehr Informationen unter: www.deutschland-im-plus.de
    Zu den Aktivitäten der Stiftung Deutschland im Plus: Pamela Sendes Tel: 0911 / 9234950 und E-Mail: pamela.sendes@deutschland-im-plus.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Projektleitung: Dr. Sally Peters (sally.peters@iff-hamburg.de) und Dr. Hanne Roggemann
    (hanne.roggemann@iff-hamburg.de)


    Originalpublikation:

    https://www.iff-hamburg.de/wp-content/uploads/2025/09/Ueberschuldungsreport-2025...


    Weitere Informationen:

    https://www.iff-hamburg.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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