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01.10.2025 12:46

Neues Forschungsprojekt zum Erhalt maritimen Kulturerbes gestartet

Deutsches Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte Kommunikation
Deutsches Schifffahrtsmuseum - Leibniz-Institut für Maritime Geschichte

    Museumsschiffe fit für die Zukunft machen? Diese Idee steckt hinter dem neuen Kooperationsprojekt „NaSchiff“ vom Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven und dem Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT) an der Universität Bremen. Die Forschenden denken erstmals Denkmalschutz, Materialforschung und maritime Museumspraxis zusammen. Start ist der 1. Oktober, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Forschungsprojekt.

    Schiffe sind nicht fürs Museum gebaut – sie sind genau genommen Wegwerfprodukte mit einem klar definierten Lebenszyklus von maximal vier Jahrzehnten. Umso drängender stellt sich die Frage, wie RAU IX, ELBE 3 und Co. als maritime Kulturgüter und Zeugen aus längst vergangenen Zeiten für künftige Generationen bewahrt werden können.

    Dieser Herausforderung widmet sich ab 1. Oktober das Forschungsprojekt „Nachhaltiger Umgang mit Schiffbaustahl (NaSchiff)”. „Viele wissen nicht, dass die Unterhaltung von Stahlschiffen und speziell von Museumsschiffen sehr teuer ist“, sagt Nils Theinert, der das Projekt für das DSM gemeinsam mit der geschäftsführenden Direktorin Prof Dr. Ruth Schilling und dem IWT initiierte.

    „Das Projekt ermöglicht uns, die neuesten thermographischen Messverfahren zu testen, die Rückschlüsse auf den Zustand des Unterwasserschiffes zulassen. Dadurch lassen sich zukünftig maritime Kulturgüter nachhaltiger und kostengünstiger bewahren“, hofft Theinert, der am DSM zum Thema U-Boote promoviert hat. Er verfolgte die emotionale Berichterstattung über die SS UNITED STATES, die trotz jahrzehntelanger Appelle für ihren Erhalt nun als künstliches Riff versenkt werden soll. Nachdem das Schiff lange am Liegeplatz verrostete, ist eine Instandhaltung nun viel zu teuer. Die UNITED STATES ist kein Einzelfall – immer wieder müssen Museumsschiffe verschrottet werden, weil die kostenintensive Korrosionsmessung und -bekämpfung das Budget vieler Museen und ehrenamtlicher Vereine übersteigt. Regelmäßige Werftaufenthalte sind nötig, die mit viel Aufwand vorbereitet werden müssen und viel Geld kosten.

    Jüngstes Beispiel ist das Feuerschiff ELBE 3. Eine Untersuchung des Unterwasserschiffs durch Taucher im Jahr 2019 ergab zunächst eine solide Dicke der Stahlhaut – vier Jahre später musste das gesamte Unterwasserschiff aufwendig und teuer erneuert werden. Im Museumshafen befinden sich derzeit zehn Schiffe und dreizehn größere Metallobjekte.

    „Die Idee von ,NaSchiff' ist es, innovative, umweltverträgliche und kostenschonende Methoden zum Erhalt der Museumsschiffe zu entwickeln. Zum ersten Mal überhaupt werden diese Verfahren an einem unserer Schiffe – der RAU IX – getestet. Für den Walfänger steht im nächsten Jahr ein Werftaufenthalt an, den wir mittels der Forschung hoffentlich gut vorbereiten können und Überraschungen wie im Fall der ELBE 3 künftig vermeiden können“, sagt Prof. Dr. Ruth Schilling, geschäftsführende Direktorin des DSM. „Wir denken Museumspraxis, Denkmalschutz und moderne Materialforschung wie noch nie vorher geschehen zusammen, mit einem uns bekannten Partner“, kündigt Schilling die Zusammenarbeit mit dem IWT an. Bereits für die Sonderausstellung „Zahn der Gezeiten“ forschten die beiden Leibniz-Institute 2018 zusammen zu Restaurierungs- und Konservierungsmethoden. Es folgte 2020 das Projekt „Digital Materialities. Virtual and Analogue Forms of Exhibiting Museums Artefacts“, für das Scans und Röntgenaufnahmen von Museumsobjekten entstanden.

    Das IWT untersucht seit 1950 hochbeanspruchte metallische Strukturwerkstoffe. Der Fokus des Projektes liegt in der Entwicklung eines Messverfahrens zur großflächigen Bestimmung der Rumpfwandstärke.
    Dies soll durch den Einsatz aktiver Infrarotthermografie geschehen. Dabei handelt es sich um ein zerstörungsfreies Prüfverfahren, bei dem eine Oberfläche gezielt thermisch angeregt (erwärmt) wird, um beispielsweise innere Fehler und Risse zu erkennen.

    Das Verfahren soll eingesetzt werden, um Stahlrümpfe von innen großflächig hinsichtlich vorhandener Korrosionsschäden an der Außenseite eines Schiffes zu beurteilen - ganz ohne Taucher und aufwändige Freilegung. „Das Verfahren hat sich beispielsweise bei der zerstörungsfreien Prüfung von Verbundwerkstoffen hinsichtlich Delaminationen (Ablösungen von Faserlaminaten) etabliert. Im Rahmen der Arbeiten trifft modernste Messtechnik auf ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Ich bin daher sehr gespannt auf die ersten Messergebnisse", sagt Dr.-Ing. Andree Irretier vom IWT.

    Im Mittelpunkt der Tests steht der ehemalige Walfänger RAU IX aus dem Jahr 1939, der derzeit im Neuen Hafen auf den Werftaufenthalt wartet. Die neuen Messverfahren können direkt mit den tatsächlichen Rumpfschäden abgeglichen werden – ein großer Gewinn für Forschung und Restaurierungspraxis.
    Gefördert wird das Neun-Monats-Projekt mit 168.568 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). „Geplant ist, innovative Verfahren wie Infrarot- und Laserthermografie einzusetzen, um den Zustand von Museumsschiffen erschwinglicher und mit geringerem Aufwand zu erfassen“, sagt DBU-Fachreferentin Constanze Fuhrmann. Es gehe darum, insbesondere an schwer zugänglichen Bereichen mögliche Schwachstellen frühzeitig und zuverlässig zu identifizieren, ohne die Substanz zu zerstören. Fuhrmann: „So lassen sich konservatorische Maßnahmen fundierter, gezielter und zugleich ressourcenschonender planen.“

    Die Ergebnisse, die bei der Untersuchung der RAU IX entstehen, sollen für andere Museumsschiffe genutzt werden. „Ich freue mich, dass wir Vorreiter für dieses neue Verfahren sein werden, das bisher nur an einer Rakete im Deutschen Museum getestet wurde. Langfristig wird es uns helfen, die Museumsschiffe kostengünstiger und effektiver zu erhalten“, sagt Theinert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Nils Theinert
    N.Theinert@dsm.museum


    Weitere Informationen:

    https://www.dsm.museum/pressebereich/materialforschungstrend-trifft-auf-historis...


    Bilder

    Der Walfänger RAU IX im Neuen Hafen.
    Der Walfänger RAU IX im Neuen Hafen.
    Quelle: Dr. Lars Kröger
    Copyright: DSM / Dr. Lars Kröger


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Der Walfänger RAU IX im Neuen Hafen.


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