idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
13.10.2025 21:00

Wie Mikroben Methanemissionen aus Grundwasser eindämmen

Juliane Seeber Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Ein Team des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und der Uni Jena zeigt in einer aktuellen Studie, dass Mikroorganismen mehr als die Hälfte des im Grundwasser enthaltenen Methans verbrauchen, bevor es entweichen kann.

    [Gemeinsame Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und der Friedrich-Schiller-Universität Jena]

    Grundwasser enthält häufig Methan, doch wie viel von diesem wichtigen Treibhausgas tatsächlich in Oberflächengewässer oder die Atmosphäre gelangt, ist bislang unklar. Ein Team des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und der Friedrich-Schiller-Universität Jena konnte nun zeigen, dass Mikroben im Grundwasser Methanemissionen erheblich reduzieren. Das belegt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht wurde. Die Forschenden nutzten eine hochsensitive Radiokohlenstoff-Tracermethode, um nachzuweisen, dass Mikroorganismen mehr als die Hälfte des im Grundwasser enthaltenen Methans verbrauchen, bevor es entweichen kann. Dieser mikrobielle „Methanfilter“ begrenzt den Beitrag des Grundwassers zu Binnengewässern und Feuchtgebieten – den größten natürlichen Methanquellen der Atmosphäre.

    Methan ist ein starkes Treibhausgas: Seine Wärmespeicherfähigkeit ist kurzfristig etwa 84-mal höher als die von Kohlendioxid. Rasche Reduktionen der Methanemissionen zählen daher zu den wirksamsten Maßnahmen gegen die globale Erwärmung. Grundwasser kann Methan aus mikrobiellen oder fossilen Quellen enthalten. In hohen Konzentrationen kann es die Trinkwasserqualität beeinträchtigen und in Böden, Oberflächengewässer oder in die Atmosphäre entweichen. Mikrobielle Oxidation ist der einzige bekannte biologische Prozess, der Methan abbaut. Der Beitrag des Grundwassers zum globalen Methanhaushalt ist jedoch bislang sehr unsicher.

    Unter Verwendung einer neu verfeinerten Radiokohlenstoff-Tracermethode bestimmten Beatrix M. Heinze, Valérie F. Schwab, Kirsten Küsel und Susan Trumbore, Max-Planck-Institut für Biogeochemie und Universität Jena, die mikrobielle Methanoxidation in Grundwässern unterschiedlicher Gesteinsarten und Methankonzentrationen – in Zusammenarbeit mit Stefan Schloemer und Andreas Roskam von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie dem Landesamt für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz.

    „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein hochaktiver mikrobieller Methanfilter im Grundwasser eine entscheidende Rolle dabei spielt, die Freisetzung von Methan in Oberflächengewässer, Böden und Atmosphäre zu begrenzen“, erklärt Doktorandin Beatrix M. Heinze.

    Methanabbau hängt von der Konzentration ab

    Das Team beprobte Grundwässer aus flachen Karbonat- und Sandstein-Aquiferen in Mittel- und Norddeutschland, deren Methankonzentrationen sich über fünf Größenordnungen erstreckten – von kaum nachweisbar bis übersättigt. Die Raten der mikrobiellen Methanoxidation variierten ähnlich stark und korrelierten eng mit der Methankonzentration im Grundwasser.

    „Unsere Methode ermöglichte es uns nicht nur, die mikrobielle Methanoxidation zu quantifizieren, sondern auch zu bestimmen, wie viel des Methans die Mikroben für den Aufbau von Biomasse nutzen“, erläutert Heinze. „Wir fanden heraus, dass Grundwassermikroben Methan hauptsächlich zur Energiegewinnung und weniger für das Wachstum verwenden.“

    Zur Entwicklung und Verfeinerung dieser Methode absolvierte Heinze einen Forschungsaufenthalt an der University of California, Irvine, gefördert durch die „Scientific Exchange Funds“ des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“. Diese Aufenthalte ermöglichten ihr, fortgeschrittene Radiokohlenstoff-Methoden zur Analyse mikrobieller Methanoxidation im Grundwasser zu erlernen und anzuwenden.

    Der Methanumsatz – also die Zeit, die Mikroben benötigen, um das verfügbare Methan vollständig zu verbrauchen – reichte von wenigen Tagen bis zu mehreren Jahrzehnten, abhängig von der Konzentration. „Während an vielen Standorten Methan vermutlich vollständig durch Grundwassermikroben abgebaut wird, könnten einige Orte in Norddeutschland mit besonders hohen Methankonzentrationen bedeutende Quellen für Methanemissionen aus Feuchtgebieten oder Flüssen sein“, erklärt Susan Trumbore, Direktorin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. „Unsere Studie verdeutlicht die großen Unsicherheiten über die Rolle von Binnengewässern als natürliche Methanquellen und die Notwendigkeit belastbarer Basisdaten für zukünftige Bewertungen.“

    Mikroben entfernen weltweit mehr als die Hälfte des Grundwasser-Methans

    Angesichts des starken Zusammenhangs zwischen Methanoxidationsraten und Methankonzentrationen sammelten die Autorinnen und Autoren veröffentlichte Daten zu Methankonzentrationen in Grundwässern weltweit. Durch Extrapolation ihrer Ergebnisse schätzen sie, dass methanoxidierende Mikroben jährlich zwischen 167 und 778 Teragramm Methan abbauen – das entspricht etwa zwei Dritteln der global im Grundwasser produzierten Methanmenge. Zum Vergleich: Schätzungen zufolge emittieren Binnengewässer und Feuchtgebiete zusammen 164 bis 329 Teragramm Methan pro Jahr.

    Neben der Klimawirkung kann Methan in hohen Konzentrationen auch ein Risiko für die Grundwasserqualität darstellen. „Unsere Methode kann helfen, potenzielle Risiken selbst in Aquiferen zu erkennen, die als sauber und sicher gelten“, sagt Kirsten Küsel, Sprecherin des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Die Ergebnisse verdeutlichen die Dringlichkeit eines nachhaltigen Grundwassermanagements – zum Schutz des Klimas und unserer Trinkwasserressourcen.“

    Die Studie entstand im Rahmen des Sonderforschungsbereichs AquaDiva, der von Kirsten Küsel, Susan Trumbore und Kai Totsche geleitet wird. Dieses interdisziplinäre Forschungsprojekt untersucht die Wechselwirkungen zwischen Oberflächen- und Untergrundökosystemen und deren Reaktionen auf Umweltveränderungen. Durch die Verbindung von Expertise aus Biogeochemie, Hydrogeologie und Mikrobiologie will AquaDiva die komplexen Prozesse verstehen, die Grundwasserökosysteme steuern und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel beeinflussen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Susan E. Trumbore
    Max-Planck-Institut für Biogeochemie
    Hans-Knöll-Str. 10, 07745 Jena
    Tel.: +49-3641-57-6110
    E-Mail: trumbore@bgc-jena.mpg.de

    Prof. Dr. Kirsten Küsel
    Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“ der Universität Jena
    Institut für Biodiversität, Ökologie und Evolution
    Dornburger Straße 159, 07743 Jena
    Tel.: +49-3641-9-49461
    E-Mail: kirsten.kuesel@uni-jena.de


    Originalpublikation:

    Heinze, Beatrix M. et al. Microbial oxidation significantly reduces methane export from global groundwaters, Proceedings of the National Academy of Sciences 2025, DOI: 10.1073/pnas.2508773122


    Bilder

    Prof. Susan Trumbore (vorn), Dr. Valérie Schwab (hinten) und Beatrix Heinze (links) bei der Grundwasserprobenahme im Hainich-Exploratorium zur Erforschung der "Critical Zone“.
    Prof. Susan Trumbore (vorn), Dr. Valérie Schwab (hinten) und Beatrix Heinze (links) bei der Grundwas ...
    Quelle: Foto: Falko Gutmann


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Geowissenschaften, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Prof. Susan Trumbore (vorn), Dr. Valérie Schwab (hinten) und Beatrix Heinze (links) bei der Grundwasserprobenahme im Hainich-Exploratorium zur Erforschung der "Critical Zone“.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).