Mit dem Nobelpreis ausgezeichnete MOF-Forschung erfolgreich an der Universität Magdeburg
Chemikerinnen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg forschen seit Jahren an einer Materialklasse, die in dieser Woche mit dem Nobelpreis für Chemie 2025 ausgezeichnet wurde. Am Lehrstuhl für Technische Chemie untersuchen Prof. Dr. Franziska Scheffler und Dr. Alexandra Lieb sogenannte metall-organische Gerüstverbindungen (Metal-Organic Frameworks, MOFs), Materialien, die aufgrund der Kombination aus verschiedenen anorganischen und organischen „Baueinheiten“ eine große Vielzahl an Strukturen mit unterschiedlichen Eigenschaften ermöglichen. Diese hochporösen Materialien gelten als eine der spannendsten Entwicklungen der modernen Chemie und werden wegen ihrer enormen inneren Oberfläche und Vielseitigkeit häufig als „molekulare Schwämme“ bezeichnet.
„MOFs können Wärme, Kälte oder Gase speichern, chemische Reaktionen steuern und CO₂ aus Abgasen herausfiltern. Das macht sie zu einem Schlüsselmaterial für die Energiewende“, sagt Prof. Scheffler.
Die mit dem Nobelpreis geehrten Forscher Omar Yaghi (USA), Susumu Kitagawa (Japan) und Richard Robson (Australien) hatten in den 1990er-Jahren erstmals solche hochporösen Strukturen entwickelt und damit die Grundlage für zahlreiche Anwendungen in der Energie- und Umwelttechnik gelegt. Ihre Entdeckung hat die Materialwissenschaft revolutioniert und prägt auch die Forschung an der Universität Magdeburg.
Poren mit Potenzial
Metall-organische Gerüstverbindungen bestehen aus Metallionen oder Metallclustern, die über organische Moleküle (Liganden) zu einem dreidimensionalen Netzwerk verbunden sind. Diese Gerüststruktur bildet ein fein verzweigtes Porensystem im Nanometerbereich, in dem sich Moleküle einlagern können. „Einige MOFs besitzen eine innere Oberfläche von über 5.000 Quadratmetern pro Gramm, also mehr als ein Fußballfeld in einem Teelöffel", so Prof. Scheffler.
Diese außergewöhnliche Struktur verleiht MOFs ihre Vielseitigkeit: Sie können gezielt für bestimmte Anwendungen „designt“ werden, etwa zur thermischen Energiespeicherung, zur Kältebereitstellung, zur CO₂-Abscheidung, als Trägersysteme für Wirkstoffe oder zur Katalyse chemischer Reaktionen.
Magdeburger Forschung an der Schnittstelle zwischen Labor und Anwendung
Am Lehrstuhl für Technische Chemie erforscht das Team um Prof. Franziska Scheffler und Dr. Alexandra Lieb seit 2009 die Einsatzmöglichkeiten von MOFs in realen technischen Prozessen. Im Mittelpunkt stehen Verfahren zur CO₂-Abscheidung aus industriellen Abgasen sowie zur energetischen Nutzung von Wärme und Kälte. Dabei untersuchen die Forschenden, wie sich die Materialien unter wechselnden Bedingungen verhalten und wie sie sich industriell verarbeiten lassen.
Gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg arbeitet der Doktorand Zunain Ayaz an sogenannten MOF-Kompositen, die in mikrowellenunterstützten Prozessen CO₂ besonders effizient binden und freisetzen können. Diese Verfahren sollen in Zukunft energieärmer und schneller ablaufen als herkömmliche Sorptionsprozesse.
„Viele MOFs liegen als feine Pulver vor und sind dadurch schwer handhabbar“, erklärt Dr. Alexandra Lieb. „Wir entwickeln Methoden, um sie zu Granulaten zu verarbeiten, etwa durch Mischgranulierung, Wirbelschichtagglomeration oder schablonengestützte Verfahren. So können sie in technischen Anlagen eingesetzt werden.“
Aber auch die Entwicklung von Kompositen, bei denen keramische Schäume als Träger für verschiedene MOFs genutzt werden, ist ein Thema, an dem in Magdeburg fakultätsübergreifend in enger Kooperation geforscht wird. Am Lehrstuhl für Nichtmetallische Werkstoffe von Prof. Michael Scheffler an der Fakultät für Maschinenbau untersucht Dr. Ulf Betke, wie sich maßgeschneiderte MOF-Schichten auf unterschiedlichen Keramikträgern synthetisieren lassen und so die technischen Anwendungsmöglichkeiten erweitert werden können.
Um die Vorgänge im Innern der MOFs zu verstehen, untersucht Dr. Lieb deren atomaren Aufbau und arbeitet dazu mit der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble, Frankreich, und Prof. Pascal D. C. Dietzel von der Universität Bergen (Norwegen) zusammen. Dort werden hochauflösende Beugungsexperimente mit Synchrotronstrahlung durchgeführt, um strukturelle Veränderungen während der Gasaufnahme live zu verfolgen.
Ergänzt wird die Forschung an der Universität Magdeburg durch Prof. Dr. Hana Bunzen, die seit April 2025 den Lehrstuhl für Anorganische Chemie leitet. Sie beschäftigt sich mit funktionalen Koordinationsverbindungen, zu denen auch MOFs zählen, und untersucht ihre Anwendungen an der Schnittstelle von Medizin und Umwelt. Ziel ihrer Arbeiten ist es, MOFs als multifunktionale Plattformen nutzbar zu machen – etwa als Trägermaterialien für Medikamente, die ihre Wirkstoffe gezielt am gewünschten Ort im Körper freisetzen, oder zur Entfernung von Schadstoffen aus Wasser und Luft. Außerdem erforscht ihr Team den Einsatz von MOFs in der Biokatalyse, wo sie Enzyme stabilisieren und chemische Reaktionen effizienter gestalten können. „Meine Vision ist ein Material, das Medikamente sicher verpackt und sie erst am gewünschten Wirkort freigibt“, sagt Prof. Bunzen.
„Der Nobelpreis bestätigt, dass wir an einem Zukunftsthema arbeiten“, sagt Scheffler. „MOFs sind ein Beispiel dafür, wie Grundlagen- und angewandte Forschung an der Universität Magdeburg in die großen Herausforderungen unserer Zeit hineinwirkt: Energie, Klima und Nachhaltigkeit, aber auch Wirkstoffforschung und Medizin.“
Prof. Franziska Scheffler
Institut für Chemie
0391-67-58824
franziska.scheffler@ovgu.de
Prof. Hana Bunzen, Prof. Franziska Scheffler, Dr. Alexandra Lieb (von links nach rechts) vom Institu ...
Quelle: Jana Dünnhaupt
Copyright: Uni Magdeburg
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Chemie
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Prof. Hana Bunzen, Prof. Franziska Scheffler, Dr. Alexandra Lieb (von links nach rechts) vom Institu ...
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