Wird ein Unternehmen von einem ökonomischen Schock getroffen, entlässt es eher Beschäftigte nah an den jeweiligen Mindestlohngrenzen als höher bezahlte Angestellte. Letztere büßen dagegen tendenziell Teile ihres Einkommens ein. Dass beides zusammenhängt, zeigt eine neue ZEW-Studie, die kürzlich im renommierten Journal of Labor Economics publiziert wurde und die auf Daten aus der Metallbranche basiert. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage der deutschen Metallindustrie sind die Ergebnisse relevant für Manager/innen und politische Entscheider/innen.
„Nationale und tarifliche Mindestlöhne sollen Beschäftigte mit niedrigem Lohn schützen – bei wirtschaftlichen Schocks werden aber niedrigbezahlte Beschäftigte zuerst entlassen. Die Studie beobachtet, dass dadurch die Produktivität sinkt und sich in der Folge auch die Gehälter von besser bezahlten Mitarbeitenden reduzieren“, erklärt Effrosyni Adamopoulou, PhD, Ko-Autorin der Studie und stellvertretende Leiterin der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“.
Abhängigkeit durch Arbeitsteilung
In vielen Branchen besteht bei der Produktivität eine Abhängigkeit zwischen Beschäftigten mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus. In der Metallindustrie beispielsweise setzen geringer qualifizierte Angestellte Komponenten zusammen, während höher Qualifizierte u.a. die Qualitätsstandards der zusammengesetzten Teile sicherstellen.
Wird ein Unternehmen von einem ökonomischen Schock getroffen, ausgelöst beispielsweise durch unterbrochene Lieferketten, werden alle Angestellten weniger produktiv. Angestellte nahe am Mindestlohn werden daraufhin eher entlassen, da Unternehmen den Mindestlohn nicht unterschreiten dürfen. Weil weniger geringqualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, sinkt die Produktivität der hochqualifizierten Arbeitskräfte noch weiter. Entsprechend sinken dann auch deren Löhne.
„Da Beschäftigte mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus bei der Arbeit voneinander abhängig sind, erhöhen Mindestlöhne letztlich auch Einkommensschwankungen bei hochqualifizierten Arbeitnehmenden“, so Adamopoulou.
Daten aus 20 Jahren metallverarbeitender Industrie
Die Studie konzentriert sich auf den italienischen Metallverarbeitungssektor zwischen 1995 und 2015 und stützt sich auf zugeordnete Daten von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden sowie auf Unternehmensbilanzen. Zugrunde liegt ein detaillierter Datensatz von über 35.000 Angestellten bei Unternehmen aus der Metallbranche in Italien mit je über 20 Mitarbeitenden. Diese Daten wurden um weitere Informationen zu verhandelten Gehaltsklassen aus Tarifverträgen ergänzt.
Die Branche eignet sich ideal für die Analyse dieser Auswirkungen, da die Tarifverträge mehrere Lohnuntergrenzen für alle Berufe vorschreiben. Die Ergebnisse bestätigen, dass Beschäftigte mit hohen Löhnen in Unternehmen mit einem hohen Anteil an Mindestlohnempfängern/-innen größere Lohnkürzungen erfahren, wenn ihr Unternehmen von negativen Schocks betroffen ist.
Effrosyni Adamopoulou, PhD
Stellvertretende Leiterin der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“
Telefon +49 (0)621 1235-296
E-Mail: Effrosyni.Adamopoulou@zew.de
https://doi.org/10.1086/739080
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