Zwischen Objekten, die nur wenige Moleküldurchmesser auseinanderliegen, wird rund hundertmal soviel Wärme übertragen wie es bisherige physikalische Theorien vorhersagen. Dieses bereits vor einigen Jahren beobachtete Phänomen hat ein Forschungsteam der Universität Oldenburg nun mit besonders genauen Messungen bestätigt. Die Forschenden berichten in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters, dass die Ursache für den Effekt physikalisch bislang nicht erklärbar ist. Die Studie könnte den Weg dafür bereiten, die Temperatur von Nanosystemen besser kontrollieren zu können, etwa in Elektronik oder Optik.
Zwischen Objekten, die nur ein paar Moleküldurchmesser auseinanderliegen, wird mehr Wärme übertragen als es bisherige physikalische Theorien vorhersagen. Dieses bereits vor einigen Jahren beobachtete Phänomen hat ein Forschungsteam der Universität Oldenburg nun mit besonders genauen Messungen bestätigt: Bei Abständen, die nur wenige Milliardstel Meter (Nanometer) groß sind, ist der Wärmefluss von einer warmen Messsonde zu einer kalten Probenoberfläche etwa hundertmal so groß wie es theoretische Vorhersagen erwarten lassen, berichten die Forschenden um Prof. Dr. Achim Kittel und PD Dr. Svend-Age Biehs in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters. Die Messung bestätigt damit Experimente der Oldenburger Gruppe aus dem Jahr 2017, denen zufolge der Wärmefluss im „extremen Nahfeldbereich“ deutlich stärker ist als bislang angenommen. Die Ursache dafür ist noch unverstanden.
Wie Wärme zwischen zwei Objekten durch Wärmestrahlung übertragen wird, beschreiben das Plancksche und Kirchhoffsche Strahlungsgesetz. Anhand der fundamentalen Formeln des Physikers Max Planck lässt sich errechnen, wie groß die Energie ist, die ein Körper maximal als Wärme abstrahlen kann. Bereits seit einiger Zeit ist bekannt, dass diese Grenze im Nahfeld – bei Abständen von weniger als zehn Mikrometern, also Millionstel Metern – nicht mehr gilt: Der Wärmefluss von einem Körper zum anderen kann den vom Planckschen Gesetz vorhergesagten Wert um den Faktor tausend übertreffen. Dieses Phänomen ist experimentell und theoretisch gut verstanden. „Im Nahfeld kann im Prinzip jedes Material sehr viel mehr Wärme übertragen, als es dem Planckschen Strahlungsgesetz zufolge möglich sein sollte“, erläutert Biehs.
2017 fand ein Oldenburger Team um Kittel und Biehs überraschend Hinweise darauf, dass die Wärmeübertragung bei noch geringeren Abständen – unterhalb von rund zehn Nanometern – noch einmal drastisch ansteigt. Die Messungen hatten sie mit einer Art Wärmekamera für den Nanobereich durchgeführt, dem weltweit einzigartigen, in Oldenburg entwickelten Nahfeldrasterwärmemikroskop. Allerdings konnte das Team nicht zweifelsfrei ausschließen, dass der Effekt durch Verunreinigungen oder Messfehler zu erklären ist.
In der aktuellen Studie änderten die Forschenden daher ihre Messanordnung, um den Übergang der Wärmeübertragung vom Nahfeld zum extremen Nahfeld in verschiedenen Abständen besonders präzise zu messen. Vor Beginn der Messungen reinigten sie sowohl Messsonde als auch die Probe, einen dünnen Goldfilm, besonders gründlich in mehreren Schritten. Als Sonde des Wärmemikroskops verwendeten sie diesmal statt einer scharfen Spitze eine mit Gold überzogene Kugel. Dies ging zwar auf Kosten der Genauigkeit bei der räumlichen Vermessung der Probe, erlaubte es jedoch, den Wert der übertragenen Wärme mit hoher Präzision zu messen. „Wir haben quasi aus einem Ferrari einen Traktor gemacht, dadurch aber die Messgenauigkeit für die Wärmeübertragung am Übergang vom Nahfeld zum extremen Nahfeld erhöht“, erklärt Kittel.
Die Experimente führte der Student Fridolin Geesmann in seiner Bachelorarbeit unter Mitwirkung von Philipp Thurau und Sophie Rodehutskors durch. Das Ergebnis: Die Wärmeübertragung im extremen Nahfeld steigt gegenüber den erwarteten Werten noch einmal um den Faktor hundert an. Die Gruppe ist sich nun sicher, dass Messfehler ausgeschlossen werden können und es sich tatsächlich um einen physikalisch bislang nicht erklärbaren Effekt handelt. „Das ist sicherlich von weitereichender Bedeutung, da das Ergebnis das bisherige Verständnis der Wärmeübertragung im Nanometerbereich in Frage stellt“, so Kittel. Es lohne sich, genauere theoretische Überlegungen anzustellen, um eine mögliche Erklärung zu finden.
Die neuen Erkenntnisse könnten es Forschenden zudem ermöglichen, die Temperatur von Nanosystemen besser zu kontrollieren, etwa in Elektronik oder Optik. Dort kann es beispielsweise nötig sein, Objekte berührungsfrei aufzuheizen oder auch zu kühlen, etwa Spiegel in hochpräzisen Laserexperimenten.
Prof. Dr. Achim Kittel, Tel.: 0441/798-3539, E-Mail: kittel@uol.de
PD Dr. Svend-Age Biehs, Tel.: 0441/798-3069, E-Mail: s.age.biehs@uol.de
Fridolin Geesmann et al.: „Transition from near-field to extreme near-field radiative heat transfer”, Physical Review Letters, https://doi.org/10.1103/lcz1-f5v9
https://uol.de/monet
https://uol.de/teqno
https://uol.de/aktuelles/artikel/mut-zur-luecke-3308
https://uol.de/pressemitteilungen/2017/049
Die Oldenburger Wärmekamera für den Nanobereich verbirgt sich in einer Vakuumkammer innerhalb ein ...
Copyright: Foto: Universität Oldenburg / Matthias Knust
Ein Blick auf das Nahfeldrasterwärmemikroskop: Das einzigartige Gerät kann den Wärmefluss zwische ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Energie, Informationstechnik, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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