idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.10.2025 08:15

Einkommensverlust nach Geburt weit höher als bisher gedacht

Fabian Oppel Presse und Redaktion
ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

    Der Einkommensverlust von Müttern nach der ersten Geburt ist in Deutschland noch wesentlich größer als bisher angenommen. Mütter verdienen im vierten Jahr nach der Geburt durchschnittlich fast 30.000 Euro weniger als gleichaltrige Frauen noch ohne Kinder – mit langfristigen Auswirkungen auf Karriere und die spätere Rente. Bisherige Schätzungen lagen bei rund 20.000 Euro und damit etwa 30 Prozent zu niedrig. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des ZEW Mannheim mit der Universität Tilburg.

    „Werden Frauen unter 30 Jahren erstmals Mutter, erleiden sie einerseits Verluste im gegenwärtigen Einkommen, andererseits verpassen sie auch wichtige Karriereschritte in der besonders prägenden frühen Berufsphase mit entsprechenden Folgen für ihren weiteren Werdegang. Frauen, die zu einem späteren Zeitpunkt Kinder bekommen, haben diese Phase mit häufig hohem Lohnwachstum bereits durchlaufen und sich im Arbeitsmarkt etabliert. Deshalb verzeichnen sie in absoluten Zahlen stärkere Einbußen im Einkommensniveau, beispielsweise durch reduzierte Arbeitszeiten. Langfristig gelingt es ihnen aber besser, ihre Karriere nach der Geburt wieder aufzunehmen. Die Verluste nach der ersten Geburt entwickeln sich also unterschiedlich für Mütter unterschiedlichen Alters“, erklärt Studien-Koautor Dr. Lukas Riedel aus der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“.

    „Je älter und damit berufserfahrener die Mutter, desto geringer sind nach einigen Jahren die Verluste gegenüber dem Einkommen vor der Geburt. Da jüngere Mütter durch die Geburt auch Lohnwachstum verpassen, sind ihre relativen Verluste größer und weisen in der Zeit nach der Geburt zudem einen deutlich negativen Trend auf. Sie können den Karriererückstand nach der Geburt also oft nicht mehr aufholen“, ergänzt Riedel.

    Verzerrte Ergebnisse korrigiert

    Die beobachteten Einkommensverluste bei Müttern nach der ersten Geburt werden häufig als „Child Penalty“ bezeichnet. In der aktuell gängigen Methode werden diese Verluste mithilfe sogenannter Event Studies geschätzt. Die Forschung entwickelte sich methodisch allerdings weiter. Deshalb kann die ZEW-Studie zeigen, dass die konventionelle Event Study Schwachstellen hat und zu verzerrten Ergebnissen führt.

    Bleibt das Alter bei der ersten Geburt außen vor, werden Mütter untereinander verglichen, obwohl beide Gruppen bereits die Auswirkungen der Geburt auf ihr Einkommen erfahren. Für verlässliche Ergebnisse müssten Mütter aber mit gleichaltrigen Frauen verglichen werden, die noch keine Kinder haben. Die Autoren schlagen deshalb ein angepasstes Verfahren vor: „Unsere Schätzmethode nutzt nur saubere Vergleiche mit gleichaltrigen Frauen, die noch kein Kind haben. So können wir die Einkommensentwicklung im Fall ohne Geburt realistisch abbilden sowie die weiter fortgeschrittenen Karrieren älterer Mütter berücksichtigen“, sagt Valentina Melentyeva, Koautorin von der Universität Tilburg in den Niederlanden.

    „Dieses Vorgehen erlaubt nicht nur, die Einkommensverluste nach der Geburt abhängig vom Alter der Mütter zu schätzen. Zusätzlich lassen sich so auch unterschiedliche Ursachen für die Gehaltsunterschiede analysieren“, ergänzt Riedel.

    Amtliche Statistiken zu über 186.000 Müttern

    Die ZEW-Studie überprüft das bisher gängige „Event Study“-Modell, das zur Ermittlung von Einkommensverlusten nach der ersten Geburt herangezogen wird. Sie verwendet amtliche deutsche Daten von über 186.000 Müttern aus der „Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien“, erhoben zwischen 1975 und 2021.

    Allgemein gilt, dass die geburtsbedingten Einkommensverluste langfristige Auswirkungen haben. Vergleichsweise traditionelle Geschlechterrollen in Deutschland und ein Kinderbetreuungsangebot, das trotz mehrerer Ausbauschritte oft keine Vollzeitarbeit erlaubt, tragen häufig zu dauerhafter Teilzeitarbeit von Müttern bei, sodass beispielsweise für sie häufig auch die Rentenzahlungen niedriger ausfallen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Lukas Riedel
    Wissenschaftler in der ZEW-Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“
    Tel.: +49 (0)621 1235-353
    E-Mail: Lukas.Riedel@zew.de


    Originalpublikation:

    https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp25033.pdf


    Bilder

    Einkommensverlust nach der ersten Geburt, absolut und relativ zum Einkommen vor der Geburt
    Einkommensverlust nach der ersten Geburt, absolut und relativ zum Einkommen vor der Geburt

    Copyright: ZEW


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Gesellschaft, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Einkommensverlust nach der ersten Geburt, absolut und relativ zum Einkommen vor der Geburt


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).