In einer aufwändigen Längsschnittstudie untersuchte ein internationales Autorenteam um die Jenaer Psychologin Dr. Carina Heller den Einfluss der weiblichen Hormone im Zyklusverlauf auf die Muster der Hirnplastizität. Dabei wurde auch die Wirkung hormoneller Verhütung und von Zyklusstörungen wie bei Endometriose berücksichtigt. Die jetzt im Fachjournal Nature Neuroscience veröffentlichten Ergebnisse belegen, dass alle Hirnbereiche den hormonbedingten Schwankungen unterliegen und zu ihrem Verständnis der Blick über den normalen Menstruationszyklus hinaus wichtig ist.
Morgenroutine für die Wissenschaft: Fünf Wochen lang ließen sich drei Frauen und ein Mann jeden Tag nach dem Frühstück ins MRT schieben. Nach dem Hirnscan wurde noch eine Blutprobe genommen und die Konzentration der Eierstock-Hormone Östradiol und Progesteron bestimmt. Auch beantworteten die Versuchspersonen täglich Fragebögen zu Stimmung und Ängstlichkeit. Mit dieser aufwändigen Messreihe verfolgte ein Forschungsteam um die Jenaer Psychologin Dr. Carina Heller, wie sich die Hirnstruktur im Verlauf des weiblichen Hormonzyklus ändert. Um den Einfluss der Hormone besser zu verstehen, wählten sie dafür eine Frau mit regelmäßigem natürlichem Zyklus, eine Frau, die hormonelle Verhütungsmittel einnimmt, eine Frau mit Endometriose und einen Mann, dessen Hormone nicht den zyklischen Veränderungen unterliegen. Zusätzlich betrachtete das Team den frei zugänglichen 28andMe-Datensatz einer weiteren Frau mit einem typischen Menstruationszyklus.
Die natürlichen Schwankungen der Sexualhormone steuern den Menstruationszyklus bei Frauen während der gesamten fruchtbare Lebensphase. Da auch das Gehirn mit Sexualhormonen ausgestattet ist, unterliegt es ebenso entsprechenden Veränderungen. Im gesamten Gehirn, über den vollständigen Zyklus und bei unterschiedlichen hormonellen Konstellationen waren diese noch nie untersucht worden. Die MRT-Messungen zeigten, dass diese Veränderungen nicht nur einzelne Region betreffen, sondern das gesamte Gehirn, einschließlich des Kleinhirns und der subkortikalen Strukturen. „Erstaunlicherweise ergaben bei allen vier Frauen die Volumenänderungen des Gehirns über den Zyklus etwa dasselbe Muster der Hirnregionen. Wie sich aber die Hirnstruktur einer bestimmten Region ändert, unterschied sich individuell je nach den hormonellen Bedingungen deutlich“, erklärt die Erstautorin Carina Heller, die derzeit als Gastwissenschaftlerin an der University of Minnesota und an der University of California in Santa Barbara forscht.
Bei den Frauen mit typischem Zyklus bestimmte vor allem Progesteron die Schwankungen in der Hirnstruktur. Im Gegensatz dazu scheint Östradiol, wenn es das dominierende Hormon während des gesamten Zyklus ist – wie bei der Endometriose oder der Einnahme der Pille – auch auf die strukturelle Gehirndynamik einen größeren Einfluss auszuüben. Carina Heller: „Eine zentrale Erkenntnis unserer Studie ist, dass die Gehirn-Hormon-Kopplung nicht universell, sondern vom hormonellen Milieu abhängig ist. Und dass wir uns bei der Erforschung dieses Zusammenhangs nicht auf ‚normale‘ Zyklen beschränken dürfen.“
Weil die Daten von sehr wenigen Testpersonen stammen, können die Resultate nicht uneingeschränkt verallgemeinert werden. Es sind breiter angelegte Messungen notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen und die interindividuelle Variabilität zu untersuchen. Das Längsschnittdesign, also die wiederholten Messungen bei denselben Personen, ermöglichen es jedoch, individuelle räumlich-zeitliche Muster aufzudecken, die in großen Querschnittsstudien oft verborgen bleiben.
Als individuelle Längsschnittstudie hat das Projekt seinen Anfang genommen: Carina Heller wollte den Einfluss hormoneller Verhütungsmittel auf das Gehirn untersuchen und legte sich dafür selbst ins MRT – jeweils einen Monat lang bevor sie die Pille nahm, währenddessen und nach Absetzen. Ein Datenset der jetzt vorgestellten Studie stammt von der jungen Wissenschaftlerin selbst. „Es ist mein Plan, regelmäßig weitere Messungen vorzunehmen, am liebsten bis zu den Wechseljahren. Denn wir wissen noch viel zu wenig über den Einfluss hormoneller Veränderungen auf das Gehirn.“
Dr. Carina Heller
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Jena
Masonic Institute for the Developing Brain, University of Minnesota, Minneapolis, USA
Department of Psychological and Brain Sciences, University of California, Santa Barbara, USA
Carina.Heller@uni-jena.de
Heller, C., Güllmar, D., Colic, L. et al. Hormonal milieu influences whole-brain structural dynamics across the menstrual cycle using dense sampling in multiple individuals. Nat Neurosci (2025). https://doi.org/10.1038/s41593-025-02066-2
In einer aufwändigen MRT-Längsschnittstudie untersuchte die Jenaer Psychologin Dr. Carina Heller den ...
Quelle: Michael Szabó
Copyright: Universitätsklinikum Jena
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch

In einer aufwändigen MRT-Längsschnittstudie untersuchte die Jenaer Psychologin Dr. Carina Heller den ...
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