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28.10.2025 08:30

Datenräume in der Landwirtschaft: Agrardaten digital vernetzen

Kira Konrad Marketing und Kommunikation
Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen

    Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Agrar untersuchen die Potenziale von Datenräumen für die Landwirtschaft und ermitteln die Ansprüche verschiedener Stakeholder an ein ideales, landwirtschaftliches Datenökosystem. Zudem analysieren sie den aktuellen Stand zur Interoperabilität digitaler Systeme.

    Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung führt zu einem grundlegenden Wandel in der Landwirtschaft. Neue Datenquellen bergen großes Potenzial für die datengestützte Auswertung betriebswirtschaftlicher Faktoren sowie zur Umsetzung neuer Maßnahmen im Pflanzenanbau und im Tierwohl. Der Einsatz von Sensoren und Künstlicher Intelligenz (KI) ermöglicht die Erfassung und Analyse großer Datenmengen in Echtzeit. Gleichzeitig erfordert diese Entwicklung die Standardisierung von Datenformaten und Schnittstellen, um verschiedene Hard- und Softwareanwendungen kombinieren zu können. Die derzeitige Datenlandschaft ist fragmentiert und besteht häufig aus herstellergebundenen Ökosystemen.
    Eine Möglichkeit, um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind Datenräume. Diese bieten offene, sichere und standardisierte Infrastrukturen für den Datenaustausch verschiedener Stakeholder. Sie fördern die Entwicklung eines einheitlichen digitalen Ökosystems, in dem Daten effizient und kontrolliert geteilt und genutzt werden können. Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Agrar untersuchten das Potenzial von Datenräumen für die Landwirtschaft. Insbesondere betrachteten sie Gaia-X, die europäische Initiative zur Entwicklung einer souveränen und sicheren Dateninfrastruktur, und Best Practices wie AgriGaia, ein Projekt innerhalb des GAIA-X-Ökosystems, das speziell für die Landwirtschaft entwickelt wurde. Die Wissenschaftler*innen kamen zu dem Ergebnis, dass Datenräume wie Gaia-X und AgriGaia erheblich zur Interoperabilität und Datennutzung in der Landwirtschaft beitragen können.
    In Gesprächen mit verschiedenen Stakeholdern hatten die Wissenschaftler*innen immer häufiger den Wunsch nach mehr Kompatibilität und Interoperabilität digitaler Lösungen wahrgenommen. Kompatibilität beschreibt die Fähigkeit von Systemen, Geräten oder Softwarekomponenten zur Zusammenarbeit, ohne dass größere Anpassungen notwendig sind. Dies bedeutet, dass die Zusammenarbeit der Systeme oder Komponenten auf Basis vordefinierter Schnittstellen und Formate funktioniert, aber möglicherweise sind nicht alle Funktionen integriert oder verstehen sich vollständig. Interoperabilität geht über reine Kompatibilität hinaus und beschreibt die Fähigkeit von Systemen, umfassend miteinander zu kommunizieren, Daten auszutauschen und sich vollständig zu verstehen. Dies setzt voraus, dass Systeme standardisierte Datenformate und semantische Bedeutungen teilen. Interoperabilität umfasst somit nicht nur die technische Verbindung, sondern auch die sinnvolle und kontextbasierte Dateninterpretation.

    Workshop zu landwirtschaftlichen Datenräumen in der Praxis
    Um die Ansprüche an ein ideales landwirtschaftliches Datenökosystem zu ermitteln, führten die Wissenschaftler*innen einen Workshop mit verschiedenen Stakeholdern durch. An dem Workshop nahmen insgesamt 26 Personen verschiedener Branchen teil, darunter Futtermittel- und Landmaschinenhersteller, Forschungseinrichtungen, Einrichtungen der beruflichen Bildung und staatliche Stellen. Die Teilnehmer*innen sammelten in zwei Arbeitsgruppen Lösungsansätze.
    Die erste Arbeitsgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die Arbeit von Landwirt*innen durch die Integration von Assistenzsystemen wie Apps und den einfachen Austausch von Daten erleichtert werden sollte. Derzeit benötigen Landwirt*innen oft mehrere Apps für unterschiedliche Maschinen (z. B. für den Melkroboter, den Futterroboter, den Schieberoboter und den Reinigungsroboter). Eine zentrale Datenintegration in einem Farm Management Information System (FMIS) oder einem Datenraum wäre wünschenswert. Offene Schnittstellen, klare Regeln und Standards könnten die Kompatibilität verbessern und Vertrauen schaffen. Mehr Benutzerfreundlichkeit, Verfügbarkeit und Datenvisualisierung würden die Akzeptanz erhöhen. Anreizsysteme mit einem konkreten Nutzen für Landwirt*innen könnten den Datenaustausch fördern.
    Die zweite Arbeitsgruppe definierte die Ansprüche an einen idealen Agrardatenraum aus Sicht einer Persona, also einer fiktiven Person, deren Bedürfnisse stellvertretend für eine bestimmte Nutzergruppe stehen. Daraus ergab sich u. a. die Forderung nach einer fairen Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von den Produktionsbedingungen bis hin zu den Löhnen. Ebenso sollten die Auswirkungen des Klimawandels systematisch berücksichtigt werden, um ein nachhaltiges und gerechtes Datenökosystem zu schaffen.

    Fehlende Standards in der digitalen Landwirtschaft
    Voraussetzung für Kompatibilität und Interoperabilität digitaler Systeme ist die Standardisierung technischer Konzepte. Derzeit fehlen geeignete Normen für den Austausch agrarwirtschaftlicher Daten. Die wenigen internationalen Standards werden noch nicht durchgängig verwendet. Die fehlende Standardisierung auf technischer und semantischer Ebene führt dazu, dass Daten im Austausch zwischen Systemen nicht korrekt interpretiert werden können. Gespräche mit Expert*innen aus der Landwirtschaft – u. a. Informatiker*innen, Softwarearchitekt*innen, Technikhersteller*innen, Landmaschinenhersteller*innen, Vertreter*innen von Behörden sowie Wissenschaftler*innen aus anderen Projekten – führten zu weiteren Erkenntnissen. So stellten die Wissenschaftler*innen fest, dass die meisten dieser Stakeholder die Einführung verbindlicher Standards und Normen als problematisch ansehen, da dies Innovationen ausschließen könne. Außerdem sei es schwierig, sich auf einen Standard zu einigen, da es zu viele gebe. Zwei Ansichten kristallisierten sich heraus: Die einen befürworten sogenannte 1:1-Schnittstellen für verschiedene Software und Landmaschinen. Die anderen befürworten eine herstellerunabhängige Öffnung der Software für den Datenaustausch.
    „Mittlerweile gibt es durch die zahlreichen Maschinenhersteller, Softwarelösungen und Managementprogramme unterschiedlichste Datenformate und Plattformen, die die Fragmentierung der digitalen Datenlandschaft verstärken. Die Interoperabilität dieser Systeme ist zwingend erforderlich, um die Datensilos aufzubrechen und die Digitalisierung entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsnetze zu ermöglichen. Derzeit ist die Interoperabilität noch stark ausbaufähig. Offene Schnittstellen sind eher selten, Standardisierung gibt es nur für Landmaschinen und Datenräume werden kaum eingesetzt. Um eine durchgängige Digitalisierung voranzutreiben, sind diese Instrumente unerlässlich“, erklärt Dr. Olaf Katenkamp Universität Vechta.

    Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
    Kira Konrad B. A.
    Marketing & Kommunikation
    Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen (ZDIN)
    Am OFFIS – Institut für Informatik, Escherweg 2, 26121 Oldenburg – Germany
    Tel: 0441 9722-435, E-Mail: kira.konrad@zdin.de
    www.zdin.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Informationstechnik, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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