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29.10.2025 15:35

Große repräsentative Studie zu Wehrpflicht und freiwilligen Alternativen

Referat Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, Abteilung 2
Universität Hamburg

    Vor dem Hintergrund einer veränderten außenpolitischen Bedrohungslage soll die Zahl der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr erhöht werden. Die Ergebnisse einer Studie aus dem Forschungsverbund MOTRA legen nahe, dass eine Wehrpflicht aufgrund einer großen freiwilligen Bereitschaft dazu offenbar nicht zwingend erforderlich ist.

    Im Rahmen der Studie „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) wurden im Juli dieses Jahres 2279 Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren zu Wehrpflicht und Verteidigungsbereitschaft befragt. Erhoben wurde unter anderem, ob sie Interesse an einer freiwilligen, sechsmonatigen militärischen Grundausbildung hätten und ob sie bereit wären, Deutschland im Kriegsfall mit der Waffe zu verteidigen.

    Die Ergebnisse der repräsentativen Online-Befragung zeigen: Knapp 30 Prozent der Befragten lehnen jede Form einer Wehrpflicht ab. Unter den verschiedenen vorgeschlagenen Modellen findet mit 42 Prozent jenes die größte Zustimmung, das für Männer und Frauen gleichermaßen einen einjährigen Dienst vorsieht, bei dem aber frei gewählt werden kann, ob dieser innerhalb der Bundeswehr oder in sozialen Einrichtungen geleistet wird.

    „Eine so große und aktuelle Befragung, an der auch hinreichend viele junge Erwachsene beteiligt waren, hat es zu diesem Thema außerhalb von MOTRA nur selten gegeben. Die derzeitige öffentliche Debatte stützt sich weitgehend nicht auf empirische Daten, in denen jüngere Menschen, die von dieser Frage besonders betroffen sind, auch angemessen repräsentiert sind“, erklärt Prof. Dr. Peter Wetzels. Das Team des Professors für Kriminologie an Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat die Erhebung in Kooperation mit dem GIGA-Team um Prof. Dr. Thomas Richter im Rahmen des „Monitoringsystems und Transferplattform Radikalisierung“ (MOTRA) durchgeführt.

    18 Prozent aller Befragten mit deutscher Staatsbürgerschaft, die bislang weder Militär- noch Zivildienst geleistet haben, bekunden in der Befragung Interesse an einem freiwilligen sechsmonatigen Grundwehrdienst. Bei den 18- bis 29-Jährigen ist der Anteil mit 19 Prozent sogar noch etwas höher. Insgesamt wären zudem knapp 39 Prozent aller Befragten bereit, Deutschland aktiv mit der Waffe zu verteidigen. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es etwa 30 Prozent. 14 Prozent der Männer dieser Generation, die noch keinen Wehrdienst geleistet haben, äußern dabei sowohl Verteidigungsbereitschaft, als auch Interesse an einer sechsmonatigen militärischen Grundausbildung. Bei jungen Frauen sind dies sechs Prozent.

    Derzeit dienen etwa 182.000 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Um die Verpflichtungen gegenüber der NATO zu erfüllen, wird eine Aufstockung auf rund 260.000 aktive Kräfte angestrebt. „Rechnen wir die Ergebnisse unserer Studie hoch und berücksichtigen wir dabei noch, dass etwa die Hälfte dieser Freiwilligen untauglich sein könnte, dann ergibt selbst eine konservative Schätzung, dass mindestens 175.000 junge Männer und 70.000 Frauen im Alter von 18 bis 29 Jahren in der Bevölkerung zu finden sind, die für einen Dienst in der Bundeswehr auf freiwilliger Basis gewonnen werden könnten“, sagt Prof. Wetzels. „Über ein freiwilliges Modell ließe sich also – sofern es hinreichend attraktiv gestaltet wird – auch ohne Zwang eine erhebliche Verstärkung der Bundeswehr mit geeigneten jungen Erwachsenen erreichen. Zumindest empirisch besteht daher keine Notwendigkeit zur Wiedereinführung einer Wehrpflicht.“

    Über die Datenerhebung

    Das Institut für Kriminalwissenschaften der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg führt seit Ende 2022 gemeinsam mit dem German Institute for Global and Area Studies (GIGA) die Trendstudie „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) durch. Ziel ist es, die Auswirkungen internationaler politischer Ereignisse und gesellschaftlicher Entwicklungen auf Einstellungen und Lebensrealitäten in Deutschland zu untersuchen. Die Datenerhebung erfolgt durch regelmäßig wiederholte, standardisierte Online-Umfragen, die in Abständen von zwei bis drei Monaten unter repräsentativen Stichproben der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands durchgeführt werden.

    Das Projekt ist Teil des von der Bundesregierung geförderten Forschungsverbundes „Monitoringsystem und Transferplattform Radikalisierung“ (MOTRA). Er wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) und des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Frauen, Senioren und Jugend (BMBFSFJ) gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Peter Wetzels
    Universität Hamburg
    Fakultät für Rechtswissenschaft
    Professur für Kriminologie
    Tel.: +49 40 42838-4585
    E-Mail: peter.wetzels@uni-hamburg.de


    Originalpublikation:

    https://www.motra.info/publikationen/spotlight/ Studie zu Wehrpflicht und freiwilligen Alternativen (PDF)


    Weitere Informationen:

    https://www.motra.info/ Weitere Informationen zum Forschungsverbund MOTRA


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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