Hitzewellen in Europa werden nicht nur häufiger und heißer, sondern auch unberechenbarer. Eine Studie (erschienen in Nature Communications) des Klimaforschers Goratz Beobide-Arsuaga vom Earth and Society Research Hub (ESRAH) der Universität Hamburg zeigt, dass sich durch die Erderwärmung auch die natürlichen Klimaschwankungen verändern. Besonders in Mittel- und Nordeuropa führen wechselnde Bodenfeuchten zu extremeren, sprunghaften Hitzewellen, während Südeuropa durch ausgetrocknete Böden stabil, aber dauerhaft heiß bleibt. Die Forschenden konnten erstmals natürliche Variabilität und Erwärmung trennen – mit Folgen für Anpassung und Risikoanalyse.
Durch den Klimawandel werden Hitzewellen in Europa nicht nur häufiger und heißer, sondern auch unberechenbarer. Ein internationales Team um Klimaforscher Dr. Goratz Beobide-Arsuaga vom Earth and Society Research Hub (ESRAH) der Universität Hamburg konnte nun zeigen, dass durch die Erderwärmung auch die natürlichen Schwankungen des Klimas extremer werden. Die Studie erschien nun im Journal Nature Communications.
„Europa ist ein echter Hotspot. Die Intensität von Hitzewellen nimmt hier drei- bis viermal schneller zu als in anderen Regionen der Nordhalbkugel“, sagt Beobide-Arsuaga. Bisher dachte man, diese Zunahme liege allein an steigenden Durchschnittstemperaturen. „Jetzt sehen wir, dass sich auch die innere Dynamik des Klimas verändert. Und das kann die Hitze weiter verstärken.“
Für Mittel- und Nordeuropa bedeutet das laut der Studie ein instabileres Klima und extremere, plötzliche Hitzewellen. Der Hauptgrund dafür: Die Bodenfeuchte. In Deutschland, Polen, Tschechien oder etwa Dänemark wechseln sich im Sommer feuchte und trockene Phasen häufiger ab. Feuchte Böden kühlen zwar, aber nur, solange sie wirklich nass sind. Wenn sie zwischen feucht und trocken schwanken, können sie Hitzewellen verstärken. Verliert der Boden an Feuchtigkeit, verdunstet weniger Wasser, die Luft kühlt sich kaum ab und heizt sich noch stärker auf.
Im Süden Europas hingegen, etwa in Spanien, Italien, Griechenland oder auf dem Balkan, sind die Böden bereits so trocken, dass sie bei weiterer Austrocknung kaum noch mit der Atmosphäre in Wechselwirkung treten. Es gibt schlicht kein Wasser mehr, das verdunsten und Einfluss auf das Wetter haben könnte. Dadurch werden die Schwankungen dort kleiner, die Temperaturen aber dauerhaft sehr hoch. „Wenn der Boden noch reagieren kann, wird die Atmosphäre unruhig. Wenn er völlig ausgetrocknet ist, beruhigt sich das System auf hohem Niveau“, erklärt Beobide-Arsuaga. „Darum erleben wir in Mitteleuropa zunehmend chaotische Sommer, die man früher eher im Süden kannte.“
Die Veränderungen sind keine ferne Zukunft: „In Zentraleuropa beobachten wir diese Entwicklung schon jetzt“, sagt Beobide-Arsuaga. „Die vergangenen Sommer waren ungewöhnlich trocken, die Hitzewellen intensiver und sprunghafter – genau das Muster, das unsere Modelle für die kommenden Jahrzehnte vorhersagen.“
Für ihre Untersuchung analysierten die Forschenden umfassende Datensätze von Klimasimulationen, darunter rund 250 Rechenmodelle aus fünf großen internationalen sogenannten Modellensembles aus Deutschland, Frankreich, Kanada, Japan und Australien. Mit diesen Daten konnten die Forschenden erstmals den Effekt der sogenannten „internen Variabilität“, also der natürlichen Schwankungen des Klimasystems, vom allgemeinen Erwärmungstrend trennen.
Neben den physikalischen Mechanismen liefert die Studie auch methodisch einen Durchbruch. Um die Veränderungen präzise zu erfassen, zogen die Forschenden den langfristigen Erwärmungstrend aus den Modellen ab, übrig blieb nur das „Flackern“ des Klimasystems selbst. Beobide-Arsuaga konnte zeigen, dass sich die Schwankungen selbst im Zuge der globalen Erwärmung verändern.
Für die Anpassung an den Klimawandel bedeutet das: Es reicht nicht mehr, nur auf steigende Durchschnittstemperaturen zu reagieren. Länder wie Deutschland müssen sich auf eine mehr Unberechenbarkeit einstellen. „Ein Sommer kann relativ mild verlaufen, der nächste aber plötzlich Rekordwerte sprengen“, sagt Beobide-Arsuaga. „Die Variabilität selbst wird zum Risiko.“
„Wir bringen hier zwei Welten zusammen: Erkenntnisse über Bodendynamik und die moderne Klimamodellierung“, sagt Beobide-Arsuaga. „Zum ersten Mal zeigen wir, dass die Theorie tatsächlich in den Modellen sichtbar wird.“ Die Ergebnisse liefern eine neue Grundlage für künftige Risikoanalysen und Anpassungsstrategien für ganz unterschiedliche Bereiche, von der Stadtplanung bis zur Landwirtschaft. „Wer nur Mittelwerte betrachtet, unterschätzt die Belastung, die extreme Jahre bringen können“, erklärt der Forscher.
Dr. Goratz Beobide-Arsuaga
Universität Hamburg
Earth and Society Research Hub (ESRAH)
+49 40 42838-2604
goratz.beobide.arsuaga@uni-hamburg.de
Beobide-Arsuaga G, Suarez-Gutierrez, L, Barkhordarian, A, Olonscheck, D, Baehr J (2025): Increasing central and northern European summer heatwave intensity due to forced changes in internal variability; Nature Communications; https://doi.org/10.1038/s41467-025-65392-w
https://www.nature.com/articles/s41467-025-65392-w Nature Communications
https://www.esrah.uni-hamburg.de/ Earth and Society Research Hub (ESRAH) der Universität Hamburg
Ausgetrocknetes Flussbett des Rheins in Düsseldorf
Quelle: Adobe Stock/lensw0rld
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Geowissenschaften, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch

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