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31.10.2025 15:13

Wo ist die ganze Antimaterie geblieben?

Judith Peschges Dezernat 3.0 – Presse und Kommunikation
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

    Forschende der RWTH Aachen haben zu einer bedeutenden internationalen Studie beigetragen, die neues Licht auf eines der hartnäckigsten Rätsel des Universums wirft: Warum dominiert Materie gegenüber Antimaterie?

    Die in „Nature“ veröffentlichten Ergebnisse stammen aus zwei der weltweit größten Neutrino-Experimente und liefern wichtige Erkenntnisse über die grundlegenden Mechanismen des Universums.

    Zwei langjährige, großangelegte Experimente – T2K in Japan und NOvA in den Vereinigten Staaten – haben nun präziser als je zuvor gemessen, wie geheimnisvolle subatomare Teilchen, sogenannte Neutrinos, oszillieren beziehungsweise ihre Identität verändern. Ihre gemeinsamen Ergebnisse deuten auf eine Lösung für das Problem der fehlenden Antimaterie im Universum hin und ebnen den Weg zu einem umfassenderen Verständnis der Entwicklung des Universums.

    Ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Stefan Roth vom III. Physikalischen Institut der RWTH Aachen war maßgeblich am japanisch geführten T2K-Experiment beteiligt. Um die schwer fassbaren Teilchen überhaupt nachweisen und untersuchen zu können, errichteten die Forschenden riesige Detektoren und nutzten Teilchenbeschleuniger, die hochfokussierte Neutrinostrahlen erzeugen.

    Im T2K-Experiment wird ein hochintensiver Neutrinostrahl im J-PARC-Beschleunigerkomplex an der Ostküste Japans erzeugt, indem ein Protonenstrahl auf ein Graphitziel gerichtet wird. Der Strahl wird zunächst an einem Nahdetektor 280 Meter hinter dem Ziel gemessen, bevor er 295 Kilometer durch die Erde zum Super-Kamiokande-Detektor zurücklegt – einem riesigen zylindrischen Tank (41,4 Meter hoch und 39,3 Meter im Durchmesser) mit 50.000 Tonnen hochreinen Wassers, der sich 1.000 Meter unter der Erde in einer Mine im Westen Japans befindet. Das Team der RWTH Aachen war maßgeblich am Bau des Nahdetektorkomplexes beteiligt, der es ermöglicht, die Neutrinos nahe ihrer Entstehung genau zu charakterisieren – ein wesentlicher Schritt für die Interpretation der Hunderte von Kilometern entfernt gemessenen Oszillationen.

    Als das Universum vor etwa 14 Milliarden Jahren mit dem Urknall entstand, sollten nach Ansicht der Physiker Materie und Antimaterie – im Wesentlichen das Spiegelbild der Materie – in gleichen Mengen entstanden sein. Dennoch ist die Antimaterie im heutigen Universum nahezu vollständig verschwunden – ein Rätsel, das Physikerinnen und Physiker seit Jahrzehnten beschäftigt.

    Neutrinos, die häufigsten massiven Teilchen im Universum, könnten den Schlüssel zur Lösung liefern. Sie entstehen in riesigen Mengen in der Sonne oder in Kernreaktoren, interagieren jedoch kaum mit anderer Materie – Billionen von ihnen durchdringen jede Sekunde den menschlichen Körper, ohne Spuren zu hinterlassen.
    Bereits bekannt ist, dass Neutrinos zwischen drei verschiedenen Zuständen – so genannten „Flavours“ – oszillieren, die jeweils eine unterschiedliche Masse aufweisen – eine Entdeckung, die 2015 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. Ziel der aktuellen Studie war es, diese Oszillationen deutlich präziser als bisher zu messen. Sie sind von besonderem Interesse, weil sie Aufschluss über die Symmetrie – und Asymmetrie – zwischen Neutrinos und ihren Antimaterie-Gegenstücken, den Antineutrinos, geben können. Jede beobachtete Asymmetrie könnte Hinweise auf die fehlende Antimaterie im Universum liefern.

    Die neuen Ergebnisse liefern den bislang eindeutigsten Beweis dafür, dass Neutrinos diese Symmetrie tatsächlich brechen – ein möglicher Schlüssel zum Verständnis, warum es im Universum weitaus mehr Materie als Antimaterie gibt.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Apl. Prof. Dr. Stefan Roth
    III. Physikalisches Institut
    Tel.: +40 241 80 27296
    stefan.roth@rwth-aachen.de


    Originalpublikation:

    www.nature.com/articles/s41586-025-09599-3


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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