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03.11.2025 10:37

Wie Immunzellen zu Komplizen des Tumors werden – Langener Wissenschaftspreis für DKFZ-Forscher Daniel Kirschenbaum

Dr. Sibylle Kohlstädt Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum

    Daniel Kirschenbaum hat eine experimentelle Methode entwickelt, um Immunantworten im lebenden Organismus mit hoher zeitlicher Auflösung zu untersuchen. Damit konnten er und seine Kollegen erstmals die zeitliche Abfolge der Immunreaktion in bösartigen Hirntumoren rekonstruieren. Das eröffnet neue Perspektiven für die Entwicklung zielgerichteter und zeitlich präziser Immuntherapien – wofür ihm das Paul-Ehrlich-Institut zusammen mit der Stadt Langen und der Stadtwerke Langen GmbH den mit 15.000 Euro dotierten Langener Wissenschaftspreis verleiht.

    Bei vielen Krebserkrankungen beobachten Forschende, dass kompetente Immunzellen, die eigentlich in der Lage wären, den Krebs abzuwehren, mit der Zeit zu Komplizen des Tumors werden. Wie es zu solchen Veränderungen des Immunsystems kommt, wird bereits seit langem untersucht. Doch bisherige Methoden, um das koordinierte Zusammenwirken von Zellen in Reaktion auf Umweltsignale zu analysieren – etwa die Einzelzell-Transkriptomik – erlaubten nur Momentaufnahmen des Zellzustands.

    Daniel Kirschenbaum, der seit Anfang 2025 eine Nachwuchsgruppe im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) leitet, hat gemeinsam mit seinen Kollegen vom Weizmann Institut of Science in Israel eine Lösung für dieses Problem gefunden: Mit „Zman-seq“ entwickelten die Forscher eine innovative Technologie, mit der sich die Aktivität einzelner Zellen im Körper erstmals über die Zeit hinweg verfolgen lässt. Zman-seq fügt den Daten Einzelzell-Transkriptomik nun eine zeitliche Dimension hinzu, indem Immunzellen im Blut mit „Zeitstempeln“ markiert und später in Geweben, etwa in Tumoren, wiedererkannt werden können.

    Die Methode ermöglicht es, Zellveränderungen in Echtzeit zu beobachten und zu verstehen, wie Immunzellen im Verlauf von Krankheiten reagieren oder – wie im Fall von Glioblastomen – durch das Tumorumfeld funktionsunfähig gemacht werden.

    Wie das Glioblastom die Immunabwehr ausbremst

    Mit der neuen Methode konnten Kirschenbaum und Kollegen an Mäusen erstmals die zeitliche Abfolge der Immunreaktion im Glioblastom rekonstruieren. Innerhalb von nur 24 Stunden nach dem Eindringen in das Tumorgewebe verlieren ursprünglich schlagkräftige natürliche Killerzellen (NK-Zellen) ihre Fähigkeit, Krebszellen abzutöten – gesteuert durch das hemmenden Signalmolekül TGF-β. Gleichzeitig verwandeln sich eingewanderte Immunzellen in sogenannte Tumor-assoziierte Makrophagen (TAMs), die das Wachstum des Tumors aktiv unterstützen.

    Durch die experimentelle Blockade eines wichtigen Immunrezeptors konnten die Forscher diesen Prozess aber umkehren: Statt zu unterdrückenden TAMs entwickelten sich die Immunzellen daraufhin zu entzündungsfördernden, tumorkontrollierenden Makrophagen. Das Ergebnis liefert einen wichtigen neuen Ansatz für weitere Untersuchungen, um die Entwicklung zielgerichteter Immuntherapien gegen bislang therapieresistente Tumorarten wie das Glioblastom voranzutreiben. Dafür hat die Jury Daniel Kirschenbaum den Langener Wissenschaftspreis 2025 zuerkannt.

    Das Paul-Ehrlich-Institut verleiht zusammen mit der Stadt Langen und der Stadtwerke Langen GmbH alle zwei Jahre den mit 15.000 Euro dotierten Langener Wissenschaftspreis. Der Preis wird vom Verein zur Förderung des Langener Wissenschaftspreises e.V. gestiftet und würdigt seit 1993 besondere Leistungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Gesundheitsforschung. Die Auszeichnung erinnert an die bahnbrechenden Leistungen einer der bedeutendsten Forscherpersönlichkeiten: Paul Ehrlich. Er war Begründer der Chemotherapie und Mitbegründer der Immunologie. 1908 erhielt Paul Ehrlich den Nobelpreis.

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

    Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
    Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
    Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
    Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
    DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
    Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)

    Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

    Ansprechpartner für die Presse:

    Dr. Sibylle Kohlstädt
    Pressesprecherin
    Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Krebsforschungszentrum
    Im Neuenheimer Feld 280
    69120 Heidelberg
    T: +49 6221 42 2843
    E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
    E-Mail: presse@dkfz.de
    www.dkfz.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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