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06.11.2025 13:32

Mehr Seegras in der Ostsee Dank Künstlicher Intelligenz – Auftakt-Tagung für Forschungsprojekt SEAGUARD am IOW

Dr. Kristin Beck Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

    Wie können Seegraswiesen in der Ostsee mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) möglichst effizient und klimaresilient renaturiert werden? Diese Frage steht im Zentrum des Forschungsprojekts SEAGUARD, das vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) koordiniert wird und diesen Sommer startete. Jetzt kommen erstmals Forschende aller beteiligten Partnerinstitutionen für zwei Tage am IOW zusammen, um Strategien für die weitere gemeinsame Arbeit zu entwickeln. Das Vorhaben bringt Meeresforschung, Data Science und Umweltmanagement zusammen und wird bis November 2027 im Rahmen der KI-Leuchtturminitiative des Bundesumweltministeriums mit knapp 1,8 Mio. Euro gefördert.

    Seegras als Schlüssel für Biodiversitäts- und Klimaschutz

    Seegraswiesen zählen zu den Multitalenten der Küstenökosysteme: Sie sind Kinderstube für Fische und Lebensraum und für zahlreiche andere Meereslebewesen, schützen Küsten vor Erosion, stabilisieren Sedimente und speichern das Klimagas Kohlendioxid. Doch im letzten Jahrhundert sind die Seegras-Bestände der Ostsee durch menschlichen Einfluss dramatisch zurückgegangen – vor allem durch Überdüngung samt ihren Folgeerscheinungen wie veränderte Lichtverhältnisse im Meer – und durch den Nutzungsdruck in den Küstenbereichen. Zunehmend spielt auch der Klimawandel eine Rolle und der damit verbundene Temperaturstress für die Seegraspflanzen im Sommer. Diese Verluste haben nicht nur Folgen für die Biodiversität, sondern schwächen auch die Fähigkeit der Ostsee, Kohlenstoff langfristig zu speichern. Gleichzeitig fehlt bislang eine belastbare Datengrundlage, die eine erfolgversprechende Wiederansiedlung von Seegras ermöglicht. Bestehende Modelle liefern häufig nur grobe Annäherungen und berücksichtigen kaum die Unsicherheiten, die sich aus unterschiedlichen Klima- und Nährstoffszenarien ergeben.

    Mit künstlicher Intelligenz zu neuen Entscheidungsgrundlagen

    Genau hier setzt das neue Projekt SEAGUARD (kurz für: Seagrass Growth and Adaptation Using AI Research and Development) an. Die Forschenden wollen KI gezielt nutzen, um die ökologischen Prozesse und Wechselwirkungen im Küstenmeer besser zu verstehen und zukünftige Entwicklungen realistisch vorherzusagen. Grundlage dafür sind große Mengen an bereits vorhandenen und neu entstehenden Mess- und Fernerkundungsdaten – etwa zu Wassertrübung, Temperatur und Nährstoffeinträgen – sowie Modellrechnungen, die durch zusätzliche KI-gestützte Modelle ergänzt werden. Die KI analysiert diese hochkomplexen Datensätze, erkennt Muster und kann auf dieser Basis fundierte Vorhersagen darüber treffen, wo Seegras künftig erfolgreich wachsen kann. Dabei berücksichtigt sie auch verschiedene Klimaszenarien und Nährstoffeinträge aus Flüssen, insbesondere Phosphor und Stickstoff.

    Als Ergebnis der Analysen sollen räumlich hochaufgelöste Karten möglicher Wiederansiedlungsflächen die gezielte Planung von effizienten und klimaresilienten Seegras-Renaturierungsmaßnahmen ermöglichen. Ein zusätzlicher Vorteil: KI ersetzt teilweise rechenintensive numerische Modelle, wodurch der Energieverbrauch der Simulationen erheblich sinkt. So trägt das Projekt auch zu einem nachhaltigen Ressourceneinsatz in der Forschung selbst bei. „Mit SEAGUARD schlagen wir eine Brücke zwischen modernster KI-Forschung und konkreter Naturschutzpraxis“, sagt Florian Börgel, Nachwuchsgruppenleiter am IOW und Verbundkoordinator des Projekts. „Wir wollen zeigen, dass KI nicht nur dabei hilft, ökologische Prozesse besser zu verstehen, sondern auch ganz praktisch dabei unterstützen kann, marine Lebensräume gezielt zu schützen und wiederherzustellen.“

    Leuchtturmcharakter durch praxisnahe Anwendung

    Mit seiner Verknüpfung von KI, Modellierung und Fernerkundung vereint SEAGUARD wissenschaftliche Exzellenz mit praktischer Umweltanwendung. Die im Projekt entwickelten Modelle und Werkzeuge – darunter auch eine Web-App zur Visualisierung potenzieller Seegrasstandorte – sollen offen zugänglich gemacht werden und auch für andere Küstenregionen nutzbar sein. Das Interesse an den Ergebnissen ist bereits groß: Die Landesämter für Umwelt in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern haben angekündigt, die künftig generierten Daten in ihre Umwelt- und Monitoringprogramme einzubinden. Auf diese Weise leistet SEAGUARD einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung nationaler und europäischer Umweltstrategien.

    Kick-off in Warnemünde: Interdisziplinärer Austausch und gemeinsame Weichenstellung

    Das zweitägige Auftakttreffen am 6. und 7. November 2025 am IOW markiert den ersten intensiven Austausch der insgesamt rund 20 beteiligten Forschenden, die bereits im Juli dieses Jahres die Arbeit aufgenommen haben. Projektpartner neben dem IOW sind auch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und die deutsche EOMAP GmbH, die auf Satelliten-gestützte Fernerkundung und darauf gestützte Kartengenerierung spezialisiert ist. In Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden werden die methodischen Ansätze der beteiligten Teams vorgestellt und Arbeitspläne abgestimmt. Zusätzlich zu wissenschaftlich-technischen Fragen stehen auch die Entwicklung von Strategien zur Datennutzung, zur Kommunikation mit Behörden sowie zur Integration der Ergebnisse in Umweltmanagement-Systeme im Mittelpunkt.

    SEAGUARD ist eines von acht neuen vom Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) geförderten KI-Leuchtturmprojekten (https://www.z-u-g.org/foerderung/ki-leuchttuerme-fuer-umwelt-klima-natur-und-res...). Die Förderinitiative zielt darauf ab, in zahlreichen Einsatzgebieten zum Klima- und Umweltschutz beizutragen und dabei Projekte zu unterstützen, die ihr digitales Know-how und ihre Kreativität nutzen, um ökologische Herausforderungen zu bewältigen.

    Kontakt IOW-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
    Dr. Kristin Beck | Tel.: 0381 – 5197 135 | presse@io-warnemuende.de

    Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der aktuell 96 eigenständige Forschungseinrichtungen gehören. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 21.400 Personen, davon sind ca. 12.170 Forschende. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 2,3 Mrd. Euro. http://www.leibniz-gemeinschaft.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Florian Börgel | Tel.: +49 381 – 5197 3498 | E-Mail: florian.boergel@io-warnemuende.de


    Bilder

    Florian Börgel, IOW-Experte für Klimamodellierung - vor allem für Nordeuropa und damit auch für die Ostseeregion -, leitet das Verbundprojekt SEAGUARD.
    Florian Börgel, IOW-Experte für Klimamodellierung - vor allem für Nordeuropa und damit auch für die ...
    Quelle: D. Amm
    Copyright: IOW

    Im Verbundprojekt SEAGUARD soll Künstliche Intelligenz dabei helfen, die Seegrasbestände der Ostsee nachhaltig und klimaresilient zu renaturieren.
    Im Verbundprojekt SEAGUARD soll Künstliche Intelligenz dabei helfen, die Seegrasbestände der Ostsee ...
    Quelle: S. Kube
    Copyright: IOW


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Florian Börgel, IOW-Experte für Klimamodellierung - vor allem für Nordeuropa und damit auch für die Ostseeregion -, leitet das Verbundprojekt SEAGUARD.


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    Im Verbundprojekt SEAGUARD soll Künstliche Intelligenz dabei helfen, die Seegrasbestände der Ostsee nachhaltig und klimaresilient zu renaturieren.


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