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10.11.2025 10:00

Nach der Menopause steigt das Diabetesrisiko – wie Frauen gegensteuern können

Stephanie Balz Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Die Menopause verändert den weiblichen Stoffwechsel – oft unbemerkt und doch tiefgreifend. Sinkende Hormonspiegel führen zu einer Zunahme von Bauchfett, Insulinresistenz und ungünstigen Blutfettwerten. Dadurch steigt deutlich das Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz- und Lebererkrankungen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) betont: Diese Lebensphase ist kein Rückschritt, sondern eine Gelegenheit, die eigene Gesundheit bewusst zu stärken. Frauen können durch vermehrte Bewegung, ausgewogene Ernährung und gezielte Vorsorge aktiv dazu beitragen, ihren Stoffwechsel langfristig zu stabilisieren. Das Thema stand im Mittelpunkt der Kongress-Pressekonferenz zur Diabetes Herbsttagung 2025.

    Bereits in der sogenannten Perimenopause – also in den Jahren vor der letzten Regelblutung – sinkt der Östrogenspiegel. Das führt zu mehr viszeralem Fett – Fettgewebe im Bauchraum – und zu einer geringeren Insulinempfindlichkeit. „Diese Prozesse setzen ein, noch bevor klassische Risikomarker wie Cholesterin oder Blutdruck auffällig werden“, erklärt Professorin Dr. Julia Szendrödi, Präsidentin der DDG und Ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg. Besonders Frauen mit einer frühen Menopause – also vor dem 45. Lebensjahr – haben laut internationalen Studien ein rund 30 Prozent höheres Risiko für Typ-2-Diabetes.

    Auch Frauen mit einem früheren Schwangerschaftsdiabetes sollten die Wechseljahre als Chance begreifen, ihren Stoffwechsel gezielt zu überprüfen. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Herz-, Leber- und Blutzuckerwerte im Blick zu behalten und neue Präventionsroutinen zu etablieren“, so die DDG-Präsidentin.

    Wenn sich Blutzucker und Insulinbedarf verändern
    In der Perimenopause schwanken die Hormonspiegel stark; das beeinflusst auch den Blutzucker. Frauen mit Typ-1-Diabetes bemerken oft wechselnde Insulinbedarfe und unvorhersehbare Glukosewerte. Nach der Menopause bleibt der Insulinbedarf meist erhöht, da der Stoffwechsel weniger flexibel reagiert. „Viele Frauen mit Typ-1-Diabetes entwickeln in dieser Phase Merkmale eines Typ-2-Diabetes. Das nennen wir ‚double diabetes‘“, erläutert die Expertin aus Heidelberg.

    Auch bei Typ-2-Diabetes kann die Stoffwechsellage in dieser Zeit instabiler werden. Der Verlust des hormonellen Herzschutzes, insbesondere durch das weibliche Geschlechtshormon Östrogen, steigert das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Dennoch, so zeigen Registerdaten, werden Frauen nach der Menopause in Deutschland seltener leitliniengerecht behandelt, insbesondere in Hinblick auf Cholesterin- und Blutdrucktherapien.

    Herz und Leber altern gemeinsam
    Mit dem Absinken des Östrogenspiegels verändert sich auch die Fettverteilung im Körper – ein Risikofaktor für Fettlebererkrankungen. Nach der Menopause nimmt die Häufigkeit der sogenannten metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease (MASLD, nichtalkoholische Fettlebererkrankung) spürbar zu. Vor der Menopause sind Frauen nur etwa halb so häufig betroffen wie Männer, danach steigt die Zahl deutlich an. „Besonders bei Frauen mit Insulinresistenz oder Diabetes sehen wir häufiger eine fortschreitende Leberfibrose“, so Szendrödi.

    Fachgesellschaften empfehlen daher regelmäßige Screenings: zunächst mit Blutwerten und einfachen Scores, bei Auffälligkeiten ergänzt durch Ultraschall oder Elastografie. „Herz und Leber altern gemeinsam mit dem Stoffwechsel. Die Menopause ist der Moment, an dem Prävention neu ansetzen muss“, betont die Präsidentin der DDG.

    Therapie anpassen, Bewegung fördern
    Hormonersatztherapien können den Stoffwechsel günstig beeinflussen, sind aber keine allgemeine Lösung. Sie eignen sich vor allem bei ausgeprägten Beschwerden und niedrigem Gefäßrisiko. Entscheidend ist eine individuelle Risikoabwägung. „Wichtiger als Hormonersatzpräparate bleibt Bewegung“, sagt Szendrödi. „Muskeltraining steigert die Insulinempfindlichkeit, senkt Blutzucker und schützt Herz und Gefäße – nachhaltig und ohne Nebenwirkungen.“

    Was Frauen jetzt tun können
    - Werte kennen: regelmäßige Kontrolle von Blutzucker, Blutfetten, Blutdruck und Leberwerten
    - Bewegen: 2–3-mal pro Woche gezieltes Muskeltraining, ergänzt durch Ausdaueraktivitäten
    - Ernährung: viel Gemüse, Ballaststoffe und pflanzliche Fette – wenig Zucker und Fertigprodukte
    - Schlafen und Stress meiden: erholsamer Schlaf und Stressabbau unterstützen den Stoffwechsel
    - Medizinische Beratung: bei Bedarf hormonelle Therapie individuell prüfen lassen

    Wissen schützt – und stärkt
    „Wissen ist der erste Schritt zur Prävention“, fasst Szendrödi zusammen. „Wer versteht, wie sich der Körper verändert, kann gezielt gegensteuern und die Menopause als Chance nutzen. Sie ist ein Wendepunkt – und der Beginn einer neuen Stärkephase.“

    Im Rahmen der Kongress-Pressekonferenz hat die DDG aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu Menopause und Diabetes sowie weitere Aspekte der Frauengesundheit und ihres Zusammenhangs mit Diabetes vorgestellt. „Ein besonderer Schwerpunkt der Diabetes Herbsttagung 2025 lag auch auf besonderen Lebensphasen, wie der Pubertät, Schwangerschaft und Menopause, sowie der Wechselwirkung zwischen Hormonen und Diabetes“, so Professor Dr. med. Karsten Müssig, Tagungspräsident der Diabetes Herbsttagung 2025 und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Diabetologie am Franziskus-Hospital Harderberg der Niels-Stensen-Kliniken.

    Zur Pressemappe und dem Mitschnitt der Pressekonferenz: https://www.ddg.info/pressekonferenzen/kongress-pressekonferenz-der-19-diabetes-...
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    Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
    Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9300 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich seit 1964 in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als 9 Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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