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18.11.2025 16:00

Neuer Bewertungsrahmen für Schlüsseltechnologien als Kompass für die zukünftige Wertschöpfung

Dr. Jacob Leidenberger Pressestelle
Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)

    Schlüsseltechnologien sind ein zentraler Treiber für Innovation, Wachstum und Wohlstand – und zugleich Gradmesser für die technologische und wirtschaftliche Souveränität vieler Länder. Sie ermöglichen neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen und bilden das Rückgrat von Transformationsprozessen. Im Zuge globaler Krisen, geopolitischer Spannungen und des rasanten technologischen Wandels wurde am Fraunhofer ISI nun ein ganzheitlicher Bewertungsrahmen entwickelt, der die Bedeutung von Schlüsseltechnologien für die künftige Wertschöpfung systematisch erfassbar macht.

    Zukunft« analysiert Dr. Axel Thielmann, Leiter der Abteilung Neue Technologien am Fraunhofer ISI, die Rolle von Schlüsseltechnologien im Zusammenspiel von Forschung, Industrie, Markt und Gesellschaft. Ziel ist es, eine neue, fundierte Grundlage für technologiepolitische Entscheidungen zu schaffen und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien im internationalen Wettbewerb gezielt zu unterstützen.

    Von Enablern bis zu Infrastrukturen – ein ganzheitlicher Bewertungsansatz

    Das neu entwickelte »Technologievaluationsmodell« betrachtet Technologien nicht isoliert voneinander, sondern entlang dreier Wertschöpfungssäulen:

    • Forschung und Technologie (»Erschließung«),
    • Industrie (»Skalierung und Produktion«) sowie
    • Markt und Gesellschaft (»Diffusion in Infrastrukturen«).

    Innerhalb dieser Säulen werden sechs Funktionen von Technologien unterschieden – von Enabler- und Accelerator- über Plattform- und industrielle Technologien bis hin zu Anwendungs- und Infrastrukturtechnologien. So lässt sich nachvollziehen, welche Rolle eine Technologie im Zeitverlauf sowie entlang der Wertschöpfung spielt, wie sie in andere Systeme hineinwirkt und welchen Beitrag sie zur gesellschaftlichen und ökonomischen Transformation leistet.

    Durch die Kombination von qualitativer und quantitativer Bewertung entsteht ein »Werkzeug«, das Technologieentwicklung, wirtschaftliche Effekte und politische Steuerung miteinander verbindet. Dabei zeigt sich: Wertschöpfung entsteht nicht linear, sondern in Sprüngen und Wellen – von der Grundlagenforschung über industrielle Skalierung bis zur gesellschaftlichen Nutzung.

    Autor Axel Thielmann quantifiziert in seinem Modell die Hebeleffekte zwischen den Wertschöpfungsebenen: Jede Stufe – von der Rohstofferschließung über industrielle Produktion bis zur Infrastrukturnutzung – steigert den Wert einer Technologie im Durchschnitt um den Faktor drei. Zwischen den so definierten Säulen ergibt sich ein zehnfacher Hebeleffekt. Damit lassen sich Investitionen, Marktvolumina und Wachstumsraten von Technologien systematisch einordnen und miteinander vergleichen. Die quantitative Perspektive bietet die Grundlage, um Technologien im Hinblick auf ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz zu bewerten und in internationale Benchmarks einzuordnen. Sie hilft, politische Förderentscheidungen auf eine nachvollziehbare und messbare Basis zu stellen – insbesondere vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Budgets und der wachsenden Bedeutung von Technologie-Souveränität.

    Von Industrie 3.5 zu 5.0 – Navigieren im technologischen Wandel

    Das Impulspapier zeigt auch, wie sich Schlüsseltechnologien in den großen Transformationszyklen – von der Mechanisierung über Automatisierung bis zur Autonomisierung – entwickeln. Gegenwärtig, so Thielmann, befinde sich die Industrie in einem Übergang von einer »Industrie 3.5« hin zu einer »Industrie 4.0«, die auf autonome Systeme, Künstliche Intelligenz und vernetzte Infrastrukturen baut. Perspektivisch könnten Quanten-, Bio- und Neurotechnologien den Weg über eine »Industrie 4.0« hinaus ebnen, in der schließlich physikalische und biologische Systeme zunehmend verschmelzen.

    Diese Entwicklungen verlaufen nicht gleichmäßig, sondern in langen Wellen: zeitlich gesehen von ersten Schrittmachertechnologien über Schlüssel- und Spitzentechnologien bis hin zu Basistechnologien und zudem entlang der Wertschöpfung bis Technologien aus der Forschung heraus tief in Infrastrukturen verankert sind. Eine Industrialisierungswelle kann sich demnach über mehrere Jahrzehnte erstrecken und damit die langfristige Wertschöpfungsstruktur von Volkswirtschaften prägen.

    Orientierung für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

    Das Modell ermöglicht es, Technologien funktional, zeitlich und wirtschaftlich einzuordnen – und daraus Handlungsoptionen abzuleiten. Es bietet Ansatzpunkte für FuE-, Industrie- und Innovationspolitik, aber auch für Unternehmen, die technologische Entwicklungen strategisch bewerten wollen. »Mit unserem Bewertungsrahmen schaffen wir ein Instrument zur Technologie-Navigation für die Zukunft«, erklärt Axel Thielmann. »Er ist ein Orientierungs- und Planungsinstrument und sollte nicht als deterministisches Berechnungstool missverstanden werden. Aber mit diesem Konzept können wir besser verstehen, wie Schlüsseltechnologien in unterschiedlichen Phasen mit- oder auch gegeneinander wirken, welche Wertschöpfungspotenziale sie eröffnen – und wo politische und wirtschaftliche Maßnahmen am stärksten ansetzen sollten.«

    So werden Schlüsseltechnologien zu Navigationspunkten im globalen Wandel – zwischen Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und Nachhaltigkeit. Der neue Ansatz unterstützt Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dabei, Prioritäten zu setzen, Synergien zu erkennen und die technologische Souveränität Europas langfristig zu sichern.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Axel Thielmann
    Leiter der Abteilung Neue Technologien am Fraunhofer ISI
    Telefon +49 721 6809-299
    E-Mail: Axel.Thielmann@isi.fraunhofer.de


    Originalpublikation:

    Zur Bedeutung von Schlüsseltechnologien für die Wertschöpfung der Zukunft. Ein Bewertungsrahmen zur „Technologievaluation“ https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/t/2025/2025-11_schluesse...


    Weitere Informationen:

    https://Registrierung für Presseverteiler des Fraunhofer ISI: https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/verteiler/anmeldung-presseverteiler.html
    https://Newsletter des Fraunhofer ISI abonnieren: https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/verteiler/anmeldung-newsletter.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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