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19.11.2025 11:59

Maria Aurora von Königsmarck: die „berühmteste Frau zweier Jahrhunderte“

Lutz Ziegler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    In Eichstätt, Würzburg und Darmstadt entsteht eine hybride Edition des Werks von Aurora von Königsmarck. Als Dichterin, Musikerin und Veranstalterin imposanter Feste war sie zentrale Figur der Galanterie im deutschsprachigen Raum.

    Höflichkeit, Bildung, Eleganz, Anmut – und natürlich auch Flirten. Das alles gehört zur hochmodischen Galanterie um 1700. Ihr Verhaltensideal stammt aus Frankreich, genauer aus literarischen Salons wie dem der Mademoiselle de Scudéry, in denen sich Frauen und Männer im freien Austausch auf Augenhöhe begegneten.

    Für den deutschsprachigen Raum herrschte das Vorurteil, die Galanterie sei hier nur in einer maskulinen Schrumpfform angekommen. Universitätsprofessoren und ihre Studenten, wie Christian Thomasius, August Bohse und Christian Friedrich Hunold, hielten Vorlesungen darüber, verfassten galante Romane und Anleitungen, Briefe zu schreiben.

    Doch vor allem eine weibliche Protagonistin straft dieses Vorurteil eindrücklich Lügen: die deutsch-schwedische Gräfin Maria Aurora von Königsmarck (1662–1728). Sie gilt im deutschsprachigen Raum als das unerreichte und umschwärmte Vorbild einer galanten Dame.

    Ein Forschungsteam um Professor Stephan Kraft von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU), Professorin Isabelle Stauffer von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und Professor Thomas Stäcker von der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt will das literarische Werk sowie ausgewählte Korrespondenzen der Gräfin nun zusammentragen und zugänglich machen.

    Ein umfangreiches Werk und weitreichende Kontakte

    Aus einem mächtigen Geschlecht des schwedischen Hochadels stammend, wurde Maria Aurora von Königsmarck eine Mätresse des sächsischen Kurfürsten Augusts des Starken, mit dem sie einen Sohn hatte. Moritz von Sachsen machte eine große Karriere und erreichte unter Ludwig XV. die Position des Marschalls von Frankreich. Sie selbst wurde später Pröpstin des reichsfreien Damenstifts in Quedlinburg.

    Als Organisatorin und Mittelpunkt von höfischen und galanten Festen sowie als Musikerin und Schauspielerin, war sie, wie Voltaire es fasste, die „berühmteste Frau zweier Jahrhunderte“. Nicht zuletzt war sie aber auch eine galante Dichterin von höchstem Rang, schrieb weltliche und religiöse Lyrik, Dramen, autobiographische Erzähltexte und literarische galante Briefe auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Schwedisch und Latein.

    Ihre Korrespondenzpartner reichten vom Hochadel bis zu den größten Gelehrten ihrer Zeit. Darunter befanden sich König Carl XII. von Schweden, König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, Gottfried Wilhelm Leibniz und August Hermann Francke.

    Wer von alldem nichts weiß, hat möglicherweise einmal von der sogenannten ‚Königsmarckaffäre‘ gehört. Diese kostete 1694 ihrem Bruder Philipp Christoph das Leben. Er hatte sich verbotenerweise in die hannöversche Kurprinzessin Sophie Dorothea verliebt und wurde das Opfer bezahlter Mörder. Seine Leiche wurde nie gefunden. Auch dem Leben seiner Schwester verlieh diese europaweit diskutierte Katastrophe eine neue und entscheidende Wendung: Auf der Suche nach Antworten auf das plötzliche Verschwinden ihres Bruders lernte Maria Aurora August den Starken kennen – und es eröffneten sich ihr völlig neue Möglichkeiten.

    Gesamtwerk bislang kaum greifbar

    Heute ist ihr facettenreiches literarisches Werk, das auf das engste mit der galanten Lebenswelt verbunden war, kaum noch greifbar. Die Drucke erfolgten zu Lebzeiten – wie es damals für eine adelige Dame üblich war – fast nie mit der Nennung ihres Namens. Die Handschriften liegen weit verstreut in Deutschland und Schweden.

    Keine der bisherigen modernen Sammlungen unter ihrem Namen enthält mehr als etwa ein Viertel des Materials – und auch das nur in eher zufälligen Zusammenstellungen.

    Dieser Umstand ist Anlass für die Forschenden, das literarische Werk von Aurora von Königsmarck und eine Auswahl ihrer Korrespondenzen erstmals zusammenhängend zugänglich zu machen.

    Die kommentierte Edition wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Sie erscheint sowohl in Buchform im Verlag Olms als auch online am Zentrum für digitale Editionen in Darmstadt (ZEiD). Dort gibt es auch die Möglichkeit, digitale Kopien der Handschriften und Drucke zu präsentieren. Da galante Texte eng in kommunikative Kontexte eingebunden sind, ist die Ausgabe nach den räumlichen und zeitlichen Schwerpunkten des Lebens von Aurora von Königsmarck gegliedert: Schweden, die Herzogtümer der Welfen, Dresden, Hamburg und schließlich Quedlinburg. Neben den detaillierten Kommentaren zu Einzelstellen erhält jede dieser Stationen von Leben und Werk eine eigene Einführung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Stephan Kraft, Institut für deutsche Philologie, Universität Würzburg, E-Mail: stephan.kraft@uni-wuerzburg.de


    Weitere Informationen:

    https://www.germanistik.uni-wuerzburg.de/prof-ndl/dfg-projekte-kraft/ DFG-Projekt Königsmarck
    https://www.degruyter.com/database/VDBO/entry/vdbo.vl17.K24/html Einführung zur Person und zum Werk Aurora von Königsmarcks von Stephan Kraft


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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