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19.11.2025 13:00

Heidelberger Geoinformatiker veröffentlichen globalen Satellitendatensatz für Routenplanung humanitärer Einsätze

Kirsten Baumbusch Kommunikation
Klaus Tschira Stiftung gGmbH

    Ein neuer globaler Datensatz des HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology) ermöglicht es weltweit zwischen befestigten und unbefestigten Straßen zu unterscheiden.

    Heidelberg, 19.11.2025. Ein neuer globaler Datensatz des HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology), das von der Klaus Tschira Stiftung getragen wird, ermöglicht es weltweit zwischen befestigten und unbefestigten Straßen mit bisher unerreichter Konsistenz zu unterscheiden. Die aus hochauflösenden Satellitenbildern abgeleiteten Daten erlauben eine verlässlichere Routenplanung, Erreichbarkeitsanalyse und die Erfassung von Infrastrukturveränderungen im Zeitverlauf, insbesondere in Regionen, in denen aktuelle Informationen vor Ort fehlen.

    Aufbauend auf einem früheren HeiGIT-Datensatz, der auf Mapillary und OpenStreetMap basierte, bietet die neue Veröffentlichung eine systematische, von lokalen Datenverfügbarkeiten unabhängige Sicht auf Infrastrukturveränderungen.

    Während zahlreiche globale Straßenkarten existieren, enthalten nur wenige detaillierte Informationen über Straßenbeläge oder bilden den raschen Infrastrukturwandel adäquat ab. Der neue HeiGIT-Datensatz schließt diese Lücke, indem er PlanetScope-Satellitenbilder mit einer Auflösung von 3-4 m (aus 2020–2024) mit Deep-Learning-Modellen kombiniert. Dieser Schritt ermöglicht die Analyse von über 9,2 Millionen Kilometer bedeutender Verkehrsverbindungen zwischen Städten und ländlichen Regionen. Das Ergebnis ist eine globale Klassifikation mit einer Genauigkeit von 89,2 %, die gängige offene Datensätze um mehr als 20 Prozentpunkte übertrifft.

    Ein zentrales Element des Datensatzes ist der „Humanitarian Passability Score“ – ein Index, der Straßenoberfläche und -breite kombiniert, um die Zugänglichkeit unter unterschiedlichen Bedingungen abzuschätzen. Diese Kennzahl unterstützt eine bessere Routenplanung für Logistik, Infrastrukturmanagement und Katastrophenvorsorge.

    „Mit diesem Datensatz können humanitäre Akteure erkennen, welche Routen auch unter extremen Wetterbedingungen oder saisonalen Einschränkungen befahrbar bleiben“, erklärt Prof. Alexander Zipf, Wissenschaftlicher Direktor des HeiGIT. „Er liefert ein bislang fehlendes Puzzleteil für die Navigation in Regionen mit unzuverlässigen Straßeninformationen.“
    Über die Routenplanung hinaus verknüpft der Datensatz Verbesserungen der Straßenqualität mit der menschlichen Entwicklung. Die Analysen des HeiGIT zeigen deutliche Ungleichheiten: In Europa und Nordamerika sind mehr als 96 % der Straßen befestigt, während Subsahara-Afrika im Durchschnitt nur 63 % erreicht – mit einem Infrastrukturdefizit, das vor allem in ländlichen Räumen konzentriert ist.

    Regionen mit einem höheren Anteil befestigter Straßen und einem schnelleren Tempo neuer Asphaltierungen seit 2020 weisen tendenziell höhere Werte im „Human Development Index“ auf und unterstreichen damit Infrastruktur als dynamisches Maß für sozioökonomischen Fortschritt. Solche Daten können Regierungen, Entwicklungsorganisationen und Forschende dabei unterstützen, gezielte Investitionen in Straßeninfrastruktur zu planen, um die Erreichbarkeit und Resilienz von Räumen zu stärken.

    „Im Gegensatz zu traditionellen Indikatoren wie Nachtlichtdaten zeigen Straßennetze Entwicklungen auf lokaler Ebene – sie machen sichtbar, wie Veränderung tatsächlich vor Ort stattfindet“, sagt die Projektleiterin Dr. Sukanya Randhawa, “Wenn wir Satellitenbilder mit wirtschaftlichen Entwicklungsdaten verbinden, lässt sich der Wandel der Infrastruktur als messbares Signal für Fortschritt und Verwundbarkeit zugleich erfassen.“

    Das mehrjährige Design des Datensatzes erfasst Veränderungen der Straßenbedingungen, etwa durch Neubau oder Verfall bestehender Infrastruktur. Damit ergeben sich Anwendungen von der globalen Beobachtung bis zur lokalen Entscheidungsunterstützung: Auf planetarer Ebene liefert der Datensatz ein Rahmenwerk zur Verfolgung von Entwicklungsprozessen; auf nationaler Ebene unterstützt er Bewertungen von Infrastruktur und wirtschaftlicher Vulnerabilität. Fallstudien in Ghana und Pakistan verdeutlichen die Einsatzmöglichkeiten in den Bereichen urbane Gerechtigkeitsanalyse, Klimaanpassungsplanung und humanitäre Einsatzkoordination.

    Durch die Überführung der Kenntnisse über das Straßennetz von einer statischen Information zu einem dynamischen Veränderungsindikator bietet der Datensatz eine weltweit einheitliche Grundlage für fundierte Routen- und Zugänglichkeitsplanung und trägt zur Beobachtung der Fortschritte bei den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs) bei.

    Der Datensatz ist frei verfügbar über die Humanitarian Data Exchange, die offene Datenplattform des United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA), und wird jährlich aktualisiert. Die zugrundeliegende Methodik und Forschung sind als Preprint (LINK) veröffentlicht.

    Die Forschung und Datenveröffentlichung wurden durch die Klaus Tschira Stiftung unterstützt, deren Förderung es dem HeiGIT ermöglicht, offene georäumliche Innovationen für nachhaltige Entwicklung und humanitäre Hilfe voranzutreiben.

    Link zum Humanitarian Data Exchange: https://data.humdata.org/organization/heidelberg-institute-for-geoinformation-te...

    Ansprechpartner:innen vom HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology)

    Prof. Dr. Alexander Zipf (Wissenschaftlicher Leiter HeiGIT)
    E-Mail: Alexander.Zipf@heigit.org

    Lisa Shkredova (Kommunikation)
    E-Mail: lisa.shkredova@heigit.org

    Ansprechpartnerin für den Datensatz
    Dr. Sukanya Randhawa (Projektleiterin)
    Email: sukanya.randhawa@heigit.org

    HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology) treibt die Geoinformationstechnologie zum Nutzen von Gesellschaft und Umwelt voran. Das Institut schließt die Kluft zwischen der Grundlagenforschung in der Geoinformatik und praktischen Anwendungen. Dabei entwickeln die Forscher innovative Werkzeuge und Methoden, wie maßgeschneiderte Geodaten für humanitäre Einsätze und intelligente Routenplanung für Katastrophenhilfe und Klimaschutz. So stellen Sie Forschern, Behörden und gemeinnützigen Organisationen frei zugängliche Werkzeuge und Datensätze zur Verfügung. Die HeiGIT gemeinnützige GmbH wurde 2019 als An-Institut der Universität Heidelberg gegründet und wird von der Klaus Tschira Stiftung getragen.

    Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940–2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de


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    Copyright: © sig_3co, Panoramax


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Geowissenschaften, Informationstechnik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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