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20.11.2025 17:16

Finanzielle Teilhabe bei Erneuerbaren: Studie zeigt Herausforderungen der Landesregelungen

Kristian Lozina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Umweltenergierecht

    Die Stiftung Umweltenergierecht hat die Landesgesetze zur finanziellen Beteiligung von
    Gemeinden und Einwohnern am Ausbau erneuerbarer Energien untersucht. Die Analyse
    zeigt: Uneinheitliche Vorgaben können die Akzeptanzförderung erschweren, Standortnachteile schaffen – und bringen zum Teil rechtliche Risiken mit sich.

    Werden Gemeinden oder deren Einwohner am Gewinn von Erneuerbare-Energien-Anlagen finanziell beteiligt, soll das die Akzeptanz des Erneuerbaren-Ausbaus und der Energiewende insgesamt steigern. Doch gleichzeitig kann sich eine solche Beteiligung auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen auswirken – und damit potenziell auch den Ausbau bremsen.

    Die Stiftung Umweltenergierecht hat in ihrer jüngsten Würzburger Studie zum Umweltenergierecht Nr. 43, „Die Landesgesetze zur finanziellen Beteiligung von Gemeinden und Einwohnern beim Ausbau erneuerbarer Energien“, den aktuellen Rechtsrahmen untersucht. Sie geht dabei unter anderem den Fragen nach: Welche gesetzlichen Verpflichtungen haben Betreiber? Welche Probleme ergeben sich durch die unterschiedliche Gesetzeslage in den einzelnen Bundesländern? Und welche Handlungsoptionen hat hier der Bund?

    Vorgaben für die Länder, der Bund hat zu überwachen

    Über die richtige Ausgestaltung von Teilhaberegelungen zur Steigerung der Akzeptanz gegenüber Erneuerbaren wurde in Deutschland lange diskutiert. Das Bundesverfassungsgericht hat 2022 grundsätzlich bestätigt, dass verpflichtende Teilhaberegelungen der Länder zulässig sind, solange der Bund ihnen hierzu die Regelungskompetenz überlässt (1 BvR 1187/17). Mittlerweile haben acht Bundesländer entsprechende Landesgesetze verabschiedet: Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

    Aus den Ausführungen des Gerichts zur Verhältnismäßigkeit ergeben sich konkrete Anforderungen an die Gesetzgebung: Eingriffe in die Berufsfreiheit der Betreiber sind nur gerechtfertigt, wenn sie sowohl der Akzeptanzsteigerung dienen als auch den übergeordneten Zweck eines verstärkten Erneuerbaren-Ausbaus unterstützen. „Diese Zwecke sind nicht deckungsgleich, sondern müssen von den Landesgesetzgebern in Einklang gebracht werden“, erklärt Sebastian von Ammon, Mitautor der Studie. Der Bund habe mit dem EEG (insbesondere § 6 und § 22b Abs. 6) dafür einen Rahmen geschaffen. „Er sollte die Folgen der unterschiedlichen Landesgesetzgebung für den Erneuerbaren-Ausbau im Blick behalten und, soweit notwendig, reagieren.“

    Drei herausfordernde Aspekte

    Durch die Landesgesetze hat sich eine sehr heterogene Rechtslage entwickelt. Die Regelungen unterscheiden sich sowohl in ihrem Anwendungsbereich als auch beim Kreis der Berechtigten und der Art sowie der Höhe der Zuwendungen teils erheblich. Die Studie identifiziert daraus zwei zentrale Herausforderungen. Erstens, eine unsichere Akzeptanzwirkung: Eine Akzeptanzsteigerung erscheint fraglich, wenn der Kreis der Teilhabeberechtigten kleiner oder die Höhe der Beteiligung im Landesvergleich geringer ausfällt. Zweitens, Standortnachteile: Zu hohe Belastungen für Betreiber können einzelne Länder unattraktiv machen – und damit den Ausbau erneuerbarer Energien hemmen.

    Ein dritter Aspekt betrifft das Strafrecht. „Durch landesrechtliche Beteiligungsmodelle können im Einzelfall strafrechtliche Risiken entstehen“, erklärt Sebastian von Ammon. Das EEG stellt sicher, dass die freiwillige Beteiligung von Gemeinden nicht unter die Vorschriften über Vorteilsannahme im Strafgesetzbuch fällt. „Landesgesetze bieten diesen Schutz jedoch nicht automatisch. Lassen sie bei der konkreten Ausgestaltung zusätzliche Spielräume zu – also Vorteile, die über das gesetzlich vorgesehene Maß hinausgehen –, könnte dies wieder als strafrechtlich relevanter Vorteil gewertet werden.“

    Die Handlungsoptionen des Bundes

    „Der Bund sollte tätig werden, wenn die Regelungen der Länder aufgrund ihrer Heterogenität und den mit ihnen verbundenen Belastungen der Betreiber den übergeordneten Zweck – die Steigerung des Ausbaus erneuerbarer Energien – nicht mehr erfüllen können“, erklärt Dr. Nils Wegner, Mitautor der Studie. Gegen eine bundesrechtliche Verpflichtung der Betreiber zur Teilhabe werden allerdings weiterhin finanzverfassungsrechtliche Gründe geltend gemacht. Ihre Umsetzung erscheint deshalb eher unwahrscheinlich.

    Die Handlungsoptionen des Bundes ergeben sich in erster Linie im Hinblick auf die Länderöffnungsklausel im EEG (§ 22b Abs. 6 EEG 2023). Sebastian von Ammon: „Durch ihre Einschränkung könnte eine Angleichung der landesrechtlichen Regelungen erreicht werden, indem den Ländern insbesondere Vorgaben gemacht werden zum Kreis der Berechtigten, dem zulässigen Höchstwert einer verpflichtenden Teilhabe und der Ausgestaltung der Beteiligung. So könnten auch Belastungen für Betreiber insgesamt begrenzt werden.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Nils Wegner, Leiter Forschungsgebiet Planungs- und Genehmigungsrecht, Stiftung Umweltenergierecht, Tel.: +49 931 79 40 77-0, E-Mail: wegner@stiftung-umweltenergierecht.de


    Originalpublikation:

    S. von Ammon/N. Wegner, Die Landesgesetze zur finanziellen Beteiligung von Gemeinden und Einwohnern beim Ausbau erneuerbarer Energien, Würzburger Studien zum Umweltenergierecht Nr. 43 vom 20. November 2025


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Energie, Recht, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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