Wie kann Musik Menschen im Strafvollzug unterstützen, neue Perspektiven eröffnen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen? Diesen Fragen stellten sich Fachleute aus Kultur, Justiz, Pädagogik und Sozialarbeit, die zu einer von der Musikhochschule Lübeck (MHL) veranstalteten Tagung „Kulturelle Teilhabe im Strafvollzug: Fokus Musik“ am 20. und 21. November nach Lübeck kamen.
Über 70 Tagungsteilnehmende diskutierten im Übergangshaus über die Bedeutung musikalischer Praxis für Resozialisierung und Teilhabe und stellten ihre Projekte aus der Praxis vor. Die Tagung „Kulturelle Teilhabe im Strafvollzug: Fokus Musik“ bewies eindrucksvoll, wie Musik neue Perspektiven eröffnet, Anerkennung ermöglicht und junge Menschen im Vollzug stärkt. Sie bot ein vielfältiges Programm mit Vorträgen, Workshops und Dialogformaten.
Einer der Höhepunkte war die Preisverleihung für den bundesweiten Wettbewerb „Die kleine große Knastmusik“, bei dem Beiträge aus 11 Vollzugseinrichtungen unter anderem in Lübeck, Moltsfelde, Hamburg, Aachen, Kassel und Uchtspringe ausgezeichnet wurden. Mit seiner bewegenden Lebensgeschichte beeindruckte auch der ehemalige Intensivtäter und heutige Sozialpädagoge Mashood Khan das Publikum. Er schilderte in seinem Vortrag und Kurzfilm „Zurück ins Leben“ eindrucksvoll, wie Rapmusik ihm half, einen Weg aus Gewalt und Perspektivlosigkeit heraus in die Anerkennung seiner Arbeit zu finden. Das große Potenzial von Musik wurde auch in der Podiumsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern schleswig-holsteinischer Hafteinrichtungen deutlich. Dabei gaben Teams aus Leitung und Musikpädagoginnen und Musikpädagogen, die Angebote in den Einrichtungen ausgestalten, – darunter auch Studierende der MHL – einen authentischen Einblick in die Chancen und Herausforderungen kultureller Bildungsarbeit im Vollzug.
Den feierlichen Schlusspunkt der Veranstaltung bildete die Gründung des Netzwerks „AUFTAKT“. Mitbegründerin Prof. Dr. Annette Ziegenmeyer erläutert: „Das AUFTAKT-Netzwerk ist ein inspirierender und dynamischer Raum, in dem sichtbar wird, wie vielfältig und wirkungsvoll Musik gesellschaftliche Transformationsprozesse mitgestalten kann“. Das Netzwerk soll künftig die Akteurinnen und Akteure im Feld „Musik im Strafvollzug“ bundesweit vernetzen und sichtbar machen. Weitere Informationen zum Projekt und Netzwerk „AUFTAKT“ über die Webseite der MHL www.mh-luebeck.de. Eine Kontaktaufnahme mit Prof. Dr. Annette Ziegenmeyer ist auch per E-Mail über auftakt@mh-luebeck.de möglich.
HINTERGRUND
Die Bedeutung von Musik als Entwicklungsressource zog sich wie ein roter Faden durch die Tagung. Drei inhaltliche Spotlights verdeutlichen die Relevanz und Themenbreite:
- Musik als Medium für Begegnung: Wie das Netzwerk entstand
Ausgangspunkt war ein von Prof. Dr. Annette Ziegenmeyer initiiertes Lehrprojekt der MHL in Kooperation mit der JAA Moltsfelde. Seit fünf Jahren ermöglicht es Studierenden und jugendlichen Arrestierten einen gemeinsamen musikalischen Begegnungs- und Erfahrungsraum. Aus diesem Seminar entwickelte sich ein zentraler Transferbaustein in Form des Forschungs- und Entwicklungsprojekts AUFTAKT – und schließlich die Idee, das gleichnamige bundesweite Netzwerk ins Leben zu rufen. Die Netzwerktagung war ein zentraler Meilenstein dieses Projekts „AUFTAKT – Musik als Entwicklungsressource für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende“, das von der Possehl-Stiftung Lübeck gefördert wird. Organisiert und moderiert wurde sie vom AUFTAKT-Projektteam mit Prof. Dr. Annette Ziegenmeyer und Julia Peters (Musikhochschule Lübeck) sowie Dr. Andreas Heye (Universität Bielefeld).
- Musik als Fenster für Freiräume: Der Wettbewerb „Die kleine große Knastmusik“
Mehr als elf Einrichtungen aus sechs Bundesländern nahmen am neu durch Sandra Sinsch, Annette Ziegenmeyer und Andreas Heye ins Leben gerufenen Wettbewerb „Die kleine große Knastmusik“ teil, der dankenswerterweise durch die Dräger-Stiftung gefördert wurde.
Die eingereichten Beiträge – von Rap, Pop, Rock, Weltmusik über Chormusik bis zu Community-Drum-Circles – spiegeln eine beeindruckende künstlerische Vielfalt wider. Sie geben seltene Einblicke in Lebenswelten hinter den Mauern und zeigen, wie kreativ, reflektiert und mutig Menschen sind, die gesellschaftlich unsichtbar bleiben – aber die sich mit und durch ihre Musik Gehör verschaffen können.
- Musik als Schlüssel für Resozialisierung: Mashood Khans Geschichte
Mashood Khans Lebensgeschichte zeigt eindrucksvoll, wie Musik die Identität, Selbstwirksamkeit und Zugehörigkeit fördern kann. Der Sohn einer pakistanischen Familie, der in Schleswig-Holstein geboren wurde, hatte Schwierigkeiten, zwischen den Kulturen zu wechseln. Anerkennung fand er zunächst auf der Straße und geriet als Jugendlicher auf die schiefe Bahn. „Rap hat mich gerettet. Plötzlich wurde ich gesehen und bekam Anerkennung für meine Musik“, sagt Khan. Musik wurde für ihn zum Ventil und zur Brücke zwischen den Welten. Heute nutzt er seine Erfahrungen, um Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen und insbesondere auch denen, die straffällig geworden sind, Orientierung und Perspektive zu geben. Musik wird dabei zum Schlüssel für Resozialisierung und gesellschaftliche Teilhabe.
Prof. Dr. Annette Ziegenemeyer, Musikhochschule Lübeck, auftakt@mh-luebeck.de
https://www.mh-luebeck.de/hochschule/zentrum-fuer-lehrkraeftebildung/auftakt/ Weitere Informationen zum Netzwerk "AUFTAKT"
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch

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