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26.11.2025 14:54

Forschende entwickeln neue Messtechnik für fragile Quantenzustände

Christina Krätzig Abteilung 2
Universität Hamburg

    Hybride Materialien aus Magneten und Supraleitern zeigen interessante Quantenphänomene, die so empfindlich sind, dass es äußerst wichtig ist, sie möglichst störungsfrei zu messen. Forscherinnen und Forscher der Universität Hamburg und der University of Illinois Chicago haben nun sowohl experimentell als auch theoretisch gezeigt, wie sich diese Quantenphänomene mithilfe spezieller Techniken über größere Distanzen hinweg mit einem Rastertunnelmikroskop erkennen und kontrollieren lassen. Ihre Ergebnisse, die für topologische Quantencomputer wichtig sein könnten, wurden in der Fachzeitschrift „Nature Physics" veröffentlicht.

    Wenn sich ein magnetisches Atom in einem Supraleiter befindet, entstehen sogenannte Yu-Shiba-Rusinov-Quasiteilchen. Mit hoher Detektionswahrscheinlichkeit lassen sie sich üblicherweise nur direkt am Ort des Atoms mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops messen. Einem Team um Dr. Jens Wiebe vom Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik der Universität Hamburg sowie der University of Illinois Chicago ist es nun gelungen, diesen Quantenzustand über Distanzen von über dem Zwanzigfachen seiner ursprünglichen Ausdehnung hinweg zu messen - und damit die Störung der Messsonde zu minimieren.

    Die Forschenden sperrten das magnetische Atom in ein Gehege für Quantenzustände, das sie mit der Spitze des Rastertunnelmikroskops aus 91 Silberatomen auf der Oberfläche eines supraleitenden Silberkristalls zusammenbauten. Dieses Quantengehege wurde in seinen Dimensionen exakt so bemessen, dass einer der Quantenzustände der in dem Gehege eingesperrten Silberelektronen genau an der Fermi-Energie lag. So entstand ein Zustand mit mehreren „Bäuchen“. Die Forschenden positionierten das magnetische Atom auf dem linken „Bauch“ und bestimmten die räumliche Verteilung der differentiellen Leitfähigkeit bei der Energie des Yu-Shiba-Rusinov-Quasiteilchens als Maß für dessen lokale Aufenthaltswahrscheinlichkeit.

    „Erstaunlicherweise ist das Yu-Shiba-Rusinov-Quasiteilchen sogar noch an dem am weitesten von dem magnetischen Atom entfernt liegenden, rechten „Bauch“ des Quantengehege-Zustands messbar, ohne dass seine Aufenthaltswahrscheinlichkeit merklich mit dem Abstand zum Atom abfällt“, sagt Jens Wiebe, der auch im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forscht. Denselben Effekt fanden die Forschenden durch Simulationen mit einem Modell stark gebundener Elektronen. Im Vergleich mit den Messungen zeigte sich, dass es sich um einen räumlich kohärenten Quantenzustand handelt, der sowohl aus Cooperpaaren im Volumen als auch an der Oberfläche des Silberkristalls besteht. Schließlich konnten sie nachweisen, dass sich die Teilchen-Loch-Komposition des delokalisierten Yu-Shiba-Rusinov-Quantenzustands variieren lässt, indem die Größe und Form des Quantengeheges angepasst werden.

    Die Technik ermöglicht es, fragile Quantenzustände von Magnet-Supraleiter-Hybriden mit einer lokalen Sonde zu vermessen, aber gleichzeitig den störenden Einfluss der Sonde zu minimieren. Die Forschenden hoffen jetzt, diese Technik in Zukunft auf Majorana-Quasiteilchen anwenden zu können, die über ein großes Potenzial für die Entwicklung von neuartigen, topologischen Quantencomputern verfügen. Außerdem könnten Quantengehege in Zukunft genutzt werden, um Wechselwirkungen zwischen den Quasiteilchen von mehreren Magnet-Supraleiter-Hybriden gezielt zu kontrollieren.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Jens Wiebe
    Universität Hamburg
    Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik
    E-Mail: jens.wiebe@uni-hamburg.de


    Originalpublikation:

    K. T. Ton, C. Xu, I. Ioannidis, L. Schneider, T. Posske, R. Wiesendanger, D. K. Morr & J. Wiebe
    Non-local detection of coherent Yu-Shiba-Rusinov quantum projections
    Nature Physics (2025)
    DOI: 10.1038/s41567-025-03109-y
    https://www.nature.com/articles/s41567-025-03109-y


    Weitere Informationen:

    https://www.cui-advanced.uni-hamburg.de/research/wissenschaftsnews/25-11-26-quan...


    Bilder

    Auf dem linken Bauch des Quanten-Zustandsgeheges (u.) ist ein magnetisches Atom. Die rötliche Farbe in der Rastertunnelspektroskopie (M.) zeigt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Quasiteilchen am rechten Bauch ist, was Simulationen bestätigten (o.).
    Auf dem linken Bauch des Quanten-Zustandsgeheges (u.) ist ein magnetisches Atom. Die rötliche Farbe ...
    Quelle: UHH/Wiebe
    Copyright: UHH/Wiebe


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Elektrotechnik, Energie, Informationstechnik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Auf dem linken Bauch des Quanten-Zustandsgeheges (u.) ist ein magnetisches Atom. Die rötliche Farbe in der Rastertunnelspektroskopie (M.) zeigt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Quasiteilchen am rechten Bauch ist, was Simulationen bestätigten (o.).


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