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26.11.2025 15:26

Neue Recyclingmethode für Textilien

Dr. Florian Aigner PR und Marketing
Technische Universität Wien

    Ein neuartiges, ungiftiges Lösungsmittel ermöglicht es, Textilien aus Mischfasern fast perfekt zu recyceln.

    Wir erzeugen mehr Textilien als je zuvor: Weit über hundert Millionen Tonnen Textilien werden weltweit jedes Jahr produziert – mehr als doppelt so viel wie noch im Jahr 2000. Dadurch wird es immer wichtiger, alte Textilien nicht einfach zu entsorgen, sondern sie auf umweltschonende Weise wiederzuverwerten.

    Das ist jedoch oft nicht einfach – besonders dann nicht, wenn es sich um Mischtextilien handelt, etwa um einen Mix aus Baumwolle und Polyester. An der TU Wien wurde nun eine Methode entwickelt, solche Mischtextilien effizient zu trennen und zu recyceln – auf verblüffend einfache Weise, mithilfe von Menthol und Benzoesäure, zwei ungiftigen Substanzen.

    Fünf Minuten sind genug

    „Was zunächst überrascht: Sowohl Menthol als auch Benzoesäure sind bei Raumtemperatur fest. Doch zusammen bilden sie eine Flüssigkeit – ein sogenanntes Deep Eutectic Solvent. Diese neuartige Flüssigkeit ist ein leistungsfähiges, ungiftiges und leicht herstellbares Lösungsmittel, das vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bietet“, erklärt Andreas Bartl vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften.

    Wird das neuartige Lösungsmittel auf 216 °C erhitzt, beginnt ein faszinierender Prozess: in nur fünf Minuten trennen sich die Bestandteile der Mischtextilien voneinander: Der Polyester löst sich vollständig, während die Baumwolle unverändert bleibt. Sie kann anschließend gewaschen, getrocknet und wiederverwendet werden - der Polyesteranteil fällt beim Abkühlen aus, wird abgetrennt und kann ebenfalls recycelt werden. Mit Rückgewinnungsraten von 100 % bei Baumwolle und 97 % bei Polyester erreicht das Verfahren ein nahezu vollständiges Recycling – ein Ergebnis, das mit herkömmlichen Methoden bisher unerreicht war.

    Nur trennen – nicht chemisch zerlegen

    „Das wirklich Erstaunliche an diesem neuen Verfahren ist, dass weder die Baumwolle noch der Polyester beschädigt oder chemisch verändert werden“, sagt Andreas Bartl. „Unsere Untersuchungen zeigen: Die Baumwollfasern bleiben stabil und behalten ihre typischen Eigenschaften - sie lassen sich sogar wieder zu neuen Garnen verspinnen. Und auch der Polyester bleibt unverändert: Seine Struktur und Schmelztemperatur sind gleich wie zuvor. Das zeigt, wie schonend und effizient dieser Recyclingprozess funktioniert.“ Bislang wurde Polyester beim Recycling meist chemisch zerlegt, also in kleinere Molekülbausteine aufgespalten. Die neue Methode hingegen erhält die Polymerketten vollständig – dadurch bleibt die Materialqualität erhalten.

    Vielversprechende Methode

    Bisher wurde das Verfahren nur im Labor getestet, doch das Forschungsteam rund um Nika Depope und Andreas Bartl sieht darin großes industrielles Potenzial. Sowohl die zurückgewonnene Baumwolle als auch der recycelte Polyester können für zahlreiche Anwendungen genutzt werden - etwa für neue Garne, Fasern, Vliesstoffe oder technische Textilien.

    Derzeit arbeitet das Team daran, den Prozess noch energieeffizienter zu machen, denn die notwendige Temperatur von 216 °C ist energetisch gesehen ein Nachteil. Die Forschenden sind aber zuversichtlich, dass sich hier weitere Optimierungen erzielen lassen -und dass die Methode künftig im industriellen Maßstab zum Einsatz kommen kann.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Andreas Bartl
    Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften
    Technische Universität Wien
    +43 1 58801 166102
    andreas.bartl@tuwien.ac.at

    Nika Depope, MSc
    Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften
    Technische Universität Wien
    nika.depope@tuwien.ac.at


    Originalpublikation:

    N.Depope et al., Deep eutectic solvent as a solution for polyester/cotton textile recycling, Waste Management 208 (2025).
    https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0956053X25005884?via%3Dihub


    Bilder

    Nika Depope
    Nika Depope
    Quelle: TU Wien
    Copyright: TU Wien


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Chemie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Nika Depope


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