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27.11.2025 09:28

Darmregeneration nach Krebstherapie: Immunzellen verwandeln Entzündungssignale in Reparaturprozesse

Clara Stark Stabsstelle „Strategische Entwicklung“
Leibniz-Institut für Immuntherapie

    Regulatorische T-Zellen (Tregs), eine Untergruppe von Immunzellen, gelten normalerweise als „Friedenswächter“, die eine Überreaktion des Immunsystems verhindern. Überraschenderweise zeigt eine neue Studie, veröffentlicht in „Signal Transduction and Targeted Therapy“, dass Tregs Entzündungssignale nutzen, um nach einer Krebstherapie Reparaturprozesse zu starten. Die von der LIT-Kooperationsgruppe „Innate Immunstimulation bei Krebs und Transplantationen“ mit der Klinik und Poliklinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie der TU München (TUM) durchgeführte Untersuchung zeigt, wie das Immunsystem verwendet werden kann, um die Darmschleimhaut zu regenerieren und das Überleben zu verbessern.

    Bislang galt eine Entzündung im Darm vor allem als schädlich. „Nun haben wir gesehen, dass das Immunsystem unter bestimmten Bedingungen Entzündungssignale nutzt, um Heilungsprozesse zu starten“, fasst Prof. Hendrik Poeck, Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) und Leiter der LIT-Kooperationsgruppe, die Ergebnisse zusammen. „Diese Erkenntnisse könnten wichtige klinische Implikationen für viele Patienten haben, deren Darm in Folge einer Krebsbehandlung geschädigt ist“, erklärt Erst- und Korrespondenzautor Dr. Julius Fischer, Forschungsgruppenleiter und Strahlentherapeut an der TUM School of Medicine and Health am TUM Klinikum.

    Zwei Moleküle IFNγ und IL-10 mit Kombinationseffekt auf Darmstammzellen

    Doktorand und Erstautor Sascha Göttert von der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III am UKR entdeckte, dass sowohl in Mausmodellen als auch in Patientenproben Tregs zwei entzündungsassoziierte Moleküle produzieren, die gemeinsam die Darmstammzellen stimulieren: „Wir fanden heraus, dass Interferon-gamma (IFNγ) und Interleukin-10 (IL-10) zusammenwirken, um diese natürlichen Reparatureinheiten des Darms zu beeinflussen“, erklärt Göttert. Während IFNγ allein ein schnelles Zellwachstum auslöst, dabei aber den Pool der intestinalen Stammzellen erschöpft, und IL-10 allein nur eine schwache Unterstützung bietet, liefern sie gemeinsam ein starkes und zugleich dauerhaftes Reparatursignal. Diese Kombination unterstützt sowohl die schnelle Heilung als auch die langfristige Regeneration des Darms nach immun- und strahlungsbedingten Schäden, die in Folge einer Stammzelltransplantation oder Bestrahlung des Bauchraums entstanden sind.

    Wichtiges Zusammenspiel von Darmstammzellen und Tregs zum Schutz des Darms

    Patienten, die intensive Krebsbehandlungen wie Strahlentherapie oder Stammzelltransplantation erhalten, leiden oft unter schweren Schäden der Darmschleimhaut. „Dies verursacht nicht nur schmerzhafte Entzündungen und Komplikationen durch Infekte, sondern verschlechtert auch langfristig die klinischen Ergebnisse“, sagt Dr. Julius Fischer. Wie die Ergebnisse der Studie zeigen, scheint das körpereigene Reparaturprogramm des Immunsystems den Darm während der Krebstherapie zu schützen: „Diese Studie hebt das Zusammenspiel von intestinalen Stammzellen mit Tregs hervor, die als eine Art Master-Reparaturzellen Immun-Signalmoleküle freisetzen und so geschädigtes Gewebe regenerieren“, konstatiert Prof. Hendrik Poeck. Das Verständnis dieser Prozesse eröffnet neue therapeutische Ansätze zur Förderung der Darmreparatur.

    Behandlungen, die Gewebe reparieren, könnten den Erfolg von Krebstherapien verbessern

    Erst kürzlich zeigte eine Studie von Poecks Team in „Nature Communications“, dass Darmbakterien oder ein spezifisches Stoffwechselprodukt ebenfalls intestinale Stammzellen stärken können, um Gewebeschäden in Folge einer Transplantation zu verhindern. Beide Studien zusammen markieren einen wichtigen translationalen Fortschritt in der Behandlung schwerer Nebenwirkungen von Krebs- und Transplantationstherapien – einerseits durch den gezielten Einsatz gentechnisch hergestellter Immunzellen, die bestimmte Immunmoleküle produzieren, und andererseits durch Mikrobiota-Präparate oder Ernährungsstrategien. Unter der Leitung von Wissenschaftlern des UKR und LIT werden beide Ansätze derzeit im Rahmen des Netzwerks des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) für Frühphasen-Studien weiterentwickelt. Zielgruppe sind Patienten, die sich einer Transplantation oder CAR-T-Zelltherapie bei Blutkrebserkrankungen unterziehen.

    Über das Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT)

    Das LIT ist ein Institut innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft mit Sitz in Regensburg, Deutschland. Unsere Mission ist es, innovative Therapien für die Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen zu entwickeln. Durch die Umschulung von Immunzellen mittels synthetischer und pharmakologischer Strategien entwickeln wir Zellen, die Leben retten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. med. Hendrik Poeck
    Leiter der LIT-Kooperationsgruppe „Innate Immunstimulation bei Krebs und Transplantationen“

    LIT – Leibniz-Institut für Immuntherapie
    c/o Universitätsklinikum Regensburg
    Franz-Josef-Strauß-Allee 11
    93053 Regensburg

    Tel.: +49 941 944-5542
    E-Mail: hendrik.poeck@klinik.uni-regensburg.de

    Geschäftsführender Oberarzt
    Leukämien, Stammzelltransplantation und Immuntherapie
    Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III (Hämatologie und Onkologie)
    Universitätsklinikum Regensburg

    Dr. med. Sci. Julius C. Fischer
    Klinischer Wissenschaftler und Nachwuchsgruppenleiter “RadioImmunoOncology”

    AG Radioimmunonkologie
    Klinik und Poliklinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie
    TUM Klinikum
    Ismaninger Str. 22
    81675 München

    Tel.: +49 89 4140 4501 (Sekretariat)
    E-Mail: julius.fischer@tum.de


    Originalpublikation:

    Fischer, J. C., Göttert, S., Giller, M. et al. Tissue-adapted Tregs harness inflammatory signals to promote intestinal repair from therapy-related injury. Signal Transduct. Target. Ther. 10, 384 (2025) https://doi.org/10.1038/s41392-025-02476-5


    Bilder

    Proliferierende Epithelzellen (braun markiert) im Darm eine Woche nach einer Bestrahlung des Bauchraums.
    Proliferierende Epithelzellen (braun markiert) im Darm eine Woche nach einer Bestrahlung des Bauchra ...

    Copyright: © TUM

    Sascha Göttert (links) und Prof. Hendrik Poeck
    Sascha Göttert (links) und Prof. Hendrik Poeck
    Quelle: Clara Stark
    Copyright: © LIT


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Proliferierende Epithelzellen (braun markiert) im Darm eine Woche nach einer Bestrahlung des Bauchraums.


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    Sascha Göttert (links) und Prof. Hendrik Poeck


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