Forschende am Paul Scherrer Institut PSI haben eine neue Analysemethode entwickelt, die selbst geringste Mengen kritischer Verunreinigungen in Biogas erfasst. Auch kleine Biogasanlagen können das Verfahren ohne grossen Investitionsaufwand einsetzen – das befördert die Energiewende.
Der Markt für Biogas wächst: Nach Angaben des Bundesamts für Energie hat die Schweiz im letzten Jahr 471 Gigawattstunden des Energieträgers ins Erdgasnetz eingespeist – in etwa doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Damit wächst auch die Notwendigkeit, schnell und zuverlässig Verunreinigungen in Biogas messen zu können, denn das grüne Gas unterliegt strengen Qualitätskriterien.
Dafür haben Forschende am Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften des PSI jetzt eine Lösung parat. Sie haben erstmals eine Analysemethode entwickelt, welche die beiden kritischsten Verunreinigungen in Biogas gleichzeitig erfasst: Schwefelverbindungen und Siloxane. Ihre Methode präsentieren sie im Fachblatt Progress in Energy.
Landesweite Produktion
Über 160 Biogasanlagen im Land produzieren das wertvolle Gasgemisch aus Abfällen sowie aus Gülle und Mist; hinzu kommen hunderte Abwasserreinigungsanlagen, die Klärschlamm in Faultürmen zum ähnlich zusammengesetzten Klärgas vergären, einer Unterart des Biogases.
Das grüne Gas besteht zu 50 bis 75 Prozent aus Methan und mindestens einem Viertel Kohlendioxid. Durch Abtrennen des Kohlendioxids entsteht Biomethan, welches sich ins Erdgasnetz einspeisen lässt. Biogas – und damit auch Biomethan – kann aber viele Verunreinigungen in nur millionstel Anteilen enthalten. «Diese verursachen trotz ihrer winzigen Konzentration riesige Probleme», sagt Ayush Agarwal, der sich in seiner Doktorarbeit am PSI der Analyse von Biogas gewidmet hat und Erstautor der Studie ist.
Gefürchtete Störstoffe sind etwa organische Schwefelverbindungen: Sie entstehen, wenn Bakterien Proteine zerlegen, die Schwefelatome enthalten. Siloxane wiederum sind siliziumhaltige Verbindungen, die beispielsweise in Duschgelen für ein angenehmes Hautgefühl sorgen. Mit dem Duschgel werden auch die Siloxane den Abfluss heruntergespült und landen in der Kläranlage – und schliesslich im Biogas.
Pures Gift für Brennstoffzellen
Wird Biomethan für die Energieerzeugung verbrannt, etwa in Gaskesseln, reagieren die Siloxane in äusserst unerwünschter Weise: Sie bilden Siliziumdioxid – Bestandteil von Sand und eine der stabilsten Verbindungen auf der Erde. «Es verstopft die Brennsysteme, beispielsweise benötigen die Anlagen dann mehr Energie, um die gleiche Menge an Wasser zu erwärmen», erklärt Agarwal. Ähnlich also einem Wasserkocher, der sich dicht mit Kalk zugesetzt hat.
Sowohl Siloxane als auch organische Schwefelverbindungen verhindern zudem bisher, dass sich Biomethan in einer Brennstoffzelle nutzen lässt. Brennstoffzellen produzieren Strom aus energiereichen Gasen; Schwefelverbindungen aber sind für sie pures Gift. Mit Biomethan lassen sich deshalb momentan keine Brennstoffzellen betreiben. Auch bei der Aufbereitung von Biogas zum einleitbaren Biomethan stören die Verunreinigungen. Kurzum: «Selbst in Spuren sind Siloxane und organische Schwefelverbindungen schädlich.»
Messen, um zu verbessern
In der Schweiz gelten wie im Rest von Europa strenge Grenzwerte für Schwefelverbindungen und Siloxane in Biogas − Voraussetzung für die Einspeisung von Biomethan ins öffentliche Gasnetz und für den Betrieb von Biogasanlagen als Kraftstofflieferant.
Grössere Biogasanlagen besitzen Reinigungssysteme, um das Gas von den unerwünschten Substanzen zu säubern. Mit analytischen Gerätschaften messen die Betreibenden die Zusammensetzung ihres Biogases und können so überprüfen, wie gut ihre Reinigungssysteme arbeiten. Eine gute Analytik ist also die Voraussetzung, damit das gesamte System Biogas funktioniert: «Man kann nur etwas verbessern, wenn man es auch gut messen kann», fasst Agarwal zusammen.
Der Wissenschaftler entwickelte im Rahmen seiner Doktorarbeit am Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften des PSI eine robuste Analytikmethode, die gleichzeitig Siloxane und organische Schwefelverbindungen erfasst − bis zu Spuren von fünfzehn milliardstel Anteilen, das bedeutet, dass auf eine Milliarde Moleküle genau fünfzehn Moleküle der Verunreinigung kommen – eine wirklich winzige Menge.
Schub für die Energiewende
Auch für kleine Biogasanlagen, die keine Analysegeräte vor Ort haben, entwickelten die PSI-Forschenden eine praktische Lösung. Biogasproben lassen sich mit einem mobilen Gerät entnehmen, das die Gase in einer Flüssigkeit löst. Darin halten sich selbst geringe Mengen Verunreinigungen nachweislich für mindestens 28 Tage – ausreichend Zeit, die Proben einem Analyselabor zukommen zu lassen, die es dann misst.
Die universelle Anwendbarkeit der Analysemethode ermöglicht es, sie breit im ganzen Land einzusetzen und so den Einsatz von Biogas voranzutreiben. «Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir am PSI angewandte Forschung betreiben, die konkrete Lösungen für aktuelle Herausforderungen liefert», sagt Christian Ludwig, ebenfalls Forscher am Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften und Co-Autor der Studie.
So funktioniert die Methode
Ein Gaschromatografiegerät trennt zunächst die Bestandteile im Biogas auf. Anschliessend werden sie der Reihe nach über eine Methode erfasst, die sich «Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma» nennt. Dabei werden die Probenbestandteile verdampft, in ihre atomaren Bestandteile zerlegt und zu geladenen Teilchen umgewandelt. Anschliessend erfasst das Massenspektrometer die Isotope der einzelnen Elemente und quantifiziert sie.
Der Trick dabei: Das Gerät erfasst nur ganz bestimmte, zuvor ausgewählte Elemente und ignoriert alle anderen. So ist es möglich, Schwefel und Silizium auch in sehr geringen Mengen neben einer Fülle anderer Verbindungen im Biogas nachzuweisen. «Unseres Wissens ist das die erste Methode dieser Art, die Schwefel- und Siliziumverbindungen gleichzeitig bestimmen kann», sagt Agarwal.
Text: Brigitte Osterath
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Über das PSI
Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Zukunftstechnologien, Energie und Klima, Health Innovation und Grundlagen der Natur. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 2300 Mitarbeitende und ist damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 450 Mio. Das PSI ist Teil des ETH-Bereichs, dem auch die ETH Zürich und die ETH Lausanne angehören sowie die Forschungsinstitute Eawag, Empa und WSL.
Dr. Ayush Agarwal
ayush.agarwal@psi.ch
[Englisch]
Prof. Dr. Christian Ludwig
PSI Center for Energy and Environmental Sciences
Paul Scherrer Institut PSI
+41 56 310 26 96
christian.ludwig@psi.ch
[Deutsch, Englisch]
Simultaneous quantification of siloxanes and condensable sulfur compounds in biogas for energy applications
Ayush Agarwal, Laura Torrent, Julian Indlekofer, Sylvain Bouchet, Lucy P. Culleton, Serge M.A. Biollaz, Christian Ludwig
Progress in Energy, 27.11.2025 (online)
DOI: 10.1088/2516-1083/ae1923
https://www.psi.ch/de/news/medienmitteilungen/sauberes-biogas-universell-messbar – Medienmitteilung auf der Webseite des Paul Scherrer Instituts PSI
Ayush Agarwal hat sich während seiner Doktorarbeit am Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften ...
Quelle: Markus Fischer
Copyright: Paul Scherrer Institut PSI
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Energie, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch

Ayush Agarwal hat sich während seiner Doktorarbeit am Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften ...
Quelle: Markus Fischer
Copyright: Paul Scherrer Institut PSI
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