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01.12.2025 14:05

Zehn Jahre Wendelstein 7-X – zehn Jahre Fusionsforschung an der Weltspitze

Frank Fleschner Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik

    Am 10. Dezember 2015 erzeugte die Kernfusionsanlage des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald ihr erstes Plasma. Das weltweit leistungsfähigste Experiment vom Typ Stellarator hat seitdem mehrere Rekorde erreicht – und bildet heute die Basis für Kraftwerkspläne mehrerer Start-up-Unternehmen.

    Zahlreiche internationale Medienvertreter hatten sich am 10. Dezember 2015 um die Mittagszeit im Kontrollraum versammelt, um den Start von Wendelstein 7-X mitzuerleben. Zusätzlich waren mehrere internationale Fusionslaboratorien live per Videostream zugeschaltet, als die Betriebsmannschaft von Wendelstein 7-X zum ersten Mal ein Milligramm Heliumgas in das ausgepumpte Plasmagefäß einspeiste und die Mikrowellen­heizung anschaltete. Über eingebaute Kameras erschien das erste Plasma. Die Messgeräte verzeichneten eine eingespeiste Leistung von 1,3 Megawatt, eine Temperatur von einer Million Grad Celsius und eine Pulsdauer von gerade mal einer Zehntelsekunde. Deutlich länger dauerte der frenetische Applaus, der kurz darauf aufbrandete.

    Auf diesen Moment hatten hunderte Mitarbeiter am IPP jahrelang hingearbeitet. Die Montage von Wendelstein 7-X begann im April 2005. Ein Ring aus 50 supraleitenden, etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen ist das Kernstück der Anlage. Sie werden auf Temperaturen von etwa minus 270 Grad Celsius gekühlt. Die Berechnung ihrer komplexen Formen war erst durch den Einsatz von Supercomputern möglich geworden.

    Wendelstein 7-X soll nachweisen, dass Stellaratoren für Kraftwerke tauglich sind

    Das magnetische Feld schließt das heiße Plasma so ein, dass es weitgehend berührungsfrei im donutförmigen Plasmagefäß schwebt. Das ist das Prinzip von Magnetfusionsanlagen, die bis 2015 vor allem nach dem einfacheren Tokamak-Prinzip gebaut wurden. Wendelstein 7-X gehört dagegen zu den Stellaratoren, die zwar schwieriger zu realisieren sind, aber in der Theorie überlegene Eigenschaften besitzen.

    Aber eignet sich das Stellarator-Prinzip auch in der Realität, um ein Fusionskraftwerk zu bauen, das nach Vorbild der Sonne Energie aus der Verschmelzung von Wasserstoff-Atomkerne gewinnt? Genau diesen Beweis soll Wendelstein 7-X erbringen. Bis heute handelt es sich um das leistungsfähigste Stellarator-Experiment, das von Forschenden aus der ganzen Welt genutzt wird.

    „Wir beginnen mit einem Plasma aus dem Edelgas Helium“, sagte IPP-Direktor Thomas Klinger vor zehn Jahren. „Denn mit Helium ist der Plasmazustand leichter zu erreichen. Außerdem können wir mit Helium-Plasmen die Oberfläche des Plasmagefäßes reinigen.“ Das erste Wasserstoff-Plasma zündete drei Monate später ein prominenter Gast: Bundeskanzlerin Dr Angela Merkel kam am 3. Februar 2016 eigens nach Greifswald, um damit den wissenschaftlichen Betrieb einzuleiten.

    Inzwischen werden Temperaturen von 40 Millionen Grad Celsius erreicht

    Seitdem wurde Wendelstein 7-X in mehreren Umbauphasen aufgerüstet. Die Gefäßwand ist inzwischen komplett Wasser-gekühlt und die Plasmaheizung erheblich leistungsfähiger. Damit erreicht Wendelstein 7-X inzwischen Ionentemperaturen von 40 Millionen Grad Celsius im Plasma.

    Im Februar 2023 kann erstmals ein Plasma über acht Minuten aufrechterhalten werden – bei einem Energieumsatz von 1,3 Gigajoule (eingekoppelte und wieder ausgekoppelte Energie). Bis heute ist das der Weltrekord für Stellaratoren. In den kommenden Messkampagnen plant das Wendelstein 7-X-Team diese Werte noch deutlich zu steigern. Ziel ist ein 30-Minuten-Puls bei hoher Energieeinkopplung. Das wäre der Beweis, dass Stellaratoren für einen Dauerbetrieb geeignet sind.

    Im Mai 2025 erreichte Wendelstein 7-X einen neuen Weltrekord für das so genannte Tripelprodukt bei langen Plasmaentladungen: An diesem letzten Tag der Messkampagne konnte über 43 Sekunden Plasmadauer ein neuer Spitzenwert für diese zentrale Kenngröße in der Fusionsphysik erreicht werden. Damit liegt das Tripelprodukt auf Augenhöhe mit den Werten der besten Tokamak-Experimente.

    Start-ups orientieren sich an W7-X

    Die Erfolge von Wendelstein 7-X inspirierten in den vergangenen Jahren auch weltweit mehrere neu gegründete Unternehmen, die auf Basis von Wendelstein 7-X Stellarator-Kraftwerke entwickeln. In Deutschland sind dies die Firmen Proxima Fusion und Gauss Fusion. Mit beiden arbeitet das IPP im Rahmen von Kooperationsverträgen zusammen.

    Wendelstein 7-X befindet sich derzeit in einer einjährigen Wartungsphase. Im September 2026 wird der leistungsfähigste Stellarator der Welt wieder den Experimentierbetrieb aufnehmen und auf Rekordjagd gehen.

    Kontakt:
    Max-Planck-Institut für Plasmaphysik
    Frank Fleschner
    Pressesprecher
    Boltzmannstraße 2
    85748 Garching bei München


    Weitere Informationen:

    https://Alle Wendelstein-7-X-Meilensteine sind hier aufgeführt: https://www.ipp.mpg.de/9342/meilensteine


    Bilder

    Wartungsarbeiten im Plasmagefäß von Wendelstein 7-X in Greifswald (November 2025)
    Wartungsarbeiten im Plasmagefäß von Wendelstein 7-X in Greifswald (November 2025)

    Copyright: MPI für Plasmaphysik, Ben Peters


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Wartungsarbeiten im Plasmagefäß von Wendelstein 7-X in Greifswald (November 2025)


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