Wie digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle für die Industrie 4.0 vor allem im Maschinen- und Anlagenbau gelingen können, zeigt ein neues Impulspapier des Forschungsbeirats Industrie 4.0. Im Interview spricht Dr.-Ing. Ursula Frank über die Chancen dieser Geschäftsmodelle, über Spannungsfelder und wie kleine und mittlere Unternehmen daran teilhaben können. Frank ist Mitglied im von acatech koordinierten Forschungsbeirat Industrie 4.0 und Leiterin R+D-Cooperations bei der Beckhoff Automation GmbH & Co. KG.
1. Was sind die Chancen digitaler und datengetriebener Geschäftsmodelle und welche Erfolge können Unternehmen damit erzielen?
Verstärkt durch Industrie 4.0 und die damit einhergehende Digitalisierung steht den Unternehmen auf allen Ebenen eine zunehmende Menge an Daten zur Verfügung. Nun ist Kreativität gefragt, diese Daten nutzenstiftend einzusetzen und damit digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln. So können Daten beispielweise als Basis für eine automatisierte oder zumindest unterstützende Entscheidungsfindung, eine Optimierung bestehender Prozessabläufe, eine Erweiterung bestehender Produkte und Dienstleistungen oder für die Entwicklung neuartiger Produkte und Dienstleistungen genutzt werden. Denkbar sind auch die Vermarktung der Daten selbst oder datenbezogener Analyse- und Beratungsleistungen. Je nach gewähltem Ansatz und Unternehmen können unterschiedlichste Erfolge erzielt werden. Beispielweise kann der Einsatz KI-gestützter Datenanalyse-Tools und Smart Services, wie etwa einem „Health Index“, die Produktivität steigern und Ausfallzeiten reduzieren. Expertenwissen lässt sich situativ direkt per Remote-Zugriff bereitstellen, unterstützt durch AR- und VR-Technologien. Zudem bieten B2B-Plattformen einen einfachen Zugang zu Smart Services verschiedener Anbieter. Für Unternehmen ergeben sich durch die Nutzung und/oder Bereitstellung digitaler und datengetriebener Geschäftsmodelle Effizienzsteigerungen in Produktion, Logistik und unternehmerischen Prozessen sowie die Möglichkeit, neue Marktpotenziale zu erschließen. Insgesamt bieten digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle ein erhebliches Potenzial, die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern und auszubauen.
2. Was muss getan werden, damit auch kleine und mittlere Unternehmen digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle umsetzen können und wo liegen mögliche Spannungsfelder?
Kleinere und mittlere Unternehmen sind oftmals führend und einzigartig in ihrer Branche und ihrem Markt. Die Einzigartigkeit spiegelt sich in deren Geschäftsmodellen, Geschäftsprozessen und eingesetzten Technologien sowie Standards wider. Über die Gesamtheit der Unternehmen führt dies in Summe zu einer großen Vielfalt an eingesetzten Technologien, Prozessen und Standards. Um die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu sichern, gilt es, ihre Einzigartigkeit zu bewahren und ihnen gleichzeitig einen einfachen und bezahlbaren Zugang zu digitalen und datengetriebenen Geschäftsmodellen zu ermöglichen. Dafür müssen aus datentechnischer Sicht passende Standards für Schnittstellen und Prozesse definiert werden. Zudem sind Regeln für den Austausch von Daten zu definieren, die die Datenhoheit bei den Unternehmen belassen und diese ihr Kern-Know-how schützen können. Darüber hinaus sind Erlösmodelle erforderlich, die für alle Beteiligten im betrachteten Wertschöpfungsnetz ausreichend Nutzen bieten. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass in vielen kleinen und mittleren Unternehmen Mitarbeitende mit ausreichenden Kompetenzen in Datentechnologien und hybriden Leistungsbündeln fehlen, die digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle vorausschauend planen und umsetzen können. Aufgrund der begrenzten Ressourcen, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen, ist es entscheidend, dass Lösungen einfach, pragmatisch und mit geringem Aufwand implementierbar sind.
3. Eine breite Anwendung der neuen Geschäftsmodelle erfordert oft die Zusammenarbeit in Wertschöpfungsnetzwerken. Wie können Politik, Wissenschaft und Unternehmen die Voraussetzungen für unternehmensübergreifende Kooperationen, z. B. in digitalen Ökosystemen, schaffen?
Viele Unternehmen scheuen davor zurück, sich an Projekten mit großem Investment und für sie nicht unmittelbar erkennbarem Nutzen zu beteiligen – insbesondere in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Einstiegshürden zu senken. Hilfreich sind kleinere, klar abgegrenzte, zeitlich kurze Projekte mit einer überschaubaren Anzahl an Partnern. Diese können zu Leuchtturmprojekten werden und zum Nachahmen ermuntern, ggf. unterstützt durch niedrigschwellige Förderformate. Innerhalb dieser Projekte sollten digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle vorangetrieben werden, die mit wenig Aufwand implementiert werden können und zeitnah einen Mehrwert für die beteiligten Unternehmen erzeugen. Entscheidend ist, dass die Unternehmen für den Umgang mit Daten für sie übliche Standards nutzen können, eine einfache Interoperabilität zwischen den Systemen möglich und IT-Sicherheit gegeben ist. Verbleibt die Datensouveränität bei den Unternehmen und ist die Datennutzung transparent, schafft das Vertrauen und Akzeptanz. Unter Berücksichtigung begrenzter Ressourcen fördern einfach zu handhabende Regeln zur Nutzung von Daten und zur Preisgestaltung die Implementierung digitaler und datengetriebener Geschäftsmodelle. Insgesamt sind Politik und Wissenschaft gefordert, in enger Kooperation mit der Industrie die notwendigen Technologien, Regelwerke und Lösungen zu entwickeln und zugänglich zu machen sowie geeignete Aus- und Weiterbildungsangebote bereitzustellen.
Verena Küstner
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acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V.
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Forschungsbeirat Industrie 4.0/acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (Hrsg.): Erfolgreiche digitale und datengetriebene Geschäftsmodelle für Industrie 4.0 mit Fokus auf dem Maschinen- & Anlagenbau, 2025.
https://doi.org/10.48669/fb40_2025-1
https://www.acatech.de/projekt/forschungsbeirat-industrie-4-0/
Dr.-Ing. Ursula Frank, Leiterin R+D Cooperations Beckhoff Automation GmbH & Co. KG
Copyright: Copyright: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Informationstechnik, Maschinenbau, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch

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