Eine gemeinsame Studie der Hochschule Luzern und der HAW Kiel zeigt eine Zunahme schwerer Unternehmenskrisen im DACH-Raum: Jedes dritte börsennotierte Unternehmen hat seit 2018 einen massiven Kurseinbruch erlitten. Schweizer Unternehmen erweisen sich im Ländervergleich als besonders widerstandsfähig. Die Analyse zeigt, dass mehr als die Hälfte der Krisen auf strategische oder interne (Fehl-)Entscheidungen zurückgeht. Die Analyse basiert auf einer Event-Study der Jahre 2018 bis 2024 und umfasst 669 börsennotierte Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für die Identifikation der Krisen wurden alle Kurseinbrüche von mindestens 25 Prozent innerhalb eines Monats berücksichtigt.
Die Hochschule Luzern (HSLU) und die HAW Kiel haben 669 börsennotierte DACH-Unternehmen im Zeitraum 2018 bis 2024 systematisch auf schwere Kurseinbrüche und deren Ursachen untersucht. Grundlage der Analyse sind Kursdaten sowie über 2.800 öffentlich zugängliche Unternehmens- und Analystenmeldungen. Die Studie zeigt: Rund jedes dritte der untersuchten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat seit 2018 mindestens eine schwere Krise erlitten – mit einem massiven Aktienverlust von über 25 Prozent innerhalb eines Monats.
Die meisten Unternehmen erholen sich nur langsam von einer solchen einschneidenden Krise. Selbst zwei Jahre nach einem hohen Verlust erreichen betroffene Unternehmen im Durchschnitt erst wieder knapp ihr Vorkrisenniveau. Zum Vergleich: Die DACH-Aktienmärkte haben im selben Zeitraum insgesamt rund 15 Prozent zugelegt. „Diese Erholungsschwäche zeigt, dass viele Unternehmen nicht ausreichend krisenresilient sind: Rund ein Drittel der Firmen, die einen schweren Einbruch erlebt haben, gerät später erneut in Schwierigkeiten – oft wegen derselben strukturellen Schwachstellen wie einer ungünstigen Finanzierungsstruktur, hohen Abhängigkeiten von Schlüsselkunden oder wiederkehrende Governance- und Reportingmängel“, erklärt Prof. Dr. habil. Stefan Hunziker von der HSLU.
Kurseinbrüche sind meist hausgemacht
Die Ursachen schwerer Kurseinbrüche liegen häufig im Unternehmen selbst: Die Analyse von Unternehmensmitteilungen, Ad-hoc-Statements, Analystenberichten und relevanten Medienmeldungen hat rund 41 Prozent der untersuchten Krisen strategischen Fehlentscheiden zugeordnet. Weitere 19 Prozent der Krisen entstehen durch interne, grundsätzlich vermeidbare Risiken. „Dazu gehören beispielsweise verspätete oder fehlerhafte Finanzberichterstattung, Compliance- und Governance-Probleme sowie fehlkalkulierte Großprojekte“, erläutert Prof. Dr. Ute Vanini von der HAW Kiel. Externe Schocks – etwa geopolitische Verwerfungen, internationale Handels- und Zollkonflikte oder makroökonomische Turbulenzen – machen rund 40 Prozent der Kurseinbrüche aus. „Das zeigt, wie wichtig robuste Entscheidungs- und Risikoprozesse gerade in unsicheren Zeiten sind“, ergänzt Vanini.
Einfluss des Unternehmenshauptsitzes sowie der Unternehmensgröße
Im Ländervergleich zeigt sich ein klares Bild: Die analysierten deutschen Unternehmen sind häufiger von schweren Kurseinbrüchen betroffen. Die Schweizer Unternehmen profitieren hingegen von stabileren Sektoren wie Gesundheit, Basiskonsum oder dem Finanzwesen und gelten im DACH-Raum als vergleichsweise widerstandsfähig. Zudem zeigte sich, dass größere Unternehmen – möglicherweise aufgrund ihrer stärkeren Diversifikation – weniger häufig von Krisen betroffen sind als kleinere Unternehmen. Die Resultate zeigen deutlich, dass eine stärkere strategische Ausrichtung des Risikomanagement von Unternehmen notwendig ist. „Wirksames Risikomanagement kann die Entscheidungsqualität wesentlich verbessern: Es identifiziert strategische Abhängigkeiten im Geschäftsmodell und macht Risiken somit frühzeitig sichtbar und damit steuerbar“, lautet das Resümee der beiden Studienleitenden Hunziker und Vanini.
Hintergrund
Ziel der gemeinsamen Studie von HSLU und HAW Kiel war es, Muster und Ursachen schwerer Unternehmenskrisen im DACH-Raum systematisch zu analysieren und die Rolle von Risikomanagement und Resilienz besser zu verstehen. Die Analyse basiert auf einer Event-Study der Jahre 2018 bis 2024 und umfasst 669 börsennotierte Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für die Identifikation der Krisen wurden alle Kurseinbrüche von mindestens 25 Prozent innerhalb eines Monats berücksichtigt. Die Ursachenanalyse stützt sich auf über 2.800 öffentlich zugängliche Unternehmensmitteilungen, Ad-hoc-Statements, Analystenberichte und relevante Medienmeldungen, die mithilfe eines KI-gestützten Verfahrens ausgewertet und von Expert*innen validiert wurden.
ute.vanini@haw-kiel.de
stefan.hunziker@hslu.ch
https://www.haw-kiel.de/fileadmin/data/presse/studien/erm_report_2025.pdf
Prof. Dr. Ute Vanini lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Controlling an der HAW Kiel
Quelle: Matthias Pilch
Copyright: HAW Kiel
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch

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