Ein internationales Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) hat eine Methode entwickelt, die erklärt, warum Kreuzungen zwischen homozygoten Elternpflanzen - sogenannte Hybride - oft deutlich produktiver sind als ihre Eltern. Dieses als Heterosis bekannte Phänomen ist entscheidend für die Steigerung des Ertrags wichtiger Nutzpflanzen wie Weizen oder Mais. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Wenn zwei homozygote Pflanzenlinien mit unterschiedlichen Eigenschaften gekreuzt werden, sind die Nachkommen häufig robuster und produktiver als ihre Eltern. Dieses Phänomen wird als Heterosis bezeichnet. Es kann durch positive Varianten von Genen verursacht werden, die gegenüber negativen Varianten dominieren, oder durch komplexe Wechselwirkungen zwischen zahlreichen Genen, die miteinander „kommunizieren“ und einander beeinflussen.
Das Forschungsteam hat eine statistische Methode entwickelt, mit der diese Wechselwirkungen zwischen den Genen schneller und genauer analysiert werden können.
Anstatt Milliarden möglicher Genkombinationen einzeln zu testen, bewertet die neue Methode - hQTL-ODS (Heterotic Quantitative Trait Locus - One-Dimensional Scan) - den Beitrag jedes Gens anhand all seiner Wechselwirkungen. In einer großangelegten Studie mit mehr als 5.000 Weizenhybriden identifizierten die Forscher relevante Loci, die am stärksten zur Heterosis beitragen. Das Forschungsteam verwendete dabei verschiedene mathematische Techniken, um Daten aus dem gesamten Genom nutzen zu können.
Die Vorteile von hQTL-ODS liegen auf der Hand. „Mit herkömmlichen Methoden hätten wir Jahre gebraucht, um dieselbe Analyse durchzuführen“, erklärt Dr. Guoliang Li, Erstautor der Studie. „Mit unserem neuen Ansatz konnten wir die Auswertung jedoch in nur wenigen Tagen abschließen. Es ist, als würden wir das Genom plötzlich durch ein Teleskop statt durch eine Lupe betrachten.“
„Wir haben festgestellt, dass Heterosis durch Gene verursacht wird, die miteinander kommunizieren“, erklärt Guoliang Li. „Es ist wie in einem Orchester, in dem der Dirigent seine Musiker durch Kommunikation führt. Bei der Heterosis gibt es jedoch nicht nur einen Dirigenten, der für das Ergebnis verantwortlich ist.“ Die Forscher konnten zeigen, dass es letztlich viele Geninteraktionen sind, die die Heterosis bestimmen, und nicht die Wirkung einiger weniger, dominanter Gene.
Die Methode deckt bisher verborgene genetische Muster auf. „Wir haben auch schwache Signale erkannt, die zuvor übersehen wurden“, erklärt Guoliang Li. „Es ist, als würde man plötzlich das gesamte Netzwerk sehen, das die Pflanze unter der Oberfläche steuert.“ „Die Studie zeigt, wie wichtig die Entwicklung mathematischer/statistischer Werkzeuge für das Verständnis komplexer biologischer Mechanismen ist“, sagt Dr. Yong Jiang, Forscher in der Arbeitsgruppe „Quantitative Genetik“ und einer der Hauptautoren der Studie.
Das Modell bietet einen neuen Ansatz zur Entschlüsselung der genetischen Grundlagen der Heterosis und kann künftig auch für andere Pflanzen wie Mais oder Reis verwendet werden. Mithilfe von hQTL-ODS können Züchter bei der Entwicklung von neuen Pflanzensorten mit einer besonders starken Hybrideffekt unterstützt werden. Das kann Ertragssteigerungen ermöglichen und so einen Beitrag zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung in Zeiten einer wachsenden Weltbevölkerung und sich dynamisch verändernden Klima- und Wetterbedingungen leisten.
Prof. Dr. Jochen Reif
Tel.: +49 39482 5840
reif@ipk-gatersleben.de
Li et al. (2025): Powerful one-dimensional scan to detect heterotic quantitative trait loci. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-025-65563-9
Feldversuch mit Hybridweizen am IPK
Copyright: IPK Leibniz-Institut
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch

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