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10.12.2025 17:24

Dresdner PROTHOR-Studie liefert neue Erkenntnisse für mehr Patientensi­cherheit bei großen Lungenoperatio­nen

Konrad Kästner Pressestelle
Technische Universität Dresden

    Die Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden hat die weltweit größte Studie zur Patientensicherheit bei großen Lungenoperationen geleitet. Bislang war unklar, wie sich verschiedene Beatmungsstrategien während einer Operation im Bereich der Lunge auf das Risiko möglicher Komplikationen auswirken. Die PROTHOR-Studie gibt Ärztinnen und Ärzten nun Antworten zur Wahl des Beatmungskonzeptes während einer solchen Narkose. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im renommierten Fachjournal Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.

    Bei Operationen an der Lunge muss der Lungenflügel, der operiert wird, gezielt stillgelegt und der andere mechanisch beatmet werden. Dieser Vorgang wird als Ein-Lungen-Beatmung bezeichnet. Dies führt zu einer erhöhten mechanischen Belastung des beatmeten Lungenflügels und damit zu einem erhöhten Risiko für postoperative pulmonale Komplikationen wie Atemversagen und Lungenentzündungen. Welche Beatmungsstrategie das Auftreten dieser Komplikationen bei großen Lungenoperationen reduzieren kann, war bisher nicht geklärt.

    In der PROTHOR-Studie, maßgeblich initiiert und geleitet von der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie des UKD und der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, wurde nun untersucht, ob eine Beatmung mit einem höheren positiven endexspiratorischen Druck (PEEP) und Rekrutierungsmanövern das Risiko für Lungenkomplikationen im Vergleich zu einer Strategie mit niedrigerem PEEP ohne solche Manöver senken kann. Als PEEP wird der Druck bezeichnet, der am Ende der Ausatmung in der Lunge besteht. Rekrutierungsmanöver bewirken die Wiedereröffnung von verschlossenen Lungenbläschen. Gleichzeitig kann sich jedoch ein erhöhter PEEP und Rekrutierungsmanöver negativ auf den Blutdruck auswirken. Über acht Jahre hinweg wurden dazu 2.200 Patientinnen und Patienten an 74 Zentren in 28 Ländern untersucht.

    Im Ergebnis führte eine Beatmung mit erhöhtem PEEP und Rekrutierungsmanövern zu einem besseren Gasaustausch in der Lunge wohingegen ein niedrigerer PEEP mit stabileren Kreislaufverhältnissen während der Narkose verbunden war. Das Auftreten postoperativer Lungenkomplikationen unterschied sich nicht zwischen den Gruppen. Die Auswahl des jeweiligen Beatmungskonzeptes sollte daher individuell und unter sorgfältiger Abwägung der jeweiligen Patientenbedingungen während der Operation erfolgen.

    „Diese neuen Forschungsergebnisse ermöglichen eine Verbesserung der Beatmung während komplexer Lungeneingriffe und tragen zur Patientensicherheit bei. Die PROTHOR-Studie zeigt, welche Verantwortung wir in der Patientenversorgung übernehmen“, sagt Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum.

    „Die Hochschulmedizin Dresden steht für den engen Austausch zwischen Forschung und klinischer Versorgung. Die PROTHOR-Studie beweist dies eindrücklich und setzt Maßstäbe weit über Deutschland hinaus“, sagt Prof. Esther Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät an der TU Dresden.

    „Dieser Erfolg ist nur durch die enge, engagierte Zusammenarbeit von 248 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von vier Kontinenten möglich gewesen. Allen Beteiligten gilt unser großer Dank – ohne ihren Einsatz hätte diese Studie nicht realisiert werden können“, betont Dr. Jakob Wittenstein, internationaler Koordinator und Erstautor der Studie.

    „Unserer Klinik ist es ein besonderes Anliegen, Erkenntnisse aus der klinischen Forschung in die Regelversorgung zu überführen. Deshalb leiten und fördern wir große internationale Studien wie die PROTHOR-Studie“, sagt Klinikdirektorin Prof. Thea Koch.

    „Gerade bei solchen komplexen Eingriffen ist die Narkose und differenzierte Beatmung mitentscheidend für den Behandlungserfolg. Die PROTHOR-Studie zeigt auch uns Chirurgen: Es gilt individuell die optimale Beatmungsstrategie festzulegen, um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu erhöhen“, sagt Dr. Alexander Kern. Er ist seit Oktober als weiterer Experte in der Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Dresden tätig.

    Originalpublikation

    “Effects of intraoperative higher versus lower positive end-expiratory pressure during one-lung ventilation for thoracic surgery on postoperative pulmonary complications (PROTHOR): a multicentre, international, randomised, controlled, phase 3 trial”
    https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(25)00330-3/abstr...

    Studiendesign:

    In die internationale Phase-3-Studie (PROTHOR) wurden 2.200 erwachsene Patientinnen und Patienten mit geplanter Lungenoperation eingeschlossen, bei denen eine Ein-Lungen-Beatmung (>60 Minuten) vorgesehen war.

    Sie wurden zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt:

    - hoher PEEP (10 cm H₂O) mit regelmäßigen Rekrutierungsmanövern
    - niedriger PEEP (5 cm H₂O) ohne routinemäßige Rekrutierungsmanöver

    Der primäre Endpunkt war das Auftreten postoperativer Lungenkomplikationen innerhalb der ersten fünf Tage nach der Operation.

    Ergebnisse:

    Postoperative Lungenkomplikationen (PPCs):
    53,6 % in der hohen-PEEP-Gruppe vs. 56,4 % in der niedrigen-PEEP-Gruppe
    Kein statistisch signifikanter Unterschied (p = 0,155).

    Intraoperative Komplikationen:
    Deutlich häufiger bei hohem PEEP (49,8 %) als bei niedrigem (31,3 %).

    Besonders häufig waren:

    - Hypotonie (niedriger Blutdruck): 37 % vs. 14 %
    - Neue Herzrhythmusstörungen: 10 % vs. 4 %

    Umgekehrt traten in der Niedrig-PEEP-Gruppe häufiger Sauerstoffmangel-Episoden (Hypoxämien) auf, die eine Intervention erforderten (9 % vs. 3 %).

    - Andere postoperative Komplikationen außerhalb der Lunge waren in beiden Gruppen ähnlich häufig (etwa 10 %). Auch die Gesamtzahl schwerer Nebenwirkungen war gleich (209 vs. 204 Ereignisse)

    Kontakt:

    Anne-Stephanie Vetter
    Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus
    der Technischen Universität Dresden
    Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT/UCC) Dresden
    +49 (0) 351 458 17903
    anne-stephanie.vetter@tu-dresden.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Univ.-Prof. Thea Koch
    Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie
    Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden
    +49 (0) 351 458 4110
    thea.koch@ukdd.de


    Originalpublikation:

    https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(25)00330-3/abstr...


    Bilder

    Dr. Jakob Wittenstein, internationaler Koordinator und Erstautor der PROTHOR-Studie.
    Dr. Jakob Wittenstein, internationaler Koordinator und Erstautor der PROTHOR-Studie.

    Copyright: UKD / Kirsten Lassig


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Dr. Jakob Wittenstein, internationaler Koordinator und Erstautor der PROTHOR-Studie.


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