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11.12.2025 10:24

Konflikte um den Wald der Zukunft: Wie konstruktive Lösungen gelingen

Dr. Nicola Schuldt-Baumgart Wissenskommunikation und Wissenstransfer
Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE)

    Wälder müssen fit für den Klimawandel werden – doch Konflikte zwischen verschiedenen Interessengruppen erschweren diese Entwicklung vielerorts. Das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) hat in einem Forschungsprojekt gezeigt, wie Dialog und Mediation bei der Konfliktlösung helfen können. Die Ergebnisse haben die Forschenden nun in einem Leitfaden für Kommunen zusammengefasst und für eine KI-gestützte Dialoganwendung aufbereitet. Diese orientiert sich an den Wissensbedarfen der unterschiedlichen Interessengruppen, wie Kommunalverantwortliche, Förster*innen oder Naturschützer*innen.

    Können Methoden aus dem Bereich der Mediation dabei helfen, festgefahrene Konflikte um die Nutzung von Wäldern in Deutschland zu lösen? Ja, hat das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main herausgefunden. Das Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft“ hat gezeigt: Lösungen, die aus partizipativen Verfahren hervorgehen und von Mediation begleitet werden, erweisen sich sogar als besonders tragfähig.

    „Der Schlüssel für die Konfliktlösung liegt in Dialogprozessen, in denen konstruktive, ergebnisoffene Gespräche gewährleistet sind“, fasst Projektleiterin Deike Lüdtke die Forschungsergebnisse zusammen. „Eine besondere Rolle kommt dabei der Person zu, die die Mediation moderiert. Sie sollte den reichen Methodenschatz der Mediation beherrschen und Erfahrung in der Moderation von Gruppen haben.“

    Konflikte um die Waldnutzung gewinnen an Brisanz – Fronten verhärten sich

    „In vielen Gemeinden gibt es Konflikte um die Nutzung des Waldes“, sagt Projektleiter Michael Kreß-Ludwig. „Werden diese Konflikte nicht konstruktiv bearbeitet, hat das eine Reihe negativer Folgen. So werden wichtige Entscheidungen teilweise verzögert oder es werden bei den Entscheidungen nicht alle verfügbaren Informationen und Wissensbestände berücksichtigt.“ Im Forschungsprojekt wurde unter anderem im Zuge von Dialogprozessen an Runden Tischen untersucht, ob sich Methoden aus der transdisziplinären Forschung und Mediation so kombinieren und anpassen lassen, dass sie bei der Bearbeitung von Waldkonflikten helfen.

    Besonders durch den Klimawandel haben Konflikte um die Waldnutzung zuletzt an Brisanz gewonnen und lokal wie regional viel Aufmerksamkeit erfahren – etwa, weil durch die Trockenheit der vergangenen Jahre vielerorts große Kahlflächen entstanden sind. Doch die verschiedenen kommunalen Interessengruppen wie Forstbetriebe, Tourismusämter, Umweltschutzverbände sowie Jagdgenossenschaften haben jeweils unterschiedliche Vorstellungen, wie in dieser Situation vorgegangen werden sollte. Dabei können sich die Fronten so verhärten, dass ein konstruktiver Dialog nicht mehr möglich ist.

    Leitfaden aus dem Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft“

    In qualitativ angelegten Fallstudien hat das Projektteam mehrere Gemeinden intensiv begleitet, die ihre Waldnutzungskonflikte mit speziell angepassten Methoden aus dem Bereich der Mediation bearbeitet haben. So konnte das Projektteam wichtige Erkenntnisse gewinnen, von denen auch andere Gemeinden profitieren können. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden nun in einem Leitfaden zusammengefasst.

    Der Leitfaden richtet sich sowohl an Gemeinden als auch an private Waldbesitzende, Umweltverbände und andere an der Gestaltung des Waldes beteiligte Akteure. Wichtige Impulse für die erfolgreiche Lösung von Konflikten liefert die Publikation insbesondere für die Verantwortlichen in Kommunen. Der Leitfaden kann sie dabei unterstützen, Konflikte um die Waldnutzung möglichst frühzeitig zu erkennen und konstruktiv zu bearbeiten.

    Festgefahrene Konflikte: Neue Dynamik durch Mediation

    „Auf Waldkonflikte angepasste Mediations- und Partizipationsverfahren unterstützen und entlasten insbesondere Führungskräfte in den Kommunen“, berichtet Michael Kreß-Ludwig. Sie befänden sich oft „zwischen allen Stühlen“, beschrieb ein an der Mediation teilnehmender Bürgermeister seine Situation. „Bei festgefahrenen Konflikten hat erst die Mediation die Teilnehmenden in die Lage versetzt, vorgefasste Annahmen über andere Akteursgruppen zu hinterfragen“, sagt Kreß-Ludwig. Die Mediation habe eine neue Dynamik in Gang gebracht und konstruktive Gespräche wieder möglich gemacht.

    „Oft haben die Teilnehmenden im Laufe des moderierten Dialogprozesses erkannt, dass ihre Positionen weit weniger auseinanderlagen als ursprünglich gedacht,“ ergänzt Deike Lüdtke. Für konkrete Konflikte in den betroffenen Wäldern ließen sich anschließend meist für alle Beteiligten annehmbare Lösungen finden. „In mehreren Kommunen haben sich die Teilnehmenden dazu verabredet, auch nach dem Ende der Mediation im regelmäßigen Austausch zu bleiben“, berichtet Deike Lüdtke. „Die Runden Tische mit Mediation erweisen sich auch nach Projektende noch als tragfähig, wenn die ehemaligen Konfliktparteien die kritischen Fragen um den Wald der Zukunft von nun an frühzeitig erkennen und gemeinsam lösen wollen.“

    KI-gestützte Anwendung: Online-Chat für den Wissenstransfer

    Um den Transfer von Wissen zwischen Wissenschaft und Praxis zu den Konfliktthemen wie Biodiversität, Klimaschutz, Waldbewirtschaftung oder Waldgesundheit zu unterstützen, wurde im Projekt neben dem Leitfaden eine KI-gestützte Chat-Anwendung entwickelt. Sie soll Kommunen und weiteren Interessierten den Zugang zu den Projektergebnissen erleichtern. Über eine konversationsbasierte Schnittstelle können Förster*innen, Waldbesitzer*innen, Kommunalverantwortliche, Umweltverbände oder Bürger*innen künftig direkt Fragen zur Bearbeitung von Waldkonflikten stellen.

    Im Online-Chat „WaldDialog“ erhalten die Anwender*innen passgenaue Antworten – ohne selbst lange in Dokumenten oder auf Webseiten suchen zu müssen. Die Anwendung nutzt Technologien der generativen Künstlichen Intelligenz, um Inhalte personalisiert und barrierearm bereitzustellen. So wird der Wissenstransfer zu Konflikten um den Wald der Zukunft noch wirksamer und praxisnäher gestaltet.

    Zum Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft“

    Der Leitfaden sowie weitere Informationen zum Forschungsprojekt „Konflikte um den Wald der Zukunft – Analyse und kooperative Bearbeitung von waldbezogenen Aushandlungsprozessen im Kontext des Klimawandels“ sind unter www.waldkonflikte.de zu finden. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) im Rahmen des Förderprogramms „Nachwachsende Rohstoffe“ aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert. Die Mediation im Forschungsprojekt wurde professionell von Gisela Wachinger (pro re) begleitet. Den Online-Chat „Wald-Dialog“ hat Florian Keil (keep_it_balanced/ai4ki) entwickelt.


    Leitfaden als PDF-Download
    Kreß-Ludwig, Michael, Anna S. Brietzke, Gisela Wachinger, Deike U. Lüdtke (2025): Konflikte um den Wald der Zukunft – gemeinsam tragfähige Lösungen finden. Leitfaden. Frankfurt am Main: Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). DOI: 10.5281/zenodo.17750866
    https://www.isoe.de/uploads/downloads/Projekte/Waldkonflikte/ISOE_Leitfaden_Wald...


    Link zum Online-Chat „Wald-Dialog“
    https://walddialog.isoe.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE)
    Hamburger Allee 45
    60486 Frankfurt am Main

    Dr. Michael Kreß-Ludwig
    Projektleiter "Konflikte um den Wald der Zukunft"
    Leiter des Forschungsfelds Transdisziplinarität
    michael.kress-ludwig@isoe.de

    Dr. Deike U. Lüdtke
    Projektleiterin "Konflikte um den Wald der Zukunft"
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin
    deike.luedtke@isoe.de


    Originalpublikation:

    Kreß-Ludwig, Michael, Anna S. Brietzke, Gisela Wachinger, Deike U. Lüdtke (2025): Konflikte um den Wald der Zukunft – gemeinsam tragfähige Lösungen finden. Leitfaden. Frankfurt am Main: Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). DOI: 10.5281/zenodo.17750866


    Weitere Informationen:

    https://www.isoe.de/aktuelles/konflikte-um-den-wald-der-zukunft-wie-konstruktive...
    https://www.waldkonflikte.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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