Das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung senkt erneut seine Wachstumsprognose für Deutschland. Für 2025 erwartet das Institut nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent, für 2026 prognostiziert es 1,0 Prozent und für 2027 unverändert 1,4 Prozent. Damit korrigiert das RWI seine Sommerprognose für die Jahre 2025 und 2026 jeweils um 0,1 Prozentpunkte nach unten. Die erhofften Impulse aus dem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität lassen weiter auf sich warten. Bereits im dritten Quartal stagnierte die deutsche Wirtschaft und auch für das Jahresende zeichnet sich keine spürbare Wende ab.
Der deutschen Volkswirtschaft fehlt weiterhin die Dynamik. So wächst das BIP im Jahr 2025 lediglich um 0,1 Prozent, im Jahr 2026 um 1,0 Prozent und im Jahr 2027 um 1,4 Prozent. Bereits im dritten Quartal stagnierte die Wirtschaftsleistung und auch das Schlussquartal bringt keine Wende. Bisher ist auch nicht zu erkennen, dass staatliche Impulse private Aktivitäten anreizen.
Entgegen den anfänglichen Erwartungen werden die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität erst im Verlauf des kommenden Jahres nachfragewirksam. Die Effekte fallen zudem weniger kräftig aus – auch weil Bürokratie, politische Abstimmungen und hohe Abgabenlasten bremsen.
Die Exporte – einst das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft – werden zum Problem. Die Ausfuhren sind im dritten Quartal zurückgegangen, insbesondere die in die USA. Grund dafür ist die weiter sinkende Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft. Zusätzlich belasten US-Zölle in Höhe von 15 Prozent auf EU-Importe.
Zugleich halten sich Unternehmen mit privaten Investitionen zurück. Die Ausrüstungsinvestitionen sind im dritten Quartal kaum gestiegen. Grund dafür ist einerseits die schwache Auslandsnachfrage. Andererseits bleiben wirtschaftspolitische Impulse für mehr Standortattraktivität im Inland aus, sodass richtungsweisende Investitionsentscheidungen von Unternehmen immer wieder aufgeschoben werden. Lediglich die öffentlichen Investitionen wurden deutlich ausgeweitet.
Dennoch stabilisiert sich der Arbeitsmarkt langsam. Die Arbeitslosenquote erreicht dieses Jahr 6,3 Prozent, sinkt dann auf 6,2 Prozent (2026) und 5,8 Prozent (2027). Zum Jahresende wird der Wendepunkt hin zu Beschäftigungsaufbau erwartet. Die Zahl der Erwerbstätigen sinkt im Jahr 2025 leicht, steigt dann jedoch um 48.000 Personen im Jahr 2026 und um 160.000 Personen im Jahr 2027.
Das Staatsdefizit nimmt in den nächsten Jahren erheblich zu. Zwar fällt es im Jahr 2025 mit 102 Milliarden Euro geringer aus als im Vorjahr, im Jahr 2026 steigt es jedoch auf 153 Milliarden Euro und im Jahr 2027 auf 179 Milliarden Euro an. Dabei dürften die Staatsausgaben weiter stark steigen, unter anderem wegen zunehmender öffentlicher Investitionstätigkeit. Allerdings zeichnet sich ab, dass ein beachtlicher Teil des Sondervermögens nicht für Investitionen verwendet wird.
Die Preise steigen nur moderat und bewegen sich im Zielkorridor der EZB. Für das Jahr 2025 beträgt die Inflationsrate 2,2 Prozent. In den Folgejahren 2026 und 2027 stabilisiert sie sich bei jeweils 2,0 Prozent. Dienstleistungen bleiben der zentrale Preistreiber mit 3,5 Prozent Inflation, sinkende Energiepreise dämpfen die Gesamtteuerung.
Die schwache Konjunktur spiegelt sich in gedämpften Stimmungsindikatoren wider. Statt auf grundlegende Verbesserungen der Standortbedingungen zu hoffen, gehen Unternehmen von moderaten Impulsen durch staatliche Ausgabenprogramme aus – mit überschaubarer Wirkung. Ein wichtiger neuer Befund zeigt zudem: Die politische Fragmentierung – also schwindende stabile Regierungsmehrheiten – schwächt die Wirkung staatlicher Impulse erheblich. Bei hoher Fragmentierung, wie sie Deutschland derzeit aufweist, erzeugt ein staatlicher Euro deutlich weniger als einen Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung. Der Grund ist offensichtlich. Das Vertrauen in Regierungen mit knappen Mehrheiten in Form von Zweckbündnissen ist geringer, wodurch Zuversicht und Planbarkeit von langfristigen Entscheidungen abnehmen.
Das größte ökonomische Risiko liegt in der Abhängigkeit von staatlichen Impulsen. Verzögern sich die Mittelabflüsse aus Sondervermögen weiter oder bleiben die Multiplikatoreffekte schwach, droht ein noch geringeres Wachstum. Je länger die strukturellen Wettbewerbsprobleme unbearbeitet bleiben, desto stärker verschärfen sie sich.
Parallel dazu bleibt die US-Handelspolitik weiterhin schwer kalkulierbar. Sollte es aufgrund dessen zu neuen Handelsbarrieren kommen, wäre die Exportwirtschaft noch stärker belastet.
„Die staatlichen Ausgabenprogramme lassen auf sich warten. Je später sie kommen und je mehr grundlegende Reformen ausbleiben, desto größer ist der Schaden für die deutsche Wirtschaft“, warnt RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt. „Regierungen mit knappen Mehrheiten oder Zweckbündnisse, wie aktuell in Deutschland, schwächen zusätzlich die Wirkung staatlicher Impulse. Deutschland braucht dringend umfassende Strukturreformen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Staatliche Investitionen können private Aktivitäten auf Dauer nicht ersetzen.“
Prof. Dr. Torsten Schmidt, torsten.schmidt@rwi-essen.de, Tel.: (0201) 8149-287
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