Mit dem Arbeitskreis Blockchain an der Hochschule Bielefeld hat Prof. Dr. Rainer Lenz ein besonderes Lern- und Lehrformat etabliert: Die Studierenden erarbeiten sich gemeinsam mit dem Professor selbstgewählte Themen zur Finanzwelt und vermitteln sie ihren Mitstudierenden in selbstorganisierten Veranstaltungen weiter. Das Peer-to-Peer-Konzept kommt an: Die Veranstaltungen sind immer gefragter und die Studierenden hochmotiviert – obwohl der Arbeitskreis eine rein freiwillige Leistung ist.
Bielefeld (hsbi) Lernen auf Augenhöhe statt Frontalvortrag: Im „Arbeitskreis Blockchain“ an der Hochschule Bielefeld steht Peer-to-Peer-Lernen im Mittelpunkt. Studierende und Lehrende eignen sich gemeinsam neues Wissen an und geben es unmittelbar an andere Studierende weiter. Initiiert wurde das offene Lern- und Lehrformat von Prof. Dr. Rainer Lenz, Professor für Internationale Finanzierung an der HSBI.
Ausgangspunkt war ein EU-Projekt, in dem es um Kryptowährungen und die zugrundeliegende Blockchain-Technologie ging. „Damals ein neues und bis heute komplexes Thema, das wir uns erst einmal erarbeiten mussten“, erinnert sich Rainer Lenz. Statt das Wissen klassisch aufzubereiten und dann zu vermitteln, holte er seine Studierenden direkt mit ins Boot: in Arbeitsgruppen, Diskussionen und Experimente zu der neuen Technologie. „Vor allem haben wir erkannt, dass die Blockchain-Technologie weit über ihre ursprüngliche Anwendung hinausreicht und in einer Vielzahl weiterer Bereiche relevant sein kann.“, sagt Lenz. Er wollte mehr darüber wissen, seine Studierenden wollten mehr darüber wissen, und so gründeten sie vor fünf Jahren den „Arbeitskreis Blockchain“: „Um gemeinsam zu lernen“, so Lenz.
Die Rolle des Professors ist eher die eines Coachs
Rainer Lenz scherzt ungezwungen mit den Studierenden, das „Du“ ist selbstverständlich. „Die Rolle des Professors hat sich verändert“, sagt Lenz, und es klingt, als ob er das nicht nur im Arbeitskreis für wünschenswert hielte. „Ich verstehe mich eher als eine Art Coach, der die Studierenden motiviert, Ideen sät und sie anregt, selbst aktiv zu werden. Die klassische Top-down-Situation ist schwierig, wenn es darum geht, Interesse zu wecken – mit intrinsisch motivierten Studierenden ist das einfacher.“ Spricht’s und überlässt den Studierenden das Wort. Joris Strakeljahn knüpft gleich an die intrinsische Motivation an, als er ein Prinzip des Arbeitskreises vorstellt: „Wir bestimmen die Inhalte selbst. Jedes Mitglied kann Themen vorschlagen, die diskutiert oder vertieft werden sollen.“ Ein Unterschied zur klassischen Projektarbeit, die in vielen Studiengängen ebenfalls als Teamarbeit durchgeführt wird. Und während die Projektarbeit zeitlich klar begrenzt ist, entscheiden im Arbeitskreis die Studierenden, wie lange sie in die Materie einsteigen wollen. Und wie tief. „Wir wählen auch die Quellen und Literatur aus. Für einen kritischen Impuls kann das auch schon mal ein Social Media Beitrag sein“, sagt Ruben Vollmert und ergänzt: „Hier ist nicht so wichtig, was man studiert oder schon weiß. Im Fokus steht vielmehr, wie man sich neue Dinge und Wissen erschließen kann.“
Arbeitskreis steht Studierenden aller Fachbereiche offen
Eine wichtige Rolle spielen dabei die Expert:innen, die regelmäßig für Impulsreferate eingeladen werden: Alumni, Praktiker:innen und immer wieder auch Studierende – aus allen Fachbereichen der HSBI. „Hochschulen sollten Orte der Interaktion sein, denn durch Interaktion wird der Bildungsprozess getriggert“, ist Rainer Lenz überzeugt. Erst recht, wenn die Interaktion interdisziplinär ist, zwischen verschiedenen Disziplinen und Fachbereichen stattfindet: „Je unterschiedlicher die Sichtweisen sind, mit denen man sich auseinandersetzt, um so reflektierter wird man.“ Julius Ester stimmt zu: „Es ist ein echter Gewinn, sich mit Studierenden aus anderen Fachbereichen auszutauschen. Man lernt ganz andere Facetten eines Themas kennen.“ Deswegen ist der Arbeitskreis Blockchain auch ausdrücklich für alle Fachbereiche geöffnet. Mehr noch: „Theoretisch können alle mitmachen, die Interesse mitbringen, ob Hochschulangehörige oder nicht“, sagt Lenz.
Praktisch sind es die Studierenden, die sich besonders reinhängen und das neu erschlossene Wissen anwenden. „In welcher Form das geschieht oder ob überhaupt, entscheiden sie selbst“, erklärt Rainer Lenz. „Es gibt keine Zielvorgaben.“ Braucht es auch nicht, die Studierenden machen auch so etwas daraus. Joris Strakeljahn hat zum Beispiel mit Kommiliton:innen für den Bachelorstudiengang Wirtschaftspsychologie eine Anwendung zur Verwaltung von Versuchspersonenpunkten programmiert, die auf der Blockchain-Technologie basiert. „Eine selbstentwickelte Lösung von Studierenden für Studierende, mit der sie als Versuchspersonen in psychologischen Tests oder Umfragen Punkte sammeln können“, erläutert Joris Strakeljahn. Vor allem aber wollten die Studierenden ihr Wissen an andere Studierende weitergeben.
Vor drei Jahren hat der Arbeitskreis deshalb begonnen, Veranstaltungen zu aktuellen Themen aus der Finanzwelt zu organisieren, in denen die Studierenden ihren Kommiliton:innen Input beispielsweise zur Funktionsweise der Blockchain geben. „Lehre und Lernen geschieht auf einer Ebene, von Studierenden zu Studierenden, Peer-to-Peer“, beschreibt Rainer Lenz das Prinzip. Für die Lernenden ein niedrigschwelliger Einstieg in neue oder komplexe Themen. „Die Vermittlung von Inhalten durch andere Studierende, die meist etwa gleichaltrig sind, motiviert noch einmal anders, als wenn ich das übernehme. Und auch die Bereitschaft zu fragen und zu diskutieren steigt“, sagt Lenz. Der Erfolg spricht für das Format. Waren zur ersten Veranstaltung knapp dreißig Interessierte gekommen, konnten die Studierenden zum jüngsten Event, einer Kooperation mit der Bundesbank, rund hundert Gäste begrüßen.
Übungsgelände für Soft Skills – ohne Profilierungsgehabe
Dabei ist der Arbeitskreis Blockchain auch eine Art Übungsgelände, auf dem die Studierenden zugleich ihre Soft Skills trainieren, erzählt Julius Ester: „Wir können trainieren, wie man am besten präsentiert und moderiert, auch vor Publikum, aber ganz ohne Druck und Konsequenzen.“ Schließlich sind alle freiwillig dabei, es gibt keine Credit Points oder gar Noten. Stattdessen gibt es unmittelbares Feedback aus der eigenen Peergroup, ohne Profilierungsgehabe und in wertschätzender Atmosphäre. Julius Ester: „Man ist unglaublich motiviert und fühlt sich auch inspiriert, wenn man die unterschiedlichen Stärken der Leute zusammenbringt. Die einen sind fachlich top, andere können erstklassig moderieren und jeder in der Gruppe profitiert und lernt voneinander.“ Das bedeutet jedoch keineswegs, dass im Arbeitskreis auf eine kritische Auseinandersetzung verzichtet wird. Kritik ist erlaubt, sogar erwünscht. Ruben Vollmert schaut mit einem Grinsen zu Rainer Lenz und sagt: „Auch Kritik am Professor ist völlig ok.“ Alle lachen und Lenz gibt unumwunden zu: „Von manchen Dingen haben die Studis einfach mehr Ahnung als ich und ich lerne dazu. Super!“
Für Lenz könnte die gesamte Hochschule ein solches Übungsgelände sein, „auf dem die Studierenden sich ausprobieren und eigene Ideen umsetzen können, auf dem sie ihre Fähigkeiten trainieren, ohne Druck, mit Feedback von Studierenden.“ Nächstes Sommersemester macht Rainer Lenz ein Sabbatical, direkt im Anschluss geht es in den Ruhestand. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn der Arbeitskreis weiterbesteht und vielleicht sogar exemplarisch zeigt, wie Hochschulbildung im Zeitalter der KI gestaltet werden kann“, so der Professor. An den Studierenden sollte es nicht scheitern.
https://www.hsbi.de/presse/pressemitteilungen/peer-to-peer-eine-neue-art-des-leh... Pressemitteilung auf www.hsbi.de
Lehre und Lernen geschieht auf einer Ebene, von Studierenden zu Studierenden, Peer-to-Peer. Für die ...
Copyright: P. Pollmeier/HSBI
Der „Arbeitskreis Blockchain“ ist ein von Prof. Dr. Rainer Lenz initiiertes offenes Lern- und Lehrfo ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Pädagogik / Bildung, Wirtschaft
überregional
Studium und Lehre
Deutsch

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