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15.12.2025 13:04

Sauerstoffmangel während der Geburt: Von schädlichen zu heilenden Immunzellen

Dr. Milena Hänisch Referat für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Essen

    Neutrophile Granulozyten, die am häufigsten vorkommenden weißen Blutzellen, richten nach einem Sauerstoffmangel im Gehirn von Neugeborenen nicht nur Schaden an, sondern tragen zu einem späteren Zeitpunkt auch zur Heilung bei. Das zeigt eine kürzlich von Forschenden der Universitätsmedizin Essen, der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und der Universität Münster in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie. Ihre grundlagenwissenschaftlichen Arbeiten könnten neue Perspektiven für die Behandlung eröffnen.

    Kommt es um den Zeitpunkt der Geburt zu einem Sauerstoffmangel, kann das Gehirn eines Neugeborenen schweren Schaden nehmen. Etwa 6 bis 9 von 1.000 Babys sind betroffen. Die Folge kann eine hypoxisch-ischämische Enzephalopathie (HIE) sein, eine Erkrankung, die lebenslange neurologische Beeinträchtigungen verursachen oder sogar zum Tod führen kann. Bisher gibt es nur eine einzige Behandlungsmöglichkeit: die sogenannte Kühlungstherapie , bei der das Kind für 72 Stunden leicht heruntergekühlt wird. Sie muss jedoch innerhalb der ersten sechs Lebensstunden begonnen werden und hilft nicht allen Kindern. Die Entwicklung zusätzlicher Therapieansätze benötigt ein besseres Verständnis des Krankheitsverlaufs.

    Bereits bekannt ist, dass direkt nach der Schädigung des Gehirns neutrophile Granulozyten in das betroffene Gebiet einwandern und dort z.B. durch aggressive Sauerstoffradikale weiteres Hirngewebe schädigen. Das entspricht ihrer bekannten Rolle als „entzündliche“ Zellen. Doch in der nun veröffentlichten Studie zeigte sich ein überraschender Effekt: „Unsere Ergebnisse belegen, dass Neutrophile zu einem späteren Zeitpunkt erneut einwandern und dann helfen, die unterbrochenen Entwicklungsprozesse wiederherzustellen. Somit eröffnen sich neue Perspektiven für therapeutische Ansätze, zusätzlich zur Kühlung der Kinder“, sagt PD Dr. Josephine Herz, Letztautorin der Studie und stellvertretende Leiterin der AG Experimentelle perinatale Neurowissenschaften an der Kinderklinik I des Uniklinikums Essen.

    Rollenwechsel im Krankheitsverlauf

    Die Forschenden haben im Mausmodell sowohl die frühe als auch die späte Krankheitsphase eingehend untersucht. Wurden Neutrophile in der akuten Phase entfernt, starben weniger Nervenzellen ab und die Tiere zeigten weniger neurologische Auffälligkeiten. Wurden die Neutrophilen im späteren Krankheitsverlauf entfernt, heilte das Gehirn deutlich schlechter. Es entstanden weniger neue Blutgefäße und die Entwicklung der schützenden Markscheiden der Nervenzellen war gestört. Die betroffenen Tiere zeigten außerdem langfristig schlechtere neurologische Fähigkeiten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    PD Dr. Josephine Herz


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41467-025-65517-1 Hypoxic-ischemic brain injury in neonatal mice sequentially recruits neutrophils with dichotomous phenotype and function


    Weitere Informationen:

    https://www.uni-due.de/med/meldung.php?id=1863


    Bilder

    Dreidimensionale Aufnahme eines Mausgehirns mittels Lichtblattmikroskopie. Dargestellt sind neutrophile Granulozyten (magenta), die aus den Blutgefäßen (cyan) in das hypoxisch-ischämische Gewebe (rechts) eingewandert sind.
    Dreidimensionale Aufnahme eines Mausgehirns mittels Lichtblattmikroskopie. Dargestellt sind neutroph ...
    Quelle: Mathis Richter/Eva Diesterbeck
    Copyright: Mathis Richter/Eva Diesterbeck


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Dreidimensionale Aufnahme eines Mausgehirns mittels Lichtblattmikroskopie. Dargestellt sind neutrophile Granulozyten (magenta), die aus den Blutgefäßen (cyan) in das hypoxisch-ischämische Gewebe (rechts) eingewandert sind.


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